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61 sie auf ihren Mansch zurückgerufen wird — wahrscheinlich wird er mit ihr zusammen reisen. An einem der Tage zwischen dem 20'°" und 2P°" Septbr. wird Lj. Hen nings Hochzeit mit der Martha sein, wahrscheinlich in Zürich selbst. Sei doch so gut, liebe N., und richte es so ein, daß sie in diesen Tagen einen LZrief von Dir erhalten; ich will ihnen auch schreiben und wahrscheinlich auch ein Gedicht übersenden. . . . Sonntags, den 6'°" Septbr. Hier sitze ich im stillen kühlen Betsale, zurückgezogen von allem Ge räusch, der Betrachtung und Erinnerung hingegeben. M wie süß ist's, wenn sich der Mensch so sammelt, und dem Liebsten, das er im Himmel und ans Erden hat, nachdenkt und nachfühlt; keine Augenblicke sind mir- seliger, als wo ich — vom Treiben der Melt abgezogen — Gottes Nähe und die Deine, meine Nenate, so mit voller, tiefer Empfindung fühlen kann. Dann kommt eine so himmlische Nuhe, eine so hohe Befriedigung über mich, keines leidenschaftlichen Zustandes wäre mein Herz dann fähig, ich fühle mich in einer Stimmung, jede Tugend, auch die schwerste, zu üben. — Kaum war mein Brief an Dich gestern abgegangen, liebe Seele, als die Preußen ihren Entschluß, schon morgen abzureisen, änderten und sich entschlossen, erst künftige Mitwoch früh, also den 9'°" Septbr. abzureisen. Mir waren alle außerordentlich erfreut über diesen Aufschub, zumal da wir so mit dem, was wir ihnen heute Abend hatten machen wollen, kaum fertig geworden wären. — voll Freude darüber nahmen Schacht, Acker mann und ich uns vor, sämmtliche liebe Preußen, auch H. Niederer, H. Borne mann, Graff, H. Hientsch u. s. w. auf gestern Abend zu einer kleinen Fete einzuladen, die wir auf Schacht's Stube ihnen veranstalten wollten. — Dies wurde augenblicklich auch ins Werk gestellt, ich besorgte allerhand Kuchen und Backwerk; Schacht guten alten Mein u. s. w. Drauf nahm ich vorher, gegen 5 Uhr, mit Dreist, Henning und Rawerau ein Abschieds- Gouter') beim H. Or. Imhof, der uns ziemlich 2 Stunden tractirte und wobei wir recht heiter waren. Gegen 9 Ahr dann des Abends versam melten wir uns alle P3 Personen) auf Schachts Zimmer und waren unter lauten Freuden, Scherzen und Gesängen beisammen bis nach l Uhr des Nachts. Gegen das Ende waren wir ost unmäßig lustig; da wurden denn auch viele Gesundheiten getrunken; unter andern auch: „Frau Hen ning und Frau Kawerau sollen leben!" Und kaum waren diese getrunken, so brachte Dreist auch aus: „die Frau Blochmann soll leben!", wobei denn H. Niederer und alle andre mir tüchtig zusetzten und ich Dich mit einem vollen Glase leben ließ, und was ich innerlich dabei fühlte — wie mir diese Töne bis ins tiefste Herz drangen, magst Du selbst fühlen, liebe Nenate — Erst gegen 2 Uhr des Nachts schieden wir und legten uns ziemlich müde ins Bett. Diesen Morgen wurden wir eines vornehmen Fremden (des Senateur Qarrot von Paris) wegen wieder sehr zeitig geweckt, wo ich noch gern ein paar Stunden länger geschlafen hätte. Es wurden ihm mehrere Fächer vor gezeigt, und gerade als ich ihm die Geographie zeigen wollte, wird er abgerufen, da schon zur Abreise angespannt war. Diesen Morgen brachte >) goütvr schweizerisch für Abendbrot.