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65 parenter schöner Tempel errichtet; die Säulen von marmornen Papiere; auf dem Frontispize befand sich der preußische Adler mit Reichsapfel und Zepter und einem Lorbeerzweige im Schnabel; über den Eingang des Tempels standen die Worte: „Friedrichs Lorbeer verjünge sich in der Bil dung des Volks"; unter der Inschrift und an den Seiten hingen Blumen kränze hernieder. An beiden Seiten des Tempels standen 2 schöne Trauer weiden, deren Äste sich trauernd herabneigten. Der Hintergrund des Tempels wölbte sich von grünem Laubwerk, in der Mitte desselben stand ein Altar, auf demselben eine Schale mit loderndem Spiritus und an der vorderen Seite desselben die transparente Inschrift: „Der Dankbarkeit und ewigem Bunde!" Mit nächster Gelegenheit werde ich Dir auch ein Gemälde von dem allen mit beilegen. — Als der Abschiedsgesang zu Ende war, trat ich an den schwarz behangenen Tisch, worauf Pestalozzis beide silberne Doppelleuchter standen und 3 Lorbeerkränze lagen. Meine Rede, die Du das nächste Mal auch erhalten sollst, machte einen sehr starken Eindruck und es blieb wohl fast kein Auge thränenleer; auch meine Blicke füllten sich oft mit Thränen, zumal da ich, nachdem ich Ihnen im Namen aller versammelten die Lorbeerkränze überreicht und sie mich umarmt hatten, wieder an den Altar trat und im Namen Aller von ihnen Abschied nahm. Rein Mensch, der irgend zum Schlosse gehört, war abwesend, selbst alle Dienstboten waren da; und kein Herz ohne die innigste Rührung. Ich habe mich fast noch nie so glücklich gefühlt, da ich öffentlich sprach, als diesen Abend, wo ich mein Herz den lieben, theuern scheidenden Freunden recht öffnen konnte. Drauf sangen wir unter Thränen: „mag auch die Liebe weinen pp." Drauf trat H. Henning auf und hielt tief gerührt eine kurze Abschiedsrede, dann wurde, da H. Dreist es wünschte, der erste Gesang noch einmal wiederholt; und zum Beschluß gaben die Kinderchen ihren lieben Dreist, Kawerau und Henning Zeichnungen und geschriebene Angedenken, und es war rührend zu sehen, wie sie sich an dieselben herandrängten und von ihnen umarmt wurden. Und somit be schloß sich dieser feierliche, merkwürdige Tag. — Ach, unzähligemal habe ich an demselben Deiner gedacht, liebe, liebe Renate. Wärst Du an dem selben doch in unsrer Mitte gewesen; hättest Du all diese Erhebung, Freude und Schmerz mit uns getheilt. Du liebst diese lieben edlen jungen Männer so sehr auch, Du verdankst ihnen so viel! — Nun zwei von ihnen siehst Du ja wieder, den lieben Dreist und Kawerau, gegen Ende dieses Monats; sie werden Dir alles mündlich erzählen, und Dreisten habe ich einen recht herzlichen Kuß an Dich gegeben, mit der Bitte, wenn er Dich einen einzigen Augenblick allein sehen könnte, ihn Dir zu geben. Mittwochs, den 9' ^ept. Schacht, ich und Volkhausen hatten einen Lbar L cotö genommen, um die geliebten Freunde zu begleiten; es sollte zwar schon um 6 Uhr fort gehen, ging aber erst nach 8 Uhr. H. Pestalozzi, die Igfr Kasthofer und Niederer fuhren mit den 2 Schei denden Dreist und Henning (denn Kawerau bleibt wenigstens noch 8 Tage hier) in einem großen zugemachten Berner Wagen; außerdem hatte Nie derer für den Rückweg einen Ltmr L cots mitgenommen, den ich leitete und worin außer mir der Regierungsrath Graff und der kleine Barchewitz saß, den 2' Lkar ä cotä leitete Volkhausen mit Schacht und den 3' Patzig und Nenschmied. Bis auf die Anhöhe von Hvonand begleiteten die Rei senden alle Kinder, Lehrer und Erwachsene, und Pestalozzi mit ihnen allen ging bis dahin zu Fuß. Nach dem letzten bewegten Abschied fuhren wir Israel, Pestalozzi. 5