Volltext Seite (XML)
Wandern und Zremdenverkedr Von Georg Fahrbach, Führer des schwäbischen Albvereins „GS kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß die Landesfremdenverkehrsverbände und die ihnen als Pflicht mitglieder angeschlossenen Fremdenverkehrsgemeinden als beson dere Aufgabe ihrer KriegStätigkeit die Förderung deö Wanderns zu betrachten und demgemäß zu handeln haben. In Wrürttem- berg ist auf Weisung des Leiters des Fremdenverkehrsverbandes ^Württemberg, oes Gaupropagandaleiters und Gaukulturwalters Iltauer, bereits Verbindung mit den Wanderverbänden zwecks zielklarer Zusammenarbeit ausgenommen worden. Das Beirat-s- mitglied dieses Landesfremdenverkehrsoerbandes, Direktor Georg Fahrbach, gibt in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Schwä bischen Albvereins in der Hcimgtzeitschrift „Schwabenland" Fingerzeige über erfolgreiche Förderung des Wanderns durch die Landesfremdenverkehrsverbände in Verbindung mit den Wandervereinen. Da die Ausführungen für alle Fremden verkehrsträger von grundsätzlicher Bedeutung sind, geben wir sie nachstehend im Auszug wieder." *) lWer einmal erkannt hat, welchen heilsamen Einfluß das Wandern ans die Gesundheit des Nkenschen an Körper, Geist und Seele hat, dem wird es nicht darauf ankommen, auf wessen Veranlassung oder unter welchem Namen gewandert wird, son dern darauf, daß möglichst viele ^Menschen wandern und daß sie es im rechten Sinne und in der rechten Art tun. Jeder echte Wanderer wird es freudig begrüßen, wenn die Landesfremden- verkehrsverbände nicht nur Reisen empfehlen, sondern wenn sie gleichzeitig Vorschläge für Wanderungen machen. Die deutschen Wandervereine sind ausnahmslos gern bereit, in der Ausarbei tung guter Wanderoorfchläge an die Hand zu gehen und für gemeinsame Wanoerungen geeignete Führer zu stellen. Wandern und Reisen ist nicht das gleiche. lWer wandern will, muß zumeist vorher eine mehr oder weniger weite Reise zum Ausgangspunkt seiner Wanderung machen. Und da be kanntlich körperliche Bewegung und frische Luft beste Köche sind, müssen, da nicht alles im Rucksack mitgetragen werden kann, Gasthäuser aufgesucht werden. Die Wanderoereine dienen, wenn sie die Manschen zum -Wandern anregen, dem Fremden verkehr; ob dieser Erfolg, gewollt oder ungewollt, erreicht wird, ob er nur eine Nebenerscheinung ihrer Tätigkeit ist, ist dabei unwesentlich. Ausschlaggebend ist, daß dieser Nebenerfolg nicht der Iweck des Manderns wird und daß die Wanderoereine ihr Iiel nie aus dem Auge verlieren. Dieses Iiel ist: Die Menschen in die Natur und zu landschaftlich, historisch, kulturell oder kunstgeschichtlich besonders sckwnen nnd interessanten Vrten zu führen, ihnen die Augen zu öffnen für die Schönheit einer Landschaft und für das ^Wundersame in der Natur, sie innerlich verbunden und vertraut zu machen mit dem Lano, das sie durchwandern, ohne dabei das Interesse auf eine bestimmte Stadt oder ein bestimmtes Land zu konrentrieren. Die Landesfremdenverkehrsverbände werben dafür, daß die Menschen das von ihnen betreute Gebiet besuchen, die Wander vereine sorgen durch ihre Wegearbcit und durch geeignete lWandervorschläge dafür, daß die Reise durch eine Landschaft nicht nur einen flüchtigen Eindruck hinterläßt, sondern daß sse ein Erlebnis wird und schöne Erinnerung bleibt. Das kann am besten durch Fußwanderungen, deren Dauer der Leistungsfähig keit des einzelnen angevaßt ist, erreicht werden. Die Wande rungen müssen dann besonders in solch» Gebiete führen, die vom großen Reisostrom noch nicht erfaßt sind. Warum soll man nicht nur reisen, sondern reisen nnd wan dern? Es wird viel von Heimat- und Vaterlandsliebe gesprochen. Lieben kann man nur etwas, das man kennt. Ein Land lernt man niemals richtig kennen, wenn man es in der Eisenbahn oder im Auto durchfährt; erfassen und verstehen wird man eine Land schaft mit seinem ganzen Herzen nur, wenn man sie durch wandert. Sie wird uns nur eigen nnd im tiefsten Innern wer den wie nur mit ihr