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Grenzland MonatszerifMvtft für Selmatfovfrlmng, Sermatpftege u.VevteEfrswevv«ng Mlttetlungsvlatt des Verbandes „ Lusatla " der Sumvoldt-, voltsvlldungs- und Gevlvasverekne der Overlausltz, sowie auch der Gesellsrbast für Laustyev Srbvksttum Zeder unberechtigte Nachdruck aus „Grenzland Obcrlausitz" wird strafrechtlich verfolgt. — Manuskripten ist Rückporto beizufügen, da sonst Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. — Schriftleitung und Geschäftsstelle ist Reichenau, Sa., Fernsprecher: Reichenau 300. — Erfüllungsort und Gerichts stand für Bezieher u. Inserenten ist Reichenau. — Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27 534. — Bankverbindung: Gewerbebank u. Girokasse Reichenau 1005 Bezugspr eis: Vierteljährlich 75 Pf.— Für die dem „Lusatia"-Verband angeschlossenen Dereinsmitglieder stellt sich der vierteljährliche Bezugspreis auf nur 35 Pfg. — Anzeigenpreis für die Millimeterhöhe und 46 mm Breite 7 Pfg. — Zur Zeit ist Preisliste 1 gültig. Nummev iH. Kovomveo isss 1H. Sshvsang O^eflsuliher Vo!!<saist Der Fremde, der in eines der abseitigen Dörfer des Ober- lansitzer Berglandes verschlagen wird, mag einen eigenartigen Eindruck von der Gemütsart unserer Landsleute bekom men. Gotts Wunder, wenn er nicht davonläuft auf eine Auskunft, die ihm in plärrender Breite und mit großer Um ständlichkeit oder in dumpf grollendem Fortissimo erteilt wird, jedenfalls so laut, als ob man ihn für schwerhörig hielte. Wird er gar Zeuge einer lebhaften Unterhaltung zu mehreren und vermag zunächst nicht viel mehr zu vernehmen als gurgelnde Laute, nichts vom warmen Unterton des Herzens, so muß ihn wirklich die blasse Furcht ankommen aus der Meinung her aus, daß er unter eine Gesellschaft von Rohlingen geraten sei, die womöglich jeden Augenblick handgreiflich werden konnten. Aber o nein, sie streiten sich nicht und führen auch gegen ihn nichts Böses im Schilde. Es ist dies ihre gewohnte Art, sich zu unterhalten. Ihre laute, polternde Sprache prägt und verträgt zwar keine glatten Höflichkeitsphrasen, dafür ist sie um so gerader und ehrlicher. „Ich soi's glei richtg, wie's is!" (Ich sage es gleich richtig, wie es ist!) ist eine der stehenden Redensarten, die uns Aufschluß geben, daß der echte Ober lausitzer nicht an Herzdrücken stirbt. Er steht aufrecht und taugt nicht, eifrig und beflissen Bücklinge zu machen -<— ebensowenig wie der echte Bayer, dessen Sprachlaute au3> nicht sanften Flötentönen vergleichbar sind, oder der derbe Vogtländer von ganz oben her. „Edelroller" nennt man unsre Landsleute nach ihrer Ge wohnheit, besonders das l und das r weit hinten am Gaumen zu bilden. Ich muß bei ihrer rauhen Herzlichkeit immer an den Gesang der alten Franken denken, der bekanntlich geklungen haben soll, als ob Wagen über einen Knüppeldamm holper ten. Unser „saakgrober" Menschenschlag (grob wie Sacklei nen) muß denn doch noch über ein gut Maß urwüchsigen, ur- gesuttden Empfindens verfügen und in seinem Wesen auch zum Ausdruck bringen. O ja. Und so wenig sich das Phrasenhafte, Lackierte, „Europens übertünchte Höflichkeit" mit seinem Lebensstil ver trägt, genau so wenig vermag er sich der Gefühlsduselei hin zugeben. Er ist im innersten Wesenskern absolut unsentimental. Abschieds- oder Willkommenskuß — nein solcher Firlefanz! — der Lausitzer würde darüber lachen. Seine Verhaltenheit in diesen Dingen geht so weit, daß er bei den erschütterndsten Er eignissen seine Gefühle hinter ein paar nichtssagenden alltäg lichen Redewendungen verbirgt oder auch völlig schweigend die nötigen Handgriffe verrichtet. Vielleicht ist das der Grund, weshalb eine frühere Zeit das Wort prägen konnte: Lusatia non cantat (Die Lausitz singt nicht). Vielleicht wollte es nichts weiter als den im Grunde unsentimentalen, unlyrischen, nn- romantischen Charakterzug des Lausitzers treffen. Und darin hat es heute noch recht, und ebendieser Zug ist ein weiteres Merkmal der Zugendlichkeit des Stammes. Lies die alten isländischen Sagas! Knappster Stil, knappste Tatsachenberichte in unerhört einfacher Sprache. Und welch zwingende Gewalt geht von dieser Einfachheit aus. Da steht das Dingwort und das Tatwort und kein überflüssiges buntes Gepränge. Gefühle bleiben verschlossen in des Herzens Schrein. Sie schwingen hinter und unter dem Gesagten mit, ohne selbst sprachlich ansgedrückt zu werden. Und ganz so ist Oberlausttzer Art; so ist wohl immer die Art junger, starkmütiger Völker. VTo das Herz spricht, schweigt die Zunge. Glückwunsch, Bei leidsbezeugung — der Wortschwall des zivilisierten Oberflächen menschen iss dem einfachen Mann unseres Landstriches nicht gegeben. Halte ihn in seiner Schlichtheit deshalb nicht für einen unhöflichen Tölpel! Er hat tiefere Herzensbildung, als du ahnst. Geburt, Heirat und Tod — das sind ihm keine romantischen und romanhaften Angelegenheiten, sondern Selbstverständlich keit wie der Ablauf der Jahreszeiten. Zu allein dem stimmt auch die Rede vom Lausitzer Dick schädel in der Verbindung, er sei hart wie der Lausitzer Gra nit. Hüte dich, daraus nur auf eigensinnige, verbohrte Hart köpfe zu schließen, sondern denke lieber an langsame, gemessene Art, die aus Abstand und nach kritischer Prüfung sich entscheidet und handelt und nichts mit Stroh- und Sprühfeuer gemein hat!