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80 So giebts so viele Mängel und Gebrechen, die uns im Leben un- muthig machen — doch glücklich alle, die einen Schutzort fanden, zu dem sie im Unmuth und Drange des Lebens flüchten können und von wo sie jedesmal gestärkt, mit neuer Araft, neuer Heiterkeit und Frohsinn ins Leben zurückkehren, glücklich Alle — die Gott und die Liebe fanden. . . . Samstags, den H7' Oktober. Heute morgen ging ich mit der 3. und 4. Alaße und H. Ramsauer und Lgger nach Hvonand; wir gaben dem kleinen Häfeli das Geleit, der unser Institut verläßt; es ist ein guter Junge, von Lehrern und Mit schülern geliebt, und wir verlieren ihn ungern. . . . Ich schrieb heute auch an die liebe Aast Hofer einen recht langen Brief — sie nimmt ja so herzlichen Antheil an unsrer Liebe. Freund Burkhard macht morgen eine kleine Reise von einigen Tagen an den Genfersee und wird ihn mitnehmen. Nach dem Nachtessen war ich noch über eine Stunde sehr vergnügt bei meinem Schacht. Lr ist jetzt ins Schloß gezogen und bewohnt die neuangebaute Thurmstube über der ehemals Aawerauischen, die Du kennst. Da werde ich diesen Winter in den Abendstunden gewöhnlich arbeiten, La ich mich vorzüglich auch viel mit Geschichte beschäftigen will. Der liebe Schacht, der Dich herzlich grüßt, las mir heute gar herrliche Briefe von Freunden und Freundinnen vor. Wir leben in einem vollkommenen Seelentausch. . . . Sontags den H8. Oktbr. Am Morgen um fO Uhr. Ls ist heute kein Schloßgottesdienst — die Ainder gehen in die Stadt kirche und ich — gehe zu meiner Renate und halte meine Andacht in der Liebe. — Draußen stürmt es gar fürchterlich — Burkhard kann nicht ab reisen und leider ist uns unsre Rebenparthie verdorben. Das thut mir der lieben Töchter wegen gar leid, denen ich so gern einen recht frohen heiteren Herbstsontag gewünscht hätte. Doch — was nicht zu ändern ist, ist zu ertragen! . . . Sontag Abends um 7 Uhr. So eben bin ich von den l. Töchtern fortgegangen, wo wir bis jetzt gespielt und getanzt haben. Auch im Schlosse tanzen die Anaben und ein Theil treibt seltsame Belustigungen durch Verkleidungen. So stellte z. B. Senn die tswius sauvuKo 8ara Risk)? vor und f)ankungs ihren Führer — beide machten es aufs täuschendste nach, so daß ich auch die Töchter herüber holte, wo alle sich fast halbtodt lachten. — Jetzt sind sie wieder zum Tanze zurückgekehrt. . . . Iferten, Oktober. Der General Iullien, der gestern hier angekommen, giebt uns Liese Woche viel zu thun und setzt uns in Allarm. Ich mußte heut den Menschen, der ihm an die Hand gehe. So im Oekonomischen. Instinktmäßig getrieben, thut man hier, was wohl schön ist, aber was man im Grunde gar nicht thun könnte, wenn mau überlegen wollte. Hier verspricht man aus gutem Herzen, was man nicht halten kann, da giebt man ohne Ueberlegung, wo man nicht geben sollte, und dann entzieht man, freilich aus Noth, aber mit ganzem Unrecht, was man nicht entziehen sollte. In dieser Verwirrung, wo Niemand rechnen kann, reichen keine Summen hin, alles wird und muß schlecht verwaltet werden." Mors lV, S. 414 ff.