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4Ü6 Okerlausitz e r e i m 3 i k>ir. jO Zu Theodor Römers 150. Geburtstag am 25. September 1941 Groß ist die Freude, als am 23. September 1791 dem Herrn Oberkonsistorialrat Dr. jur. Christian Gottfried Körner in seiner Wohnung in Dresden-Neustadt im Haus des jetzigen Körner-Museums neben oem japanischen Palais der so ersehnte Stammhalter geboren wird, jivar kommt das Kind zu zeitig zur Welt, die jMutter (oie Tochter (Minna des leipziger dvupferstechers Stock) leidet auch diesmal sehr, der Arzt muß Helsen, aber Mutter und Kino erholen sich rasch. Die normale Entwicklung des gesunoen, wenn auch zarten Knaben tröstet die Eltern über den Verlust ihres Erstgeborenen. Nun bekommt auch Anna den so gewünschten Spielkameraoen. Welches Leben bringt dieser neue Erdenbürger in das wahrhaftig nicht mono tone Haus. Besuche uno Glückwünsche wollen kein Ende neh men. Der Brief 0eö verehrten und viel umsorgten freundes Schiller läßt die heiteren uno unbeschwerten ersten zwei Jahre oer Ehe und des Hausstandes, den Kauf und die Einrichtung des Weinberghauses in Loschwitz, oas so anreaende Zusammen leben mit dem großen Freunde wieder fühlbar nahe kommen, ja, Göschen wird warten müßen auf Körners (Manuskript des Oxenstierna. Die Hausfrau muß oie Ntul'k und Tante Tora den Pinsel vernachlässigen. Aber es kommen wieder stillere jahre. Die zarte Konstitution des kleinen Karl (Theodor) kräf tigt sich, uno Schiller findet im Frühjahr 1792 bei seinem be such in Dresoen den Dreiviertejjährigen gesund und kräftig. Die gute Lust, die Sommer in Loschwitz, die sreigelegene Stadt wohnung an der Elbe, die (Möglichkeit für die Kinder, im Palaisgarten zu spielen, kräftigen sehr und wecken früh die Ver bundenheit mit der Matur. Her Vater erkennt sich und der Remter sprühende Lebendigkeit uno deren Hang zur Schwärme rei in oem Sohne, dessen frühe Aufgeschlossenheit und Reife zur Vorsicht mahnen, Geist und Herz nicht auf Kosten des Körpers zu entwickeln. So ist Bremsen nötiger als Fördern, zumal der junge in dem geistig hochstehenden, gepflegten Elternhause durch oen Verkehr der Eltern mit bedeutenden Manschen Eindrücke erhält, die sich seinem empfänglichen Gemüt tief einprägeu. Nie vergißt er den Besuch Schillers 1801, der mit seiner Frau, seinen beiden Söhnen, Karl uno Ernst, die beide jünger als die Körnerschen Kinder sind, und mit seiner Schwägerin Karoline von Wolzogen drei Wochen im MÄnberghause wohnt, das Körner aus beruflichen Gründen oieseS jahr nur zum Wochen ende benützen kann. Aber die Familie fährt viel hinaus. Her Herbst reift den Wein, das (Wasser des Flusses liegt wie flüs siges Golo im Abendschein „beim Gondeln". Und Schiller muß oie Kiefern besehen, die der Vater bei der Geburt der Kinder pflanzte. Und klopfenden Herzens steigt Karl (Theodor) dem verehrten und bewunderten Dichter nach, hinauf in das Garten häuschen im Weinberg, das Schiller mit herzlicher Freude uno stiller Wehmut wredersieht, die Wiege seines Don Carlos. Uno aus belauschten philosophischen Gesprächen bleiben dem Zehnjährigen Wörter und Sätze im Kopfe hängen, ungereimt, aber langsam geht der Same auf, nach 10 jähren haben sich oiese Erlebnisse verdichtet zu den Strophen „Dresden". Von nun an verpaßt der kleine Körner keinen der vielen und regel mäßigen Briefe Schillers an den Vater, keine Vorlesungen Schillerscher (Manuskripte. Er spürt wohl den starken Strom, oen hochfliegenden Geist. Was Wunder, wenn er sich vor nimmt, dem Dichter nachzutun! Des jungen Uebernraß muß gebändigt, seine Kraft geleitet werden. Unter der stillen, strengen Ordnung von Hauslehrern, gehütet im Schutz des elterlichen Hauses, wird Theodor bis zum 17. Lebensjahr wohl gebildet und vorbereitet für das Universitätöstudiuru. Her Schritt ins Leben kommt unvorbereitet, plötzlich. Ohne das Elternhaus vor her jemals verlassen zu haben, bezieht Theodor im Sommer 1808 die Bergakademie zu Freiberg. Die Wohlhabenheit des Vaters gewährt ihm ein von pekuniären Sorgen freies Stu dium, gibt ihm aber auch die Freiheit, unter der anstürmenden Fülle der neuen Eindrücke ganz seinen Neigungen nachzugehen. Und dem starken Einfluß der besten Köpfe Freibergs nach gebend, vertauscht Theodor bald das Studium der Bergwissen saft mit dem der reinen Naturwissenschaften. Und seine Kind- heitsvorlicbe