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AmilnÄrr Ortmat Monatsrertfüfvift für Selmatpftege^ Sermatfovsttfung, Vertchrsloevvung MIttett««gsvlatt des »Sdeelauftyev Sekmat-Vevdandes, deo Gevkogs-, Seimat- und Sumboldtoeeeine dev Sverlausiy, sowie auw dev Gvsellsttrast süv Laustyev Srvvkfttum Jeöer unberechtigte Nachdruck aus „Oberlauftfter Heiinat" wird strafrechtlich verfolgt. — Manuskripten ist Rückporto beizufügen, da sonst Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. — Schriftleitung und Geschäftsstelle ist Reichenau, Sa., Fernsprecher: Rolchenau Z00. — Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten ist Reichenau — Postscheckkonto: Dresden Nr. 25590. — Bankverbindung: Gewerbebank und Girokasse Reichenau 444 — Bezugspreis: Halbjährlich 50 pfg. Bei Nichtabbestellung spätestens 14 Tage vor Beginn eines Vierteljahres läuft der Bezug weiter. Kummoe s Mak/Aunr 1942 2S. Jahrgang Mchimltein und die Sieben Hügel bei Vollsberg Frühlingsfahrt in einen vergessenen Winkel der Heimat Das Beste steht nicht iininer in den Büchern, sondern in der Natur, nur haben die Menschen meist nicht die Augen, es zu scheu. Ad. Stifter. Südlich der alten Sechsstadt Görlitz, im Südostzipfel des Görlitzer Landkreises, breitet sich ein reizendes, traumentrücktes, weltenfernes Stück Land mit vielen Reizen und stillen Schön heiten. Nur wenige kennen es. Hier zwingen die Sieben Hügel um Wolfsberg (früher Nicda) oas muntere Jserkind Wittig auf seinem Laufe zur Neiße noch ein wenig zu verweilen und westwärts auszubiegen. Erst dann darf sich der Fluß in die weite grüne Neißeaue mit ihren langfchopsigen Wiesen hineinschlän geln, um sich hinter Radmeritz mit der Neiße zu vereinigen. Und hier träumt inmitten herrlicher alter Baumgruppen, von der Wittig umflossen, das weltadelige Fräuleinstift Joachim- stein, die schönste und bedeutendste Barockanlage der Oberlausitz. „Breite stille spiegelnde Wasserflächen, alte Bamnriesen, grü ner Rasen und überall wertvolle Barockplastik — das gibt zu sammen mit der vornehmen Architektur des Schlosses ein unver geßliches Dokument eines hohen schöpferischen Geistes" (Sehe risch), nämlich des Kammerherren Joachim Siegismund von Hiegler und Klipphausen, der vor reichlich 200 Jahren dieses Juwel unter den Herrensitzen der Oberlausitz erbaute. Als Ausgangspunkt zu dieser Wanderung wählen wir die Haltestelle Hagenwerder (früher Nikrisch) der Görlitz— Hittauer Bahnlinie und streben von hier auf der heute stillen Straße südwärts bis zur alten Hollschänke. Hier schlagen wir die Straße nach Radmeritz ein, und bald schimmern zur Rechten die Gebäude des Stiftes I o a ch i m st e i n aus dem jungen Grün und dann das Schloß selbst. Eine breite Allee, ein Ehrenspalier altehrwürdiger knorriaer über 200 Jahre alter Linden geleitet uns zum Schlosse, das im Neiße- und Wittig-Winkel auf dem Platze des alten Schlosses Radmeritz inmitten alter achtunggebietender Baumriesen träumte. Noch verbirgt steh der schöne Bau hinter grünen Baumkronen und einem mächtigen steinernen Portal iin Hintergrund. Auf einer Steinbrücke mit kunstvoll geschmiedetem Eisen geländer, der „M ännelbrücke", überqueren wir die Wit tig, die hier seit 4845 die preußische von der sächsischen Ober lausitz trennt. Den Eingang und Ausgang der Brücke schmücken je zwei überlebensgroße mythologische Sandsteinsiguren. Dann schwingt sich eine zweite Brücke über den Wallgraben, der die ganze Schloßanlage umgibt, und nun führt uns der Weg durch das prächtige in derbem