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33 Kanzler Herrmann ist der sächsische Nicolovius. Er ist von Pestalozzis Persönlichkeit, den er 1808 besucht hat, ebenso begeistert, wie Nicolovius, und er sucht in seinem Wirkungskreise, der Oberlausitz, den Pestalozzischen Ideen Eingang in die Schulen zu verschaffen, namentlich auch tüchtige junge Leute, die durch Pestalozzis Schule gegangen waren, für seine neuen Bürgerschulen in Görlitz und Zittau und für das in Bautzen zu begründende Lehrerseminar zu gewinnen, Blochmann in erster Reihe, der freilich vorläufig ablehnen muß, wenn er Renate nicht verlieren will. Der Kanzler Herrmann gehörte deshalh auch zu den auswärtigen Mitgliedern der »Gesellschaft zur Beförde rung einer Erziehungsanstalt für Arme", über die Schacht in einem Briefe an den Pastor Cherubim (a. a. O., S. 41) folgendes berichtet: »Was unter andern Transparenten in unserm Schloß am Weihnachtsabende (1810) leuchtete: ,Was Gott gegeben, wird die Welt nicht raubens kann man wohl auf Pestalozzis Wollen beziehen. Ich möchte, Wenns die Zeit erlaubte, Ihnen die Weihnachts- und Neujahrsfestlichkeiten beschreiben, woran das ganze Institut teilnahm; noch lieber möchte ich Ihnen die Reden mitteilen, die der alte Mann mit unaussprechlicher Kraft und Begeisterung hielt, wenn ich könnte, i) Statt dessen will ich Ihnen erzählen, wie wir am 12. Januar (1811) seinen 66. Geburtstag feierten. Aufwand sollte nach gehöriger Über legung nicht gemacht werden, da das Institut gerade jetzt nicht in günstigen Umständen ist und Pestalozzi dergleichen nicht liebt. Wir wollten ihn also auf eine edle und seiner würdige Art erfreuen. Es ist seit vielen Jahren Pestalozzis Sinnen (wie ehemals A. H. Franckes) darauf gerichtet, eine wohlthätige Volksanstalt zu gründen — ein Armen haus — worin arme Kinder, vorzüglich geistvolle, erhalten, erzogen und zu künftigen Lehrern gebildet werden sollen. Diese Lieblingsidee auszuführen, war ihm noch nicht vergönnt. Aus eigenen Mitteln vermochte er's nicht, es müssen sich viele dazu vereinen. An dem Abend seines Lebens ihn mit Be ginn der Ausführung zu erfreuen, wie hätten wir herrlicher seinen Geburtstag schmücken können? Sämtliche Lehrer also und die anwesenden Studierenden bildeten vorher eine Gesellschaft zu diesem Zweck; der Plan ward ausge arbeitet und von Allen unterschrieben. Am Abend ward ihm im gefüllten Betsaal, ganz unerwartet, nach vorangegangener Rede an die Versammlung der Plan vorgelesen und überreicht, mit der Aufforderung an Pestalozzi, seine Idee nun aüszuführen; zugleich ging eine Büchse um, damit Jeder sein Scherflein gäbe zum spärlichen Anfang des großen Unternehmens. Die Col- lecte betrug an 40 Karolinen (ungefähr 840 ^F). Nun hätten Sie den alten Mann sehen sollen, wie er, der Gerührteste in der gerührten Versammlung, vor inniger Freude und Wehmuth lächelte, danken wollte und mit den Thränen kämpfte! Eine Menge Freunde Pestalozzis in Teutschland und Rußland werden aufgefordert, sich als Mitglieder der Gesellschaft anzuschließen, Beiträge zu sammeln und jedesmal am Geburtstage Pestalozzis, als am Stiftungstage der Gesellschaft, Collecten anzustellen. Der Plan wird gedruckt werden." Der Kanzler Herrmann schreibt darüber am 24. Mai 1811 an Bloch mann: „Vor allem danke ich Ihnen und sämmtlichen Mitgliedern der neu errichteten Gesellschaft zur Beförderung einer Erziehungs-Anstalt für Arme, 0 Die Reden sind später (in Zürich, o. I.) gedruckt und auch in die Cottasche Ge samtausgabe (Xl) und die Seyfsarthsche (XIII) ausgenommen worden. Israel, Pestalozzi. 6