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60 Ja, wenn das hätte sein können, dann wäre weine Freude vollkommen gewesen. Bald nach dem Nachtessen, nach 9 Uhr, sing der Ball an, nur die Lehrer und Fremden wohnten demselben bei, so auch nur die Töchter. Ich tanzte erst mit allen, allen Töchtern die Reihe durch, dann überließ ich mich der Wahl der Neigung und tanzte am meisten mit der Emilie, der Elisa, der pfyfer, der Lisette, d. Igfr. Rasthofer und Burkhard (die aber sehr schlecht tanzt), es ging sehr lustig und feurig her — der große Saal war gut erleuchtet und für Erfrischungen war auch mehr als ge wöhnlich gesorgt. Nach (2 Uhr wurde schnell am Ende des Saals ge deckt und gespeist, wobei wir Männer einen Rreis schlossen und mehrere Akademische Lieder sangen, einige Brüderschaften tranken und überhaupt außerordentlich heiter und froh waren (ich trank Brüderschaft nut meinem Landsmann Bornemann und patzig). Darauf fing der Tanz mit neuer Munterkeit an und dauerte bis nach 3 Uhr; da ich mich am meisten an die Lindauerin Elisa, Lisette und an Emilie anschloß, so begleitete ich auch diese nach Hause. Der größte Teil der Herren blieb noch auf, und es wurde gesungen beim Rlang der Weingläser bis nach 3 Uhr, worauf dann Alles ziemlich müde in's Bette sich begab. Erst gegen sO Uhr wurde wieder aufgestanden, und — wie es dann gewöhnlich ist, größtentheils mit etwas Ropfschmerz. Einigemal während des Balls war mir das Ge fühl Deiner Abwesenheit und die tausend Erinnerungen an Dich so schmerzvoll, daß ich ziemlich trübe in einem Winkel saß und Dich nur dachte und fühlte. Das Gefühl sehnsuchtsvoller Liebe verläßt das Herz doch nicht, und wenn es der höchsten Freude, dem größten Sinnenglück im Schooße läge. — Unglücklicher Weise kamen heute, an dem Tage, wo Alles müde und noch vieles in Unordnung war, viele Freinde, es mußten alle Llassen höchst regelmäßig gemacht, vieles vorgezeigt und um 6 Uhr bei den Töch tern auch gesungen werden. Darnach übten wir die Abschiedsgesänge für den Sonntag Abend ein. H. Ackermann ging mit einer Anzahl Rnaben Lpheu und Tannenreißer holen; morgen werden die Töchter Rränze winden. — Heute morgen gab ich dem Vater Deinen Brief; er freute sich darüber. Schreibe nun doch recht bald auch, liebe Seele, der Ifr. Rast hofer und Frau Rüster; bitte Dich! — Samstags den 5'°" Septbr. Heute, liebe, theure Seele, ist alles in Arbeit und Thätigkeit, die lieben Preußen packen ein, H. Niederer studiert auf seine morgende predigt, wo bei zugleich 2 Rnaben, Hallberger und Sturz, welche bald fortreisen, con- firmirt werden sollen. Die Töchter sind in voller Arbeit mit den Rränzen und mit den Geschenken, die sie den Scheidenden verfertigen. Ich eile, Dir zuerst diese Nachrichten zu geben und noch heute sie abgehen zu laßen und dann meine Rede und mein Gedicht zu machen. H. Egger mit meh reren Gehülfen macht den Tempel —- H. Burkhard ordnet den Gesang an. Die Rinder zeichnen und schreiben jedes den Scheidenden etwas zum Andenken; kurz — Alles ist thätig. — Den Montag früh ist die Abreise, wo ich sie mit vielen Andern bis Hvonand begleiten werde. Rawerau bleibt über 8 Tage länger. Gestern erhielt seine Julie einen Brief, worin