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78 schreibe, Du Engel, und mit den Gedanken an Dich und unfern l. himm lischen Vater, in dessen vaterarmen wir ruhn, den Tag beschließe. . . . Soeben komme ich aus der Singstunde von den Töchtern. Burk hard giebt sich Mühe, aber so gut macht ers nicht wie Dreist; es fehlt ihm das Talent zu dirigiren, was Dreist besaß. Seine Schwester gefällt mir eben nicht sehr, sie mag ein recht gutes, braves Mädchen sein, hat aber durchaus nichts Anziehendes, macht über alles so leicht und so viel Morte, was ich an einem Mädchen nicht leiden mag — dann erscheint sie auch so klug und fein. Soeben liegt eine schöne Stelle aus Pesta lozzis Lenzburger Rede über das religiöse Verhältnis der Mutter zum Rinde vor mir — das ich Dir, da mir so noch Raum übrig bleibt, hier abschreiben will, i) . . . So viel nun, meine Theure, von dem lieben Vater Pestalozzi über Eure Würde und die Größe Eurer Bestimmung, ihr Rronen der Mensch heit, ihr Frauen. Oft denk' ich, — in welcher Seligkeit muß doch das Herz einer Mutter schlagen, die die Höhe und Würde ihrer Bestimmung fühlt und ihr nachlebt, und wie schmerzlich bedaure ich jedes Mädchen, welches das Geschick entweder keine Mutter werden läßt, oder die als Mutter nie in ihrer Größe und Beseligung sich fühlen lernte. — Dich aber, Du Herrliche, Du Edle, preise ich glücklich, jetzt und in Zukunft! — Und so geht denn nun zu ihr, meine lieben Blättchen, erzählt meiner Renate, was ich denke und fühle; bringt der theuren Seele, wenn ihrs vermögt, Rraft und Stärkung in ihr duldendes Herz. Gebt ihr Runde von meiner unaussprechlichen Liebe, von meiner ewigen Treue und von meinem unbesiegbaren Glauben an Sie! Bewirkt, ihr l. Blättchen, daß auch ich mich recht bald wieder der Zhrigen — euch beantwortend — freue; o ihr seid nichts gegen die ihrigen — so herzig, so wonnig, kann der nicht schreiben, der euch sendet — als Sie, die Reinheit, Liebe und Unschuld selbst, die euch lesen wird. Möchtet ihr, meine scheidenden Blätter, gesund und heiter, gestärkt und freudig meinen Engel finden; möchte jedes eurer Worte ihr zurufen: uns hat ein liebreiches, ein liebe seliges Herz geschrieben — das unendlich mehr noch fühlt, als es schreiben konnte. — So laß diese Blättchen zu Dir reden, mein Engel, und gieb ihnen ein freundliches Gehör. Erfreue mich recht bald wieder durch einen Brief. Gott sei ferner mit uns und unserem Bunde. Mit ewiger Liebe Dein Rarl Blochmann. Mittwochs den sH"" Gktbr. Gestern Abend, meine theure Renate, verlebte ich einen sehr ver gnügten, lustigen Abend. Der H. Negierungsrat Graff hatte den Vater, H. Niederer, Rrüsi, Schacht und mehrere noch zu einem Punsch zu sich geladen. Wir waren alle außerordentlich vergnügt und leerten unter vielfachen Scherzen die rauchenden Punschgläser. Ze seltner so eine Punsch freude jetzt ist — desto froher und lustiger gehts dabei her. Ich habe lange nicht den Vater so viel scherzen und spaßen sehen; er blieb bis gegen j2 Uhr des Nachts unter uns, wir aber gingen erst nach s Uhr >) Folgt die schöne Stelle aus der Wochenschrift IV, S. 191.