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Seit wann kennt man in unterer Heimat Sonnwendkeuer und Zokanniskeiern? Die Johannis- und Sonnwendfeuer und die zu dieser Zeit veranstalteten feiern gehörten früher und gehören ganz beson ders in der Gegenwart zu unsern volkstümlichsten und weit verbreitetsten Bräuchen, lieber die Sonnwend- und Johannis feuer schreibt ein deutscher Volkskundler der Vorkriegszeit u. a. folgendes: Wenn wir uns am Johaunisabend in den Vorbergen der Sudeten befinden, sehen wir Hunderte solcher Johannisfcucr leuchten. Sie machen schon an und für sich einen erhebenden Eindruck. Aber hinter ihnen flammt ein Stück alten Volks tums auf, das uns belehrt, wie unsere Vorfahren in ihrer WÄse die Rätsel der Natur zu lösen suchten. Alles Eifern der Geistlichkeit gegen diese altheidnische Sitte, die mahnenden Worte des heiligen Elegius im 7. Jahrhundert, wie vie Be stimmungen dagegen, die von Burchard von Worms hcrrühren, sind vergeblich gewesen. Ja, die Deutschen Böhmens haben an ihr sogar den nationalen Gedanken entfacht und sehen in den Johannisfeuern ein Stück ihres Volkstums, das sic mehr als jede andere volkstümliche Sitte pflegen. So uralt die Johannisfeuer in deutschen Landen auch sind und so tief eingewurzelt sie sicher im Volksbewußtsein sind, so verhältnismäßig spät treten sie in den schriftlichen Ileberliefe- rungen unserer engeren und weiteren Heimat auf. Zuerst haben wir sie einwandfrei beglaubigt in den sudeten deutschen Bergen gefunden, und zwar in der Zeit des Sieben jährigen Krieges. Als Zeugnis mag eine Stelle aus dem Briefe eines preußischen Offiziers gelten, der im Jahre 1757 nach der Schlacht bei Kollin auf dem Rückmärsche abgefaßt worden ist. In dieser 480 Jahre alten Niederschrift lesen wir: Auf dem NTarsche- nach Leitmeritz hatten wir eine Erscheinung, die bei der Gemütsstimmung, worin sich jeder nach der kürzlich sich ereig neten Katastrophe (Niederlage) befand, um so mehr Sensation machte. In der Nacht zwischen dem 23sten und 24sten Junius erblickte man in dem nahegelegenen Gebirge, welches Böhmen von Sachsen trennt, auf einmal über hundert große steuer. Die in der Nähe gelagerte Armee wurde dadurch aufgeschreckt, und der wir in der ßegenwärtigen Lage immer das Schlimmste arg wöhnen zu müssen glaubten, so nahmen wir diese Erscheinung für Wachtfeuer an und mutmaßten daher, Prinz Karl habe ein Korps nach dem Gebirge gesandt, um uns den Rückzug abzu schneiden, während er die Armee angreifen wollte. Es wurden sogleich mehrere Patrouillen abgefertigt, um genauere Nach richten einzuziehen: wir wurden aber bald wieder beruhigt, als wir erfuhren, daß die schreckenden steuer bloß durch die Ge birgsbewohner angelegt worden waren, welche die Gewohnheit haben, dem heil. Johannes an seinem Namenstage auf diese Weise ein Opfer zu bringen. Aus unserer engeren Heimat, der Oberlausitz, haben wir aus der ersten Hälfte des 49. Jahr hunderts mehrere Nachrichten von den auf Bergen und Feld höhen entzündeten Johannisfeuern oorgefunden. Erstmalig hören wir von diesen Belustigungen in einer Be schwerde des Bergwirtes auf der Lausche an den Rat der Stadt Zittau, aus der zu ersehen ist, daß es bei diesen Johannisfeuern mitunter recht toll zugegangen sein mag. So schreibt der Lausche wirt am 26. Juni 4833 in seiner Eingabe u. a. folgendes, daß „schon mchrcrcmale, zumeist aber am letztvergangenen Johan nis-Abende, ihm (dem 2Lirte) empfindlicher Schaden durch Ruinierung der auf der Lausche errichteten Gcbäuvc und Re vieren verursacht worden sei". Ein früher vielgelesener Romanschriftsteller unserer Heimat, Ernst ^Willkomm aus Hcrwigsdorf bei Zittau, gedenkt in sei nem 4840 erschienenen Buche „Der Traumdenter von St. Georgenthal" eines Johannisabends auf dem Oybin. Er tut dies auch in der 4846 