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den großen Vorzug der Billigkeit und, was im Wesen oec Sache liegt, c>en der schnellen Herstellung. Unter mehreren klei neren Beschäftigungen, die in Privathänvc übergingen, kam Vas Jahr 1 8 4 2 heran, welches meiner Erinnerung (nach) eines der schmerzlichsten bleiben wird, denn in ihm verlor ich drei auf richtige und teilnehmende freunde durch den Tod. Erst starb mein alter guter Hartmann, ihm folgte der Hofra t Haase, und den Beschluß machte am (Weihnachtsfeste meine unvergeßliche Wohltäterin die Ar au v o u W e ß e n i g. Teils um mich einem Freunde anzuschließen, teils aber auch um mich wegen meiner letzten Verluste zu zerstreuen, unter nahm ich im Januar 1 843 eine Reise nach Paris. Da es unsere Absicht war, London mit zu besuchen, so setzten wir unsere Reise fort bis Havre de Graze. Dort aber wurde mehrerer Hinternisse wegen feuer 2Vmisch ausgcgeben, und (ich) trat demnach den Rückweg zur See allein über Hamburg an. Dieser Ausflug, welcher im ganzen aegen zwei (Monate dauerte war für mich von den wohltätigsten Fol- gen, indem ich aus ihm viel neues und interessantes kennen lernte. Iurückgekehrt war cs mir nun einmal wieder möglich etwas anhaltender als gewöhnlich, mich dem Oelmalen widmen zu können. Doch aber wurde ich durch einen Auftrag der Stadt (Meißen behufs der Feier des Afrafestes wieder unterbrochen. Diesem folgten später wieder Aufträge des Prof. Semper für den Saal der Harmonie, Im Winter wurden einige Por- traits gemalt und die Skizzen für die von Semper in Ham burg erhaute Apotheke entworfen, welche von Juni bis August 1844 alldort in Sgraffitto von mir ausgeführt worden. Mach geendigter Arbeit benutzte ich die Mähe der See und des Mordens, um diesen etivas näher kennen zu lernen. Ich reiste am 2. September von Hamburg nach Lübeck, wovon mich vorzugsweise oie herrliche« Iiegelbauren im Spihbogenstil zogen, schiffte mich daselbst in Kopenhagen ein, wo ich meine Reise vurch herrliche Sammlungen für Kunst uns (Wissenschaft, soweit mir Laien nämlich letztere genießbar ist, reichlich helohnt fang, von oorr aus vrang ich noch bis H e l -- singör hinauf, nm Fredericks borg aus dem Lanvrück- weg kennen zu lernen. Schweden mußte ich wegen der schon so vorgerückten Jahreszeit ansgebeu, nnv e s führt e m i ch meine W eiterrciseüberRo stock na chvecInsel Rügen, die für den Freund germanischer Vorzeit so überaus interessant ist. Heber Ber - l i n gelangte ich Anfang Oktober wicver nach Dresden zurück. (Meine derzeitige Beschäftigung trifft vie Vervollkommnung einer in Gemeinschaft mit oen Herren Seclig und W a n - strat bereits vor meiner Abreise nach Hamburg gemachten Erfindung, nämlich Radierungen ans eine leicht z m bearbeitende (M a s s e z n machen, oie dann aus gal- vauoplastiscbcm Wege vervielfältigt werden können, wobei ich für meine Zwecke noch besonders zu erreichen suchte, daß man oie so gewonnenen Platte« auch zum Abdruck beuutzeu kann.. (Was die Errcichuna von Platten ans dem angegebenen (Wege betrifft, so ist diese Absicht gelöst, indem schon einige im Durch messer von 26 Ioll in zirkelrunder Form erreicht wurden. Ob ste aber zum Kupferdrucke anzuwenden sind, steht noch zu er-- warten, doch aber ist die beste Hoffnung vorhanden. Schließlich noch oie Bemerkung, oaß ich seit 1840 (Mit glied des Alterkumsoercins, seit ungefäbr derselben Heit (Mit glied des Kunstvereins und seit einem Jahre meine Pflicht als- Stadkbeschützer in den Reihen der Komunalgarde Genüge leiste- Dresden, am 10. Januar 1846. Roll e". ZUM 80jimrigen Todestag des Wdhauers Lrnlt Nietlchel Ledenken an einen berülMlen Sohn der Oberlaulih In dem westlausitzer Städtchen Pulsnitz steht noch sein Ge burtshaus, an dem eine schlichte Gedenktafel daran erinnert, daß hier Ernst Rietschel am 19. Dezember 1804 geboren wurde. Er war das dritte Kind seiner Eltern, die in dürftigen Ver- bältnifsen — sein Vater war Handschuhmacher — lebten. Von seiner Kinderzeit und seinen ersten Lehrjahren als Künstler hat er selbst in seinen „Iugenderinnerungen" in fesselnder (Weise berichtet. Sein Lebensweg führte ihn über Dresden nach Ber lin. Hier trat er im Jahre 1826 in das Atelier des Bildhauers Ehristian Rauch, eines (Mannes von europäischem Ruf. Dieser erkannte sehr bald die reichen Fähigkeiten seines neuen Schülers. Er nahm sich seiner in überaus wohlwollender Weise an und ivar von größtem Einfluß auf Rietschels Kunstschaffen. Bis 1833 hat Ernst Rietschel unter Rauchs Leitung gearbeitet und in dieser /seit nicht nur die wichtigsten technischen Regeln seiner Kunst, sondern auch eine vertiefte geistige Auffassung seines Berufs von seinem (Meister gelernt. Bis zu Rauchs Tode verband die beiden (Männer eine herzliche Freundschaft. Für eine hervorragende Preisarbeit „Penelope und Ulysses" erhielt Rietschel im Jahre 1828 von der sächsischen Regierung ein Reisestipendium nach Italien. Im Jahre 1829 ivar er zunächst noch in (München tätig, ivo er Rauch bei der (Modellierung uno dem Guß des König-Max-Denkmals bei stand. Im Jahre 1830 wanderte er mit einigen Freunden nach Italien, wo er ein halbes Jahr verblieb. Reich an Anregungen und Plänen kehrte er nach Deutschland zurück. Fast zwei Jahre arbeitete er in Berlin noch unter Rauchs Leitung an der Haupt figur des Dresdner Friedrich-Angnst-Deukmals. Machdem das Staüdbild im (Modell fertig ivar, berief ihn die sächsische Ne gierung zum Professor der Bildhauerei an der Kunst akademie zu Dresden. Hier ist er bis an sein Lebens ende, ehrenvolle Berufungen nach (München. (Wien und Berlin ablehnend, böcbst erfolgreich tätig gewesen. Die größte (Meister schaft hat Rietschel in dem sicheren Erfassen ges ch i ch t - lichcr Persönlichkeiten bewiesen. Edle Begeisterung der /süge und treue Maturwahrheit in Körper und Kleid wußte- er zu monumentaler Größe zu verbinden. Das Friedrich-AugusE Denkmal im Dresvner Zwinger kam 1843 zur Aufstellung- Die Entwicklung seines künstlerischen Höhenstrebeus zeigt das 1847 entstanvene Denkmal des Landwirtes Tharr in Leipzig. Mit dem Denkmal seines Landsmannes Lessing für Braum schweig erreichte Rietschel seine Meisterschaft. Leider war es dein Künstler nicht vergönnt, sich ihrer lange zu erfreuen. Die An strengungen, die aus der großen Gewissenhaftigkeit erwuchsen, mit der. Rietschel jede Arbeit erledigte, hatten seine Kräfte' untergraben und ihm ein schweres Lnngenleiden zugezogen. Dazu kamen noch schwere Schicksalsschläge in seiner Famile. Im Jahre 1847 begrub er seine dritte Gattin. Durch eine zweite' Reise nach Italien, 1861—1852, und ein viertes Ehebündnis besserte sich sein Gesundheitszustand wieder und er schuf in den folgenden Jahren das berühmte Doppelstandbild Goethe Sund Schillers in Weimar. Damit hatte ed den Gipfelpunkt seines Kunstschaffens erklommen, durch alle' deutschen Gaue erscholl sein Ruhm. Und als man daran ging, dem großen Reformator Luther in (Worms ein Denkmal za setzen, konnte nur Rietschel in Frage kommen. Obwohl sich seine Krankheit aufs neue an ihm bemerkbar machte, übernahm er doch diesen größten ihm zuteil gewordenen Auftrag. Er konnte die Arbeit freilich nicht vollenden. Am 2 1. Februar 1861 entriß ihn der Tod seiner Kunst und seinem Werk. Das Riesemf standbild Luthers und eine Sockelfigur hatte er noch im (Mo- dell fertigstellen können, das übrige führten seine Schüler nach seinen Entwürfen aus. Es steht außer Zweifel, daß Ernst Riet- schel zu den großen Söhnen unserer Heimat gehört. Seine Ge- hurtsstadt Pulsnitz hat ihn durch ein Standbild und anders Dankzeichen geehrt. In Bautzen erinnert die „Rietschelfeier"! am Stadttheater und die Bezeichnung „Nietschelstraße" arO unfern berühmten Lanvsmann. —e.