wird zur jugendliebe: Er vergißt über dem Gc- dichtschreiben das andere, die Kollegs. Der Vater, wohl etwas besorgt, aber überzeugt von den starken, guten Anlagen seines Sohnes und im Vertrauen auf dessen Verantwortlichkeit, läßt ihn nicht nur gewähren, sondern ermuütert ihn gelegentlich, wenn auch nicht ohne deu Vobehalt, trotzdem dürfe ihn als Bergstudent keiner übertreffen. Mit vollen /fügen genießt der Student die Freiheit, die Selbständigkeit, die (Welt, die Natur. Wäre er anders gesund und stark! Er unternimmt kleine Rei sen, er wandert viel, er erlebt oas Riesengebirge, er taucht wieder unter in die Freuden des Wintersemesters. Der Vater gönnt ihm die Ungetrübtheit der Jugend, aber mit der leisen Sorge, der Sohn möchte den Blick für die Wirklichkeit ver lieren, möchte die Notwendigkeit einer „Existenz" im Leben nicht mehr einsehen wollen. Hoch der Vater schulmeistert nicht, auch scheint ihm der Niederschlag der Erlebnisse der Studien semester in den Gedichten über das Bergmannsleben, über die Natur, scheinen ihm die Liebes- und Gelegenheitsgedichte des Sohnes sogar der Veröffentlichung wert. Er bietet sie seinem Freund Goschen an, der sie für das Svmmerseinester 1810 nimmt. Immerhin, ein Wechsel der Universität, der Diszipli nen, könnte den Sohn wohl reifer, zielstrebiger machen. Her Vater ahnt nicht, daß sich Theodor in die Parteizänkereien der Leipziger Studentenschaft verstricken wird. Nicht nur, um einer Carcerstrafe wegen einer Duellsache zu entgehen, sondern ans starkem, reinem Instinkt, sich und seine jukunft zu retten, flieht Theodor mitten im Wintersemester 1810 aus Leipzig, der (Wirkungöstadt seines streng protestantischen Großvaters, des Superintendenten der Thomaskirche, der Stadt, in der sein Vater eine strenge Jugend und eine ebenso strenge Studienzeit verlebt hat, wo dieser mit 23 Jahren die Doktorwürde erwarb uno als Privatdozent Vorlesungen hielt. Der Vater, weise als Erzieher, kennt auch jetzt, trotz seines Kummers uno seiner ernsten Sorgen, keinen Vorwurf. Sein Vertrauen in die kraftvolle, edle Anlage seines Sohnes siegt. Er verpflichtet ihn mir, im Ton unbedingter Milde, „ich weiß, daß Äu untahig bist, un edel zu handeln", dies könne er jetzt in Berlin beweisen, „und von allem Vergangenen wird alsdann unter uns nie mehr dis Rede sein". Aber Berlin täuscht doch alle Hoffnungen, diesmal ohne jede Schuld Theodors, den eine Krankheit bald ins Eltern haus und dann die Genesung nach Karlsbad zwingt. Diese stille Jett klärt vieles in ihm, und die Berührung mit Goethes (Werken erschüttert und verpflichtet ihn: ,)Was nie das junge Herz zu ahnen wagte, du sprichst es aus mit ungeheurer Kraft" und „weit in die Ferne schweifen die trunkenen, freudigen Blicke". Er wird sich klar, daß er zum Dichter geboren ist, wenn er auch, diese Beichte dem Vater abzulegen, noch nicht den Mut hat. Der Vater drängt den Sohn zu einem bürger lichen Beruf, „ein ernstes Geschäft auszuführen". Er sucht nach einer Gewähr, dieses jiel für seinen Sohn zu erreichen ohne Gewaltmaßnabmen und findet die Lösung, indem er ihn in Wien dem Kreise der Humboldts und Schlegels zuführt. Daß dec Vater damit recht tut, wenn auch in anderem Sinne, als ec zuerst glaubt, beweist der Familie das Weihnachtsgeschenk (1811) des Sohnes, zwei Lustspiele und ein Operntert und die Neujahrsbotschaft an den Vater, die Generalbeichte, in dec Theodor sich zur Dichtkunst bekennt und das Studium als ver tanes Leben verwirft. Vor dem Spiegel der Großen in (Wien, im Kreise des preußischen Gesandten, Wilhelms von Humboldt, im Hause Schlegels und alter österreichischer Adelsfamilien fühlt sich Theodor 'verpflichtet, sein Bestes, sein Letztes zu geben. Er sieht sein Leben vor dem großen Hintergrund des europäischen, des deutschen Geschehens. Has klärt ihn, das reist ihn. Seit Sachsen dem Rheinbund angehörte, lag die politische Spannung auch drückend auf dem Elternhaus, aber hier sprach man nur gedämpft davon. In Wien wird 1809 an dem neuen Deutschland geistig mit gebaut. Der Sieg von Aspern ist da. Napoleon muß fallen. (Welcher frische Wind! (Welche Stoß kraft! Welches große jiel für große Kräfre! Es lohnt sich, zu leben, zu arbeiten. Es erklingt: „Ans, deutsches Volk, erwache" und „Der Freiheit TL eg geht onrch des Todes Schmerz". Theodor besingt den Sieg, das Haus Oesterreich mit einer >