verbunden, wenn wir buchstäblich im *) Entnommen der Ieitschrift „Der Fremdenverkehr" Nr. 25 vom 22. Juni 49-40. Schweiße unseres Angesichts ihre Berge erstiegen, wenn wir droben auf Höhen und Felsen gestanden und hinausgeschaut haben ins weite Land; Burgen und Ruinen müssen wir durch stöbert haben, und wir müssen hineingekrochen sein in die Höhlen. Wir müssen uns ein Bilo machen können von der Entstehung von Berg und Tal, und eine Ahnung müssen wir haben von der Geschichte dieses Landes, das unsere Vorfahren mit ihrem Blut für uns verteidigten. Aber nicht nur das Land, auch die Bevölkerung mit ihren Sitten und Gebräuchen müssen wir kennen lernen. Das können wir aber nur, wenn wir uns mit allvem in ruhiger Beschaulich keit befassen; nur dann werven die vielen Eindrücke in uns hasten bleiben und nur dann werden Reise und Wanderung sür uns unverlierbares Erlebnis und rechte Erholung sein. Das Wort des Thüringer Dichters und Wanderers Julius Kober „Es führt dich nur der Dvanderschuh dem Herzen deiner Heimat zu" hat eine tiefe Wahrheit in sich. Und der unvergeßliche national sozialistische Kulturstreiter Hans Schemm hat die Ergänzung dazu gegeben mit seinem Ausspruch: „Niemand kann das große Vaterland wahrhaft lieben, der nicht seine kleine Heimat im Herzen trägt." Daß die Menschen ihre Heimat und ihr Vaterland wahr haft kennen lernen, muß Sorge der deutschen lWandervereine sein. Daß an dieser Heimat auch die, die nach uns kommen, noch die gleiche Freude haben können wie wir, soll aber in Verbin dung mit den staatlichen Naturschntzstellen auch unsere Sorge sein. Die Wanderer sind sür unverfälschte Erhaltuin'g der Lanö- schaft und der Natur von jeher eingetreken. Die Landesfremden verkehrsverbände tun ein gutes nnd ganz in ihrer Richtung lie gendes lWerk, wenn sie mit ihrer Kraft die lWandervereine unv die Naturschutzstellen auf Viesen beiven Gebieten durch gute Iu- sammenarbeit unterstützen. Besonders aber dafür wollen und müssen beide, Landesfremvenverkehrsverband und lWandervercine, aus Gründen der Volksgesundheit bei jeder Gelegenheit werben, daß künftig beim Reisen die Füße als die natürlichen Fort bewegungswerkzeuge der Menschen wieder mehr benutzt werden, daß das natürliche Gehen nicht noch mehr verdrängt wird von den Verkehrsmitteln, die uns voch nie ganz loskommen lassen von Hetze und Hast unseres technischen Ieitalters. Die Ja hl der reisenden Menschen ist groß, sehr groß sogar, die Iahl der wandernden Manschen ist noch viel zu klein! Die INenschen müssen das Gehen wieder lernen. Seume, der große lWanderer, hat einmal gesagt, daß alles besser, ginge, so man mehr ginge. Gehen wir also mehr! Die Heimatzeitschriften sind ausgezeichnete Mattel, auch für das Wandern zu werben. Allen, die in sein Gebiet reisen, kann ein Landesfremdenverkehrsverband nichts Schöneres schenken als eine besinnliche Wanderung. Jedem soll er sagen: Freund, verlasse einmal Bus oder Bahn und wandere fernab der breiten Straßen von einem schönen Punkt zum andern! Ver borgene Schönheiten tun sich dir auf, bodenständige Manschen lernst du kennen und wohltuende Ruhe umgibt dich. Der Boden federt unter deinen Füßen, und sein Schwung teilt sich dir und deiner Begleitung mit. Das gibt ein herrliches Schreiten. Jeder Schritt, den du dort machst, erweckt in dir das beglückende Ge fühl, Erde unter den Füßen zu haben anstatt Asphalt unv Pflaster, das dem Schritt nicht nachgibt und das den Menschen der Stadt so müde und oft so verdrossen macht. Dort findest du Erholung, dort findest du dich selbst wieder. Also steig aus und wandere! Die guten Kräfte in unserem Volke müssen stch zu guten Iwecken znsammenfinden: es kann trotzdem jeder bleiben, was er ist. Vereint leistet man immer Größeres und Besseres. Eine auf neümver Grundlage aufaebaute Insammenarbcit zwischen Wmnververeinen und Frenidenoerkehrsverbänden wird vielen Nstenschen Freude und Erholung bringen: sie wirv beste Pfl-ae des Wander- und Heimatgevankens sein uns sic wird allen dienen.