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Nr. 12 6ren2l3ri6 Ober I Zusitz Durch Spiegel ist eine ganz treffliche Tiefenwirkung erzielt. Oben über dem Bergwerke ist ein Gewässer mit Schiffen und Schwänen, ganz eigenartig, wie die Schwäne ihre langen Hälse drehen und sogar biegen! Auch Spaßiges fehlt nicht. Hier stehst du, wie Karle beim Hoisl auf dem Rasen liegt und Mit tagsruhe hält. Du hörst'n ordentlich schnarchen! Deutsch, geht die Türe auf und Pauline, erst jung verheiratet, flitscht raus und kitzelt ihren Karle mit einer Schwuppe an der Nase. Wutsch! Ist sie weg! Karle aber fährt sich im Halbschlafe mit der Hand an die Nase: „So e verflfrter Brunnner!" Das Allerwertvollste aber ist, daß Meister Kunze das ganze alte Handwerker- und Berufsleben dargestellk hat und sogar ein Stückel lustige Ortsgeschichte von Bertsdorf. Unter der Christigeburt arbeitet der „Tischer" (Tischler) mit Säge uns Hobel, daneben rennt der „Bittner" (Böttcher) mit „bnmm — bumm" um sein Faß. Sein Nubber ist der Schmied, der läßt den alten Blasebalg sausen und den Ham mer auf dem Amboß klingen. Nicht weit davon pocht der Schuster auf die Sohlen mit einem richtigen Schusterhammer, der Geselle zieht den Knieriemen und zuckt allemal mit dem Kopfe. De (Meestern mahlt Kaffee, 7 Achtel Kornel, l Achiel Bunn: „Rajchts rum giht de (Miehle!" Neben dem Schuster quietscht die „Brahtsäge", aber auch das alte weiße Ge werbe ist vertreten: „Es klappert die Muhle am rauschen den Bach!" Ganz ulkig ist hier dis Schwarzweißwirkung! In der Muhle guckt der weiße Muller raus, oben zum Müh len schornstein der schwarze „Feuerriepel". Auf der rechten Seite schauen wir in der (Mitte in die Schneiderstube hinein. Mit gekreuzten Beinen sitzt der (Meister (Meck auf dem Schneidertisch und näht, der Geselle bügelt. Der Schornstein feger Feuerriepel aber ist auf Abwege geraten. Anstatt in die Este zu kriechen, schleicht er ins Zimmer und macht der Wolle wickelnden hübschen (Marie die Backe schwarz, die Mutter flitzt herein und droht, aber der Schwarze ist weg wie Schmidts Katze, und schon fegt er zur Esse heraus: „Was sich neckt, das liebt sich!" Das Feinste aber ist die (Weber stube! Sie ist vollkommen so, wie sie zu den Zeiten war, als das Leineweberhandwerk noch als das vornehmste Handwerk der Südlaufitz galt. (Wunderbar echt ist das Gezeh ((Web stuhl) in der (Weberstube aufgebaut, der Leinwandstuhl, ge nau so lebenswahr wie der (Webergottlieb darauf, der webt: „'s wär besser, ich ging battln, 's wär besser, ich ging battln!" Dabei aber dreht er den Kopf nach der Frau Rahele. Die spult und wiegt zugleich die kleine Minna. Der Benjamin aber, der Schuljunge, sitzt hinter dem Tische und ißt Maucke (Kartoffelmus). Sogar die alte Uhr, „Dahr ahle Seeger", ist im Gange und schwingt seine Schleuder, wir sagen jetzt viel gebildeter und fremder Perpendikel, über dem Zifferblatt hin nnd her, ein Beweis, daß „Dahr Seeger" vielleicht das Älteste in der Stube ist, noch von „Anno Tobak" har. Bor der (Weberstube könnte ich stundenlang stehen! Zuletzt führt (Mei ster Kunze, ein Spaßvogel, der es faustdick hinter den Ohren hatte, direkt nach Bertsdorf, in den alten „Krahtschn" (Kret scham). Porträtähnlich hat er hier die Hauptquctschbrüder an den Stammtisch gesetzt. Richtsrsch Koarle ill unverkennbar, wie der vom . dischkerieren rädt" nnd dabei mit der Faust auf den Disch schläat! Wahrscheinlich schimpft er über den „Ge- meindevurschtand". Der Flammigerbauer vergißt vor Schreck beinahe die Pfeife in den Mund zu stecken, sein Nachbar muß stch einen Schluck aus dem Pullchen nehmen. Der (Wirt Z1Z Gustav (Wichtig tritt mit einer Spreize vom Schweinschlach ten in die Türe, weil er denkt, er muß Ruhe stiften. Noch origineller ist eine andere Szene. Wir sehen den Förster mit seinem Hunde einherstclzen. Dahinter wird auf Stroh auf einem Leiterwägelcheu ein zusammengehockter (Mann gefahren. Das ist Ullrich Franz, der Holzhändler. Er hat im „Krahtschn" züviel hinter die Binde gegossen, und das ist ihm „in die Beene gefoahren!" So heißt's von ihm wie beim Schüt zenkönig: „Itze breng s'n!" Diese an sich höchst lustige Szene hat ihren Haken! Ull rich Franz hat „zeitlabens kee Weertl mie mit an Kunze- moaler geradt", er hat mik'm getückscht, weil'rn su für immer vereult hoatte; und wie das Krippe! im „Iägerwäldchen" auf gebaut wurde, ist er nie mehr dort cingekehrt. „'s woarn zu foatoal, eaoal znn Gaudiumme dahr andrn rimgefoahrn zu wahrn!" Ich kann es ihm nicht versenken. (Was zu oarg ist, is' zu oarg! Heut hat er sich mit seinem alten Freunde Kunze hoffentlich in der andern Heimat wieder getroffen und er hat gesagt: „Franz, sei mr ock ne mie biese, 's wuhr ja ock Schpoaß!" und Franz hat gesagt: „I du ahler Schwerenöter, doah wulln mr uns ock wieder vertroin!" — Genug vom Bertsdorfer Krippel! „Gilt ock a moahl hie und satt's euch fal ber oa!" nnd habt ebensoviel Freude daran an der lustigen, innigen, geschickten Heimaikunst, wie der Schreiber dieser Zei len, als ihn das Glatteis nicht auf die Lausche, sondern ins ge mütliche „Iägerwäldchen" kommen ließ! G Auch in dem hart an Ser böhmischen Grenze von Herms dorf gelegenen Orte (M arkersdors bei Reichenau lebt in bescheisener Zurückgezogenheit ein (Meister iin Krippen schnitzen und -bau, der Zimmermann Paul Riedel, Haus Nr. 50. In seinem idyllisch an Ser Berglehne erbauten Häus chen hat er innerhalb von drei Jahrzehnten ein Krippel er dacht, selbst geschnitzt und erbaut, das an gut durchdachter Szeuenstellung uns technischer Beweglichkeit wohl weit und breit als einzig zu bezeichne» lein dürfte. Fleißig ist (Meister Riedel auch im vergangenen Jahr wieder bemüht gewesen, Neuerungen auf biblischem wie weltlichem Gebiete zu schaf fen. Dem Beschauer erfreut das Kunstwerk immer wieder aufs neue und dauernd ist man erstaunt über die Handfertig keit und die Phantasie des einfachen Mannes. So ist zu sehen die Geburt Jesu mit den verschiedensten Figuren, die Kreuzi gung Ehristi mit all ihren Handlungen, das (Verscheiden Ehristi usw., wobei mehr als 50 Beweaunqeu vorgeführt werden, eine mittelalterliche Hcrenküchc mit den verschiedenen mysteriösen Bewegungen der Hexenmutrer, der untergebenen Hcrenweiber nnd dos Herenmcisters, ferner der märchenhafte Walddoktor, der in rührender Art die verschiedenen kranken Tiere zu Hellen versucht nnd jedem gleich ein Rezept Sazu verschreibt. Phantastisch ist der Elfenreigen in der Tiefe der Erde und das geschäftige Gelsmachen der Gnomen vom einfachen Erzhacken bis zum Fertigpressen der (Münzen. Auch fehlen natürlich nicht Darstellungen von bekannten (Märchen. (Mit unendlicher (Mühewaltung und Kunstfertigkeit ist dies