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66 nun rasch vorwärts und gelangten nach l Uhr in Payern an. Der Morgen hatte keine Hoffnung zu schönem Wetter gegeben, allein hinter Hvonand begann es plötzlich sich aufzuklären, und es ward einer der schönsten Tage. Auf der Anhöhe von Lheires, wo man das letztemal den Neuenburger See und das liebe Hverdun sieht, nahmen die Scheidenden den letzten herzlichen Abschied von der lieben, schönen Gegend, auch von dem lieb lich auf der Höhe ruhenden Bullet, von 2—5 Uhr wurde das letzte ge meinschaftliche Mahl im Bären zu Payern genossen; wobei noch eine un gemeine Fröhlichkeit und Scherz herrschte. Pestalozzi selbst war ungemein lustig und munter; es wurden sehr viele Gesundheiten ausgebracht (unter andern auch die: „daß die neuen Lehrer der Töchter die abgehenden ganz ersetzen mögen! rc."). — Der Augenblick der Trennung ging schnell vor über. Unvermerkt waren die Pferde angespannt worden. Alles warf sich tiefgerührt und stumm an den Hals — doch Du fühlst es ja alles selbst und eben so tief, meine Renate. Am schmerzvollsten ergriff mich der Abschied von Dreist, an dem mein Herz außerordentlich hängt und der mir die letztere Zeit besonders so sehr viel Beweise seiner Liebe für mich gegeben hatte. Schacht, Volkhausen, Patzig und Nenschmied fuhren in dem einen Obar L ootv noch mit bis Murten, und nur Pestalozzi, Niederer und die Rasthofer in dem einen wagen und ich in dem 2^" ganz allein kehrten zurück. Wie sehr ich so allein meinen Gefühlen und Betrachtungen nach gehangen, wirst Du Dir denken können, meine theure Renate. Der liebe Hen ning hatte mir an Dich noch einen Brief gegeben, den ich Dir hier mit beilege. Außerdem habe ich von jedem eine schöne Locke und einige herzige Worte zum Andenken geschrieben. — Gott sei mit den lieben Rei senden, schütze sie vor jedem Unfall und gebe ihnen viel süßen, herrlichen Genuß! .... Nach sO Uhr erst kamen wir nach Hause; die Frau Pestalozzi hatte uns mit dem Nachtessen bis dahin erwartet. — Donnerstags den (O^Septbr. Heute ging wieder das Arbeiten tüchtig an. Um 8 Uhr fing ich meine erste Stunde mit den Töchtern an; ich freue mich außerordentlich dieser Stunde; es ist mir so wohl unter den lieben Töchtern, und immer, immer denke ich dabei an Dich und fühle Dich um und neben mir. Die erste Stunde wandte ich zu einem allge meinen Examen an, um zu sehen, wie weit sie alle zusammen und jede Einzelne seien. Die Emilie ist unter allen unstreitig die beste; sie hat ein vortrefflich Gedächtniß und weiß in der That schon recht sehr viel; auch die pfyfer ist recht gut, die andern habe ich noch nicht so sehr kennen lernen. Es ist aber eine wahre Lust, den lieben Töchtern Stunde zu geben; alles, was man wünscht, sehen sie einem an den Augen ab, sind sehr aufmerksam und lernbegierig. Ach, wenn meine Renate noch unter ihnen wäre, wie würde mir dann erst sein, wie würde ich mich an strengen, den lieben Engel zu erfreun und zu belehren! — o Renate, was waren das für süße Stunden, die ich Dir im heitern Stübchen gab. — Übrigens bin ich gestern vor vielen, vielen Stunden, da ich Schacht's seine mit übernommen hatte, wenig zur Ruhe und zur Besinnung ge kommen, weshalb ich Dir gestern auch noch nicht schreiben konnte. — Auch brachte ich gestern den letzten Abend mit dem guten lieben Lands mann H. B ornemann zu. Er ist ein edler, kräftiger junger Mann, der im Vaterlande recht tüchtig wirken wird. Wir haben uns recht eng an