Barock gebaute Hauptportal in den Schloßpark. Den Schlußstein des Portales schmückr das Hieg- lersche Wappen. Hwei prachtvolle Fichten halten still die Wacht Hinterm Portal, und dann liegt der wundervolle harmonische Bau des Schlosses mit seinen Nebengebäuden und künstlerischen Gartcnanlagen, umkost vom Morgensonnenschein, in seiner gan zen Schönheit als ein lachendes Juwel vor uns. Neben dem Eingang sonnen sich links ein Verwaltnngs- und rechts ein Wirtschaftsgebäude. Rechts sehen wir den Ncarstall H a n ö N a u m a n n, z. Ht. im Felde. und die alte 4697 erbaute Dienertvöhuung, in der heute die Stiftsschänke zu einem kühlen Trünke einlädt. Das linke Gebäude enthält das Forst- und Rentamt. Es steht an Stelle des 4723 abgebrochenen Herrenhauses, wie eine In schrift besagt. Dann treten wir iu den Ehrenhof, vor den stch quer eine, Balustrade legt, auf der zwei Sphinxe ruhen. Weiter schrei tend teilt sich dann der Fahrweg und führt um den etwas ver tieft angelegten Wiesenplatz zum Schlosse. Den Wiesenplatz umgeben Wege und Rasenstreifen mit streng verschnittenen feierlich ernsten Tarushecken und Blumen geschmückt. Das Ganze umgibt eine mit Putten und Vasen in verschwenderischer Fülle verzierte Stcinbalnstrade. Hicgler nannte die kleinen, jetzt grau verwitterten, aber immer noch lebensvoll drein schauenden Figuren seine „Kinder". Hinter der Steinbalustrade ziehen sich schattenspcndende Kastanienalleen, und dann bilden je ein Pavillon das Kavalier- und das Gartenhaus, äußerlich an Gebäude im Dresdner Hwinger erinnernd, den seitlichen Abschluß des Gartens. — Den Gesamtabschluß der prächtigen altfranzösischen Garten anlage bildet dann das Schloß selbst. Es besteht aus einem Mittelbau mit Risalit, zwei Flügeln und einem rückwärtigen Anbau für die Treppe. Während das Erdgeschoß durch Ouader- linieu waagerecht betont ist, sind die beiden Obergeschosse durch eine korinthische Pilastergliederung zu einer senkrecht aufstreben den Masse zusammengezogen worden. Ein seiner Wechsel von lagernden und senkrechten Baukörpern! Noch prachtvoller säst ist die Gartenseite des Schlosses mit dem Haupteingang, einem mit Ueppigkeit und Schwere ausgestatteten Barocktor, dessen Bekrönung eine mit vier Vasen geschmückte Balustrade bildet. Ebenso schön ist das im allgemeinen nicht zugängliche Innere des Baues, insbesondere, die beiden prächtigen Säle, die mehr iin Rokokostil gehalten sind. Die ganze Anlage ist, wie schon erwähnt, von dem Kammer herrn Joachim Siegismund von Hiegler und Klipphausen auf Radmeritz, Niecha und Mnrkersdors, dem Sproß eines uralten meißnischen Geschlechtes, erdacht und nach Pläne» von Pöppelmann, Karcher und Christian Bayer erbaut, lieber sein Leben und ^Wirken war bis vor einiger Heit so gut wie gar nichts bekannt, bis es dem Altmeister Oberlau sitzer Geschichtsforschung, Herrn Prof. D r. Jocht in Gör litz, gelang, im Stiftsarchiv 38 Hauskalender aufzufinden. „In sie trug er seine Gedanken und Pläne ein, in sie schrieb er Er eignisse seines Lebens und Maßnahmen und Ausgaben bei seinen Bauten ein. Die Ouelle ist mitten aus seinem Leben heraus ent standen, eine Kundgebung des Augenblicks. Dabei bloß für ihn, nicht für andere bestimmt, und deshalb lauter und ungeschminkt." (I e ch t, N. Joachim Siegismund von Hicgler und Klipp hausen, Festrede, gehalten am 47. Juni 4922 in Joachimstein. N. Laus. Mag. 98, Görlitz 4922, S. 64—97). Seine Haupttätigkeit entfaltete er in seinen Bauten. So errichtete er nene Wirtschaftsgebäude und ein neues iWohnhanS