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Akar Kalle, Löbau - 60 Zähre Ueberall, wo Lausitzer wohnen, ist Oskar Rolle, der am 28. August dss. Is. seinen 6 0. Geburts tag begeht, ein wohlvertrauter, guter Bekannter, dessen launigen, mundartlichen Dichtungen schon Tausenden so manche frohe Stunde bereitet haben. Er ist in Reichenau geboren und fand später als Kanfmann in Löbau eine zweite Heimat. Nach jeder Hinsicht könne»» »vir ihn als einen echten Sohn unserer Lausitz bezeichnen, denn seine reichliche außerberufliche Tätigkeit ist dem Dienste der Heimat und der Heimatpflegc gewidmet. Je ernster die Seiten find, nm so dankbarer sind wir auch für erhei ternde Sonncnblicke, wie sie uns bei Oskar Nolle so zahlreich aus seinen gemiit- und hnmorvollen Schöpfun gen entgegcnlacben. Wohl ist von ihm eine Sammlung „Dies ond doas, ser sedn woas!" im Druck erschienen und wer sich im Besitz des Buches befindet, wird sich buten, es aus der Hand ru gebe», aber reich sind noch weitere köstliche Blüten echten Lausitzer Humors, deren mündliche llebermittlung nun Teil von ihm bei Ge legenheit von Vortragsabenden usw. oder in der Mo- uatsschrist „Oberlausitzer Heimat" erfolgte. Seine Ver dienste als Heimatdicbter und bnmorbegabter und glän zender Vortragender sind allgemein bekannt. Dem Sechzigjährigen seien auch als Mitarbeiter der „Oberlausitzer Heimat" die herzlichsten Glückwünsche dargebracht! Ntöge es ihn» noch lange vergönnt sein, sich gesundbcitlicher Rüstigkeit rn erfreuen. Möge ihm seine rege Schaffenskraft, von der »vir noch viel Ersprieß- st. liches für Herz und Gemüt erwarten, erhalten bleiben! Verlag und öchriftleitung der MnalsschM »Aerlausiher Heimat« Keichenau, 6a. Nachstehend lassen wir ihn selbst zn Worte kommen: An mich ist die Atiffordernng gestellt worden, über mich etwas hören zu lasten! Dieser Aufforderung konnte ich stsvlge leisten und aber auch nicht, wenn ich es tue, dann deshalb, da mit der Bericht nicht den Eindruck einer bestellten Arbeit macht. Ich wurde am 28. August 4 880 iu Reichenau bei -Zittau geboren und kann von meinen Eltern wohl das sagen, was un ser großer Dichter iWolfgang von Goethe von seinen Elterri sagte: „Vom Vater hab ich die Statur, des Lebens ernstes Rühren, vom Mütterchen die f^rohnatur und Lust zu fabu lieren!" Nicht unerwähnt will ich jedoch lasten, daