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Waffenübung und die Verteidigung der Stadt waren, die „Schützengemeinschaft oder Schützensocietät" entwickelte. Das Löbauer Pfingstschießen wird zuerst nach dem Hussiten kriege im Jahre 1449 erwähnt. Da jedoch im 30jährigen Kriege die Stadt schwer gelitten hatte, und die Bürgerschaft verarmt war (dazu 2 Pestzeiten), so wurde das Herkömmliche Pfingstschießen in und nach jenen Kriegsjahren nicht jedes Jahr abgehaltcn, von 1663—1679 z. B. nur sechsmal. Von 1679 an fand es dann wieder regelmäßig statt und wuchs sich mehr und mehr zu einem wahren Volksfeste aus, an dem nicht nnr die Schützen sondern alle Bewohner der Stadt und viele aus den Nachbarorten teilnahmen. In ältester Zeit schossen die Schützen mit der Armbrust nach dem hölzernen Vogel aus der Stange. (Görlitz 1409 er wähnt.) Auch in Löbau war das nicht anders. Als dann die Feuerwaffen nach und nach bei den Schützen eingeführt wur den, ging immer noch nebenher die vielleicht mehr vergnügliche Ausübung der Armbrust-Schützenkuust. Durch Veranstaltung größerer Preisschicßen verstanden es schon damals die Schützen ihre Feste zu beleben. So luden im Jahre 1595 die Liegnitzer Ratmannen auf Veranlassung der dortigen Schützengilde die Löbauer Schützen zu einem großen Armbrust-Preisschießen ein, bei dem nach drei Vögeln geschossen werden sollte. Unserer ^Meinung nach ist diese noch im Löbauer Ratsarchiv vorhandene Einladung kein schlechtes Zeugnis für die Armbrnstschützen der Stadt. Sic haben entweder, wohin ste auch kamen, ansehnliche Schießpreise gestiftet, oder sind als geübte Armbrnstschützen bis nach Schlesien hinein bekannt ge wesen. Die älteste Löbauer Schützenrechnnng aus dem Jahre 1581 spricht vom Abschuß eines Vogels zu Pfingsten und gibt Ein nahmen und Ausgaben an von Pfingsten 1580 bis zum Sonn tage nach Visttatio /Mariae, also bis zum 9. Juli 1581. Es wird auch erwähnt, daß „der Schützen Inventar" den ver ordneten Altesten und dem „Vogelkönige" in Verwahrung zu gestellt ward. Große Reichtümer wies es allerdings nicht ans, denn es bestand nur in 2 großen zinnernen Kannen, einer silber nen Schiene, 3 Leinen zur Vogelstange, 11 Schiebekaulen (?), 2 Rastelbänken und einem kleinen Vorrat von Brettern und Pfosten. In der Schützenkaste verblieben nach Abzug der Aus gaben 2 mr 42 gr. In der ältesten bekannten Löbauer Schützenordnung von 1614 (also 4 Jahre vor Beginn des 30jährigen Krieges), die sich noch bei den Akten und Urkunden der Schützengesellschaft befindet, wird nicht mehr vom Schießen nach dem Vogel, son dern nur noch vom Bogenschießen gesprochen. „Wir Bürgermeister und Ratmannc der Stadt Löbau fugen allen und itzlichen Bürgern und Handwerken oder Zechen allhier hiermit zu wissen, daß wir der ehrbaren Gesellschaft der Schützen auf ihrer verordneten Herren Aeltesten (Begehr) das Schützenrecht und ritterliche Übung, mit der Büchse zum Mann und Schirm ums Königreich und desselben gewöhnliche Kleinod zu schießen und darneben wie vor alters das Schützen bier zu käufen und trinken vergünstiget und zugclasten haben wollen." Die Schützenordnung von 1614/ auf deren Inhalt hier nicht näher eingegangen werden kann, umfaßt 21 Artikel und ist 1695 in einigen Bestimmungen abgeändert und erweitert und vom Rate am 3. /Mai 1695 aufs neue bestätigt worden. Im 18. Jahrhundert sind diese Satzungen 1723 und 1787 nochmals revidiert und genehmigt worden. Die Löbauer Schützenordnung von 1695 trägt die Über schrift „Revidierte Leges und Ordnung der Schützensocietät zu Löbau" und enthält in 7 Artikeln (50 HU die Bestim mungen über das Schießwesen und das Verhalten der Schützen. Der Artikel III handelt von einer besonderen Art der Schüt zen, von den sogenannten „Zwang-Schützen". „WAl dieses bürgerliche Schießerercitinm von den lieben Vorfahren zweifelsohne deswegen cingeführt worden, daß die unerfahrenen als neuen Bürger das Gewehr desto geschickter zu traktieren begreifen und lernen möchten, so sind von langen undenklichen Zeiten aus denen Gewerken gewisse Z w ang- Schützen angelegt worden, dabei es dann auch hinfüro billig verbleiben und sollen demnach aus der Gemeine 8 Personen, denen Tuchmachern 6—4 Personen, Schuhmachern 4, Bäckern 4 oder 3, Fleischhauern 4 oder 3, Schmieden und Schlossern 4 oder 3, Kürschnern und Schneidern 3, Leinewebern 6, Böt tichern 3 oder 2, Tischlern 2, von denen .Färbern, Töpfern, Handschuhstrickern, Glasern, Fischern, von jedem Gewerke 1 Person gegeben werden." Dieser Zusammenhang der Handwerke mit der Schützen gesellschaft kann in den JnnungSrechnungen bis in die neueste Zeit hinein verfolgt werden, (z. B. bei der Bäckcrinnung bis zum 27. April 1863.) Mit den Zwangschützen und der bürgerlichen Schützensocie tät darf man die am 9. Juni 1701 gegründete Zwingerschützen- Gesellschaft nickt verwechseln. Es war dies eine zur Übung und Ergötzlichkeit im Scheibenschießen errichtete Schützenkom panie vornehmer Leute. Sie durfte höchstens 20 Mann um fasten und ist als eine Vereinigung von Honoratioren der Stadt mit Einschluß einiger Offiziere zu betrachten. Diese ans Grund von Standesunterschieden gebildete exklusive Gesellschaft hat 140 Jahre (bis 1841) lang bestanden. Von altersher hatte die bürgerliche Schützensocietät ihre Schießübungen in zwei Abteilungen des Zwingers, also im Raume zwischen den beiden Stadtmauern, abgehalten. In dem nach der Bautzner Straße zu gelegenen Teile stand ihr ein Schießhans zur Verfügung. Im Jahre 1704 ward dann ein besonderes Schießhans auf der Schicßwicse (am heutigen städt. Sportplatz) erbaut. Ein später errichtetes Schützenhaiis fiel am Anfang der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts den Flammen zum Opfer. Um diese Zeit gab es nach den Unifor men ein blaues und ein grünes Schützenkorps in Löbau. Für jedes Korps ward , zum Pfingstschießen ein besonderes Zelt aus gestellt. Das Schützenwesen in Löbau erfuhr dann nach dem Kriege von 1870/71 eine durchgreifende Neuorganisation. Das uni formierte Korps erhielt eine neuzeitliche schmucke Schützentracht, und die „schwarzen" Schützen gingen in dunkler Festkleidung bei feierlichen Anlässen. Durch den Beitritt zum Sächsischen Wettin-Schützenbuude und dem Deutschen Schützenbunde ward das heimische Schützenwesen dem sächsischen und deutschen völlig angeqlichen. Das zeigte sich besonders an dem Wettin-Bundcs- schießen, das 1912 vom 11.—16. August in Löbau abgehal ten wurde. Bei diesem kurzen Gange durch die Geschichte der Löbauer Schützengesellschaft wurden bereits ihre beiden ältesten bekann ten Schützen-Ordnungen, die von 16 !4 und 1695, genannt.