veröffentlichten Novcllensammlung „Blitze" mit bezug auf den Löbauer Berg in der Ntärchen- novelle „Der Geldkeller". Kürzere ältere Schilderungen der Johannisfestfeicr in der Ostoberlausitz finden wir in den ortsgeschichtlichen ^Werken von Schadewalde bei Nlarklissa aus dem Jahre 4842 und Königs hain bei Ostritz von 4858. In jenem Orte berichtet der Chro nist, daß hier „früher die Leute am Johannistage mit brennen den Gegenständen um das Getreide liefen, in dem Aberglauben, dasselbe dadurch vor Hagel und anderem Unglück zu bewahren". Aus diesem Bericht ist die Bedeutung der Johannisfeuer als „Hagelfeuer" klar ersichtlich. In einer angesehenen Dresdner Leitung, der „Constitutio- ncllen Zeitung", wird in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts alljährlich auf den schönen Brauch der Johannis feuer aufmerksam gemacht und dabei u. a. der Schleifbcrg, Valtenberg bei Neukirch und die Lausche als Standort zu ihrer Beobachtung empfohlen. Doch sei, wie wir aus eigener Erfahrung feststellen können, bemerkt, daß auf den erstgenannten, dem Mittellausitzer Berg lande augehörenden Bergen selbst bis in das gegenwärtige Jahr hundert hinein die Johannisfeuer noch zu den seltenen Erschei nungen gehörten. Ihre Stelle nahmen bis dahin die heute noch in der mittleren und nördlichen Oberlausitz weitverbreiteten Walpurgisfeuer ein. 'Wenn die Johannisfeuer auch bei uns in der jetzigen Zeit ebenbürtig an ihre Seite getreten sind, so hat dies einen Grund in der zunehmenden Erkenntnis ihrer volks kundlichen und deutschvölkischen Eigenart — sie sind als rein deutscher Brauch zu bezeichnen — und dem Bestreben der In haber unserer zahlreichen Bergausflugsziele, der Johannisabend feier eine besondere Anziehungskraft zu verleihen. O. Sch. Lin Unwetter im Ligenschen Meis im Zuiii 1880 (Nach Tagebuchaufzeichnungen des 4857 zu Weifa geborenen und 4935 daselbst verstorbenen Oberlehrers i. R. Vvilhelm iW olf, damaligen Hilfslehrers in Kiesdorf) Als wir Sonntag, den 43. Juni, mit der Post von Löbau fuhren, wurde uns erzählt, daß der Eigensche Kreis am 42. von einem furchtbaren Hagelwetter heimgefucht worden wäre. Bauerngutsbesitzer Evler neben der Kirche holte uns mit dem Planwagen von Bernstadt ab. Spät kamen wir nach Schönau und hörten nun Genaueres. In der Kirche hätten die Schloßen nicht iveniger als 483. Fensterscheiben zerschlagen. Meine nach malige Schwiegermutter war mit M. nach dem Unwetter nach Kiesdorf gegangen, um nach der Schule zu sehen. Hier hätte es eine Stubenfensterscheibe zerschlagen und das Wasser habe in der Hausflur gestanven. Ich blieb die Nacht in Schönau. Als ich früh nach Hause ging, sah ich erst, wie groß der Schaden war. Die Saaten, die so herrlich gestünden hatten, sahen aus, als wenn sie niedergewalzt worden wären. Die Bauern hatten dieses Jahr keine Getreideernte. Es sollte jedoch noch schlimmer kommen. Schon früh stach die Sonne fürchterlich. In der zwölften Stunde kam ein schreck liches Gewitter mit ^Wolkenbruch. Der Regen machte ein solches Geräusch, daß man nichts mehr vom Donner Hörte, auch fiel ec so dicht, daß man nicht drei Schritt weit sehen konnte. Die Blitze erschienen als dünne bläulichrote Fäden. Obgleich die Fenster alle sorgfältig geschlossen waren, füllten sich doch die tönernen Fensterkästen in allen Stuben des Hauses in wenig Minuten. Endlich war ich nicht mehr imstande, sie auszugießen. Mir wurde in meiner Einsamkeit so angst, daß ich mich an den Tisch setzte und das Bernstädter Gesangbuch ausschlug und ein Gewitterlied betete. Es sing an: Es zieht ein ernstes Wetter auf, Gott bringt des Wassers viel zuhauf. Ilnterdes ging die Haustür, uno einige Nachmittagskinder kamen in die Schule. Ich bin später auch in die Schulstube gegangen. H^2 kamen der Nieder-Kiesdorfer Müller Heinrich und die