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Zohann Vottlieb Achtes Leben und leine Ahnen Vortrag von A r m i n D r e ß l e r, Vorsitzer des Ortsvereins Rammenau, gehalten während des DÄntertreffens der west- lausitzer Verbandsvereine in Rammenau am 3. März Alls langjähriger Fichte-Forscher ist es mir gelungen, zwei Lücken in der Reihe der Ahnen Fichtes zu schließen und zu erforschen. Lange Jahre schon ist nach den Ahnen der Groß mutter Fichtes sowie nach der Urgroßmutter gesucht worden. Die Urgroßmutter hieß Maria Bader, ihre Vorfahren waren im Nachbardorf Bretnig zu Hause. Seine Großmutter war Anna Rosina Weidner, dieselbe stammte aus Frankenthal resp. Bühlau. Bei letzterer konnte ich noch vier Generationen erkunden. Der Urahne Fichtes in der fünften Generation zurück war Nlarrhänö Fichte. Er ist vor 4600 geboren, wo, wissen wir nicht. Er hatte zwei Söhne und eine Tochter, der ältere hieß wieder Matthäus, der jüngere war Martin. Nach diesen bei den ist die Familie in zwei Linien geteilt. Matthäus und Mar tins Linie — der Philosoph stammte aus der Nlatthäus-Linie —, es war die Linie der Häusler. Die Sage berichtet nun, daß der erste Matthäus Fichte als verwundeter schwedischer Wacht meister im Dorfe liegen geblieben sei, wo er später die Tochter seines Ouartierwirteö geheiratet habe. Doch diese Behauptung ist deshalb nicht glaubwürdig, da Matthäus Fichte bereits 4627 verheiratet war und sein ältester Sohn Matthäus geboren wurde, während Gustav Adolf mit seinem schwedischen Heer erst 4632 in den Krieg eingriff. Auch haben in diesem Jahr nachweisbar keine Truppen in unserer Gegend gelegen. Fichtes Gesichtöbildung nach zu urteilen möchte ich fast behaupten, daß aas Geschlecht Fichte nicht nordischer, sondern dinarischer Ab stammung zurückzuführen ist. Festgestellt habe ich, daß der Name Fichte vor 4600 in keinem Kirchenbuche der weiteren Um gebung Rammenaus zu finden ist, auch selbst im Staatsarchiv nicht. Arm, wie Fichte geboren wurde, ist er gestorben. Er er blickte am 49. Mai 4762 in Rammenau das Licht der Welt als erster Sohn des Bandmachers Christian Fichte. Seine Mutter war Johanna Dorothea geb. Schurich aus Pulsnitz. Ihre Ahnen stammten aus Großröhrsdorf. Fichtes Geburts haus, die alte Pfarrpachterwohnung stand im Pfarrgarten, dort, wo heute die Pfarrscheune steht. Früh schon fiel Joh. Gottlieb Fichte dem OrtSpfarrer Wagner auf durch sein stilles träume risches ADesen; er beschäftigte sich hauptsächlich mit der Natur. Durch sein Einwirken gelang eö, daß sich der Freiherr Ernst Haubold von Miltitz auf Siebeneichen sich des begabten Knaben annahm und für seine erste Ausbildung sorgte. Da sich der Knabe Fichte im Schloß und seiner Umgebung nicht einleben konnte, gab er ihn ztnn Pfarrer Krebel in das benachbarte Niederau. Dort wurde er mit zwei gleichaltrigen Kindern des Pfarrers erzogen und gelehrt. Im Pfarrgarten zu Niederau pflanzte er als lOjähriger Knabe zwei Linden, von deneü eine heute noch steht. Vom 4. Oktober 4773 bis 4. Oktober 4774 besuchte er noch die Stadtschule zu Meißen, um am 4. Oktober 1774 nach Schulpforta überzusiedeln. Hier wurde er sechs Jahre lang zu strengster Pflichterfüllung erzogen und gelehrt. Von 4780—84 studierte Fichte in Jena zunächst Theologie. Von hier aus ging er nach Wittenberg und schließlich nach Leipzig, wo er bis zum Frühjahr 4788 blieb. Durch seine Armut war Fichte darauf angewiesen, seinen Unterhalt durch Erteilung von Privatstunden selbst zu verdienen, da sein Wohltäter von Mil titz, 34jährig, in Italien bereits 4774, wo er sich zur Erholung aufhielt, verstarb. Die Privatstunden nahmen sehr viel Jeit in Anfpruch, so daß er zu keinem Abschluß seiner Studien kom men konnte. Von Leipzig ans begab er sich nach Zürich als Hauslehrer. In dieser Stellung war er vom 4. September 4788 bis zum Frühjahr 4790 tätig. Die größte Bedeutung hatte Zürich für ihn dadurch, daß er hier seine zukünftige Lebens gefährtin kennen lernte. Es war Johanna Rahn; ihre Nlutter war eine Schwester Kloppstocks. Ende Marz 4790, vor seiner Abreise von Jürich, verlobte er sich noch mit ihr. In Fuß ging er wieder nach Leipzig. Er vertiefte sich hier in die Kantsche Philo sophie. Dadurch wurde er in seinem Studium auf ganz andere Bahnen gelenkt. Er erkannte, daß er für die Theologie nicht geschaffen sei und widmete sich nun ganz der Philosophie. Ilm sich neue Verdicnstmöglichkeiten zu schaffen, begab er sich am 7. Juni 4794 nach Warschau, um in der gräflichen Familie von Platern eine Hauslehrerstelle anzunehmen. Es kam aber nicht dazu, da er sich mit der Gräfin nicht verstand. Er erhielt als Abfindung und Entschädigung 50 Dukaten. Von hier aus begab er sich uach Königsberg, um, wenn möglich, Kaut per sönlich kennen zu lernen. Ilm neuen Geldschwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, war er schriftstellerisch tätig. Er schrieb in der Jeit vom 43. Juli bis 48. August 4794 sein erstes großes Werk: „Die Kritik aller Offenbarungen", welches auch alsbald im Druck erschien und ihn mit einem Schlage zum berühmten Manne machte. Auf Vorschlag Kants nahm Fichte am 4. September 4794 eine Hofmeisterstelle an beim Grafen Reinhold von Krockow auf Krockow in Westpreußen. Hier war er tätig bis Frühjahr 4793. Diese Zeit war für Fichte eine glückliche und sorgenfreie. Hier in Krockow setzte man Joh. Gottlieb Fichte im Parke, wo er so oft spazieren ging, ein Denkmal, welches am 48. Au gust 4909 eingeweiht wurde. Im März 4793 trat Fichte die große Reise nach Jülich an. Ende April besuchte er feine Eltern in Rammenau. Mitte Juni kam er endlich in Jürich an. Am 22. Oktober 4793 fand seine Hochzeit in Baden bei Jürich statt. Die Hochzeitsreise führte ihn über Bern nach der französischen Schweiz. Nun konnte es ihm nicht mehr schwer fallen, eine Lebensstellung zu erhalten. Im Frühjahr 4794 wurde er zum ordentlichen Professor nacb Jena berufen. Am Tage vor seinem 32. Geburtstage (48. Mai) trat er sein neues Amt an. Er wirkte hier bis zum 9. Juni 4799. Am 3. Juli 4799 begab sich Fichte nach Berlin und be schäftigte sich hier als Schriftsteller und Privatgelehrter bis 4805. Im Frühjahr 4805 kam er als ordentlicher Professor nach Erlangen. Er hielt hier seine Vorlesungen 4805 und 4806. Im Dezember 4807 begann Fichte seine Reden an die deutsche Nation. Im Jahre 4840 wurde die Berliner Universität gegründet. Als erster Rektor und Dekan der philosophischen Fakultät wurde Fichte vom König berufen. Sein Amt als erster Rektor begleitete er nur bis zum 44. Februar 4842, als er um seine Enthebung bat. Im Frühjahr 4808 war Fichte das erstemal ernstlich er krankt. Jur Genesung besuchte er die Bäder Warmbrunn und Teplitz. In Teplitz traf er mit Goethe zusammen. Als Fichte auf der Kurpromenade spazieren ging, prägte Goethe seinen be rühmten Ausspruch: „Dort geht der Mann, dem wir alles verdanken." Im Jahre 4844, auf der Rückreise von Teplitz, besuchte er das letztemal seine Eltern in Rammenau. Durch die schweren Kriegswirren 4843 veranlaßt, stellte sich die Frau Fichtes im Hochsommer als Krankenpflegerin zur Verfügung. Durch ihre schwächliche Gesundheit war sie An fang Januar 1844 vom Lazarettfleber gepackt worden. Sie war zum Sterben erkrankt, so daß man an eine Genesung nicht mehr glaubte. Durch eine Ilebertragung wurde Fichte selbst schwer krank. Während seine Frau der Genesung entgegen ging, ging es mit ihm dem Ende zu. Fichte schloß seine Äugen für immer Sonnabend, de» 29. Januar, früh 5 Ahr, zu früh für seine Angehörigen, zu früh für sein deutsches Vaterland. Am 34. Januar 4844 wurde Fichte auf dem alten Dorothen- Friedhof in Berlin unter großer Beteiligung beerdigt. Sein Grabmal trägt die Inschrift: „Die Lehren aber werden leuchten wie des Himmels Glanz und die, so viele zur Gerechtigkeit wie der Sterne immer und ewiglich"