68 auch von seiner Julie. Er wird wahrscheinlich mit ihr in 8 Tagen ab reisen. ... Samstags den (2'°" Lptbr. . . . Morgen wird uns auch Ls. Hientsch verlassen. Denk Dir einmal, welch sonderbares Lreigniß diesem begegnet. Er reiste vor einigen Wochen zur großen Musikgesellschaft nach Zürich; auf seinem Rückwege hört er in Bern, daß ein Examen gehalten werde, dem jeder beitreten könne, um die erledigte Rector-Stelle in Terlier (Erlach am Bieler See, wo Du auch durchgefahren) wieder zu besetzen. Er meldet sich zum Examen, wird gut befunden und erhält in der That diese Stelle und geht nun morgen als Rector der dasigen Stadtschule dahin ab. So bleibt er denn in unsrer Nähe, und wir werden den lieben Landsmann gar manchmal besuchen. — Hast Du denn etwa den Herrn Alphonse in Lindau gesehen? Er hat sich einige Tage dort aufgehalten und von da an Lj. Schacht ge schrieben. Den 28'°" oder 2Z'°" werden Dich Dreist und Rawerau besuchen. In Bregenz wollen sie einen Tag bei H. Schmidt bleiben. Hast Du denn Schmidt gesehen? wie geht es ihm? was macht seine Anstalt? Was spricht man in Lindau und in der Gegend von ihm? (Vergl. S. 76 f.). . . . Sonntags, den s3'°" Septbr. Ls sind wohl wenig Stunden des Tages, die ich heute nicht in Dir und mit Dir gelebt habe, meine liebe, theure N.! Schon am frühen Morgen brachte ich beinahe 2 Stunden Dein gedenkend, Dich nur fühlend, der vergangenen Stunden mich erinnernd, im Garten der Töchter zu. . . . Freund Ackermann predigte heute nicht so gut, wie sonst; er hatte sehr wenig Zeit und Lust zur Ausarbeitung gehabt. Die Trennung von den geschiedenen Freunden veranlaßte ihn, über den Tod zu reden; ich aber hätte gewünscht, er hätte über das Leben gesprochen; die große Kunst ist, so zu leben, daß in jedem Augenblicke der Gedanke an den Tod uns Freude und Wonne ist. — Am schmerzvollsten ist mir immer die Zeit nach dem Gottesdienste bis zum Mittagsessen, wo wir sonst immer so glücklich und wonniglich beisammen waren. Heute suchte ich sie dadurch schnell vorüber gehen zu machen, daß ich meine Abschiedsrede für Dich abschrieb und dabei immer mit ganzer Seele an Dich dachte. — Nach Tische ging ich wieder in den Garten der Töchter, fand Emilien in der Akazienlaube und setzte mich zu ihr. Natürlich sprachen wir nur von Dir und dem theuern Lindau. Ich spreche gern mit der lieben Emilie und jedesmal recht offen und von Herzen; sie hängt mit inniger Liebe und Wärme an Dir. Bald gesellte sich auch die gute Elise zu uns, und da wurde denn erst recht von Lindau geredet, dabei wurde mir so wohl, daß ich 6/4 Stunden unter ihnen sitzen blieb. Daraus wurde spatzieren ge gangen nach dem Monthelas; es war ein herrlicher Abend; der gute, liebe Kawerau ging wahrscheinlich das letztemal mit seiner Julie mit, den künftige Mittwoche reist er wahrscheinlich schon ab; außerdem waren auch patzig und Burkhard mit. Mein mitgenommenes Perspektiv ge währte Allen viel Vergnügen; es betrachtete eins nach dem Andern die herrliche Gegend damit. Schacht grüßt eigenhändig. . . .