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75 So kenne ich fast alle Schätze, die Rom besitzt." — Ich fragte ihn hierauf um seine Meinung über manches Bild. Zu meiner großen Verwunderung gab er mir fast lauter Urthcile, die mit denen der Kenner übereinkamen. „Wel ches Bild hältst Du denn für das vorzüglichste in Rom?" fragte ich ihn. „Daö ist keiner Antwort werth," versetzte er; „denn das schönste und angenehmste Kunstwerk spricht sich genugsam aus!" „Nun welches denn?" „DaS Göttcrmahl, die Hochzeit der Psyche von Raphael in der Farnesina! Da sind die göttlichen Gestalten versammelt! Alles ist fest lich mit Kränzen und Guirlandeu aufgcschmückt; hoch, erha ben und freundlich schweben die Götter und Göttinnen in der blauen Luft, ohne daß sie, wie wir anderen Sterblichen, Grund unter ihren Füßen nöthig haben. Wenn ich mich recht vergnügen will, bitte ich den Cnstode, mir den Saal anfzuschlicßen. Hier lege ich mich aus den Boden und kann nicht aufhören, diese seligen Wesen über mir zu beschauen, dafür singe ich ihm dann eine Arie, auch zwei, auch wohl drei!" — )m Laufe des Gesprächs fragte ich ihn, waö er, da er gar kein Gewerbe treibe oder andere Einkünfte habe, aiifange, wenn Tage kämen, wo ihm die Geschenke mitleidi ger Menschen mangelten? „DaS geschieht nie," war seine Antwort! „Der schlechteste Tag bringt mir 3 Bajocchi ein und ick habe nur 1 nöthig, um zu esse» und zu trinken; also l >/, überflüssig. Sollten mir auch diese fehlen, so esse und trinke ich doch; denn viel sind meiner Bekannten und meiner Freunde. Die Wirthe, wo ich mein Geld verzehre, habe» mich gern und borgen mir, da ich nichts Anderes »ö- thig habe, als ein wenig Suppe, ein Glas Wein und ein Stückchen Brot. Kommt mir die Lust an, zu essen wie die Fürste», so habe ick eS gleich Ich brauche nur in irgend einen Palast eines Großen zu dem Koch zu gehen und ihm