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54 arbeitet hat, wenigstens 50 Bogen, ab. Sie geht von den allerersten An fängen bis zur Vollendung der Llementar-Zeichnungslehre und giebt aufs genauste an, wie man mit den Rindern dabei verfahren muß, sowohl um ihre Hand, als auch um ihren ästhetischen Sinn zu bilden. Dabei sind bei jeder Übung die Zeichnungen hinzugefügt, wovon ich die leichteren selbst machen werde, und die schwereren von den am besten zeichnenden Rnaben mir werde machen laßen. Zu gleicher Zeit fange ich jetzt schon an für Dich eine Sammlung der schönsten Formen und Zeichnungen, welche die Rinder in allen Rlassen zusammen machen, mir anzulegen, was ich Dir Alles mit dem abgeschriebenen Zeichnungshefte in einigen Monathen schicken werde. Du wirst dann im Zeichnen mit Deinen Rinderchen ganz genau uud gründlich den Gang der Methode befolgen können und hin länglichen Vorrath und Neichthum an Modellen haben. Ls hat mich oft schon so innig gefreut, daß Du Lust und Talent zum Zeichnen hast. Dabei wirst Du Dich immer selbst recht fortüben und allmählich die metho dische Behandlung mit Rindern kennen lernen. Ich würde Dir dieß Alles schneller zu schicken suchen, da ich aber immer nur wenig Zeit zum Abschreiben und Zeichnen habe und es doch gern selbst verfertigen will, so rücke ich nur langsam vorwärts. Nichts wird Deine Rinderchen so schön beschäftigen, nichts auf ihre Runstbildung so viel wirken, als die Zeichnungsstunden, die Du ihnen nach diesem methodischen Gange geben wirst. — Ich sehe Dich dann schon immer im Geiste mitten unter ihnen sitzen und mit Deinem zarten Sinn das Schöne in jeder Form und Gestaltung ihnen fühlbar machen. — Soll ich es Dir, Du liebe Seele, schicken, wenn ich auch erst einen Theil fertig habe, oder erst, wenn das Ganze vollendet ist? — In der deutschen Sprache rathe ich Dir vor der Hand mit ihnen viel in Rrummachers und Hahns Para beln zu lesen, auch in Rrummachers Sontag und Lhristfest. Ls ist dieß eine herrlich bildende Lektüre für Rinder, Du wirst dabei viel Gelegenheit haben, ihr sittliches Zartgefühl zu wecken und zu nähren und überhaupt die Hauptlehren der Moral und Religion, fast ohne daß sie es merken, ihnen beizubringen. Nebenbei mache sie denn auch auf das Grammatika lische aufmerksam; laß sic die verschiedenen Wortarten unterscheiden, fange bei den Hauptwörtern an — dann Zeitwörter — dann Bestimmungs wörter der Haupt- und Zeitwörter, also Adjektive und Adverbien u. s. w. Dann mache sie auf Stammwörter und gebildete, abgeleitete aufmerksam, gehe mit ihnen die Bildungssvlben durch, die Vor- und Nachsvlben und laß sie nun ganze Wort-Familien aufsuchen, z. B. alle Wörter^ die von Schluß gebildet sind durch Vor- und Nachsilben und durch Zusammen setzung mit andern Wörtern. . . . Der liebe Burkhard wird künftig in meinem Stübchen mit arbeiten. Seitdem Du weg bist und es kein Intereße mehr für mich hat, nach dem Töchterinstitute zu blicken, habe ich meinen Wohnort in dem kleinen Stübchen, neben dem großen Saale aufgeschlagen. . . . Gestern Abend von 7 — 8 sangen wir im Töchterinstitute, wobei H. Dreist dem H. Burkhard zeigte, wie weit wir im Gesänge ständen und was er bereits mit uns durchgeübt. Rünftigen Montag wird nun Burkhard überall seine Rlaßen anfangen. Ich hoffe, es wird recht gut mit ihm gehen. Der arme Junge ist sehr abgekommen, theils von Sorgen, theils von Anstrengungen. . . .