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56 von Grandson aus trieb mich das von Dir volle Herz und dev Drang, mich ganz diesen Gefühlen zu überlaßen, allein voraus — ich ginA stark — wie man es bei innerlicher Bewegung immer thut, und kam eine halbe Stunde früher als die andern an. — Nach 9 blhr beschloß ich diesen schönen Tag noch in Gesellschaft vom l. Ackermann u. Bornemann — wir tranken unter frohen Gesprächen eine Bouteille guten Torclalllon und entwarfen uns Bilder der Zukunft. Montags den 3s'°" Aug. Heute war ein wichtiger, verhängnißvoller Tag! Ich bin an dem selben vor lauter innrer Bewegung fast gar nicht ruhig geworden. Die freudigste mich unendlich erquickende Erscheinung war mir Schmachtenden die Erscheinung Deines Briefes. G Renate, was ist doch das für ein Entzücken, so einen Brief zu erfaßen, mit ihm in einen stillen Winkel zu fliehen und alle die Wonne der Liebe, die er enthält, in einzelnen Tropfen tief, tief ins Herz hinab zu schmecken. Wie ich ihn gelesen hatte, war mir, als hätte ich die ganze Zeit über in Deinen Armen geruht und in Dein Herz, in Dein liebes, reines Herz, das seinen ganzen Himmel mir öffnete, geblickt. V habe Dank, Du Theure, innigen heißen Dank für diese Er quickung, diese Freude — o und fahre fort mir so wohl zu thun. Über all seine einzelnen herrlichen Stellen, so wie über die Fragen, die Du drinnen an mich thust, laß mich morgen Dir antworten, wo ich ruhiger sein werde als jetzt. — Dann denke Dir, über was die Post außerdem noch entschieden. Die lieben treflichen Preußen erhielten heute ihren Abruf ins Vater land und zwar sehr schnell, wir erwarteten es wohl immer und doch — da es nun gekommen, sind wir so bestürzt und ist uns allen so bang, die lieben Seelen zu verlieren. — Sie bleiben höchstens noch 8 Tage da, Rawerau ausgenommen, der seiner Julie wegen noch sH Tage hier zu bleiben gedenkt. Der Abgang dieser treflichen Menschen macht eine große Lücke in unser Leben, fürs Allgemeine so wohl als fürs Bedürfniß und Verhältniß der Freundschaft der Einzelnen. Ich verliere viel, sehr viel auch an allen 3, vor allen aber an Dreist, den ich unter allen am meisten liebe, am höchsten achte, und der auch, in der letztem Zeit vorzüglich, in ein so nahes, zartes Verhältniß zu mir getreten. Was die Töchter an ihnen verlieren, wirst Du selbst empfinden können. — Ich will sie noch genießen, ihrer Nähe mich von ganzer Seele freuen, so lange sie noch da sind, und dann scheidend ihr Schicksal in Gottes Hände legen. Unsre Freundschaft bleibt doch ewig und einst — sehen wir sie wieder. — Dann noch — liebe Renate — stelle Dir vor, mein guter Bruder Ernst erhielt heute auch einen Brief, vermöge deßen er in einigen Wochen mich und Iferten verlassen wird. — Es ist ihm eine vortrefliche Stelle an der königl. Sächs. Hofbuchdruckerei in Dresden angeboten worden, wo er sich über 500 Thaler jährlich steht. Nun kommt der Ruf der geliebten Mutter darzu, die wenigstens einen ihrer fernen Söhne wieder um sich haben möchte. Kurz in einigen Wochen verläßt er mich. — Ich freue mich innig dießes Glücks, und die Hoffnung, nach einigen Jahren ihm wieder nahe zu sein, erleichtert den Schmerz der Trennung. . . . Heute Nachmittag bat mich die Igfr. Rasthofer zu sich und eröffnete mir ihr Anliegen, die geographischen Stunden bei den Töchtern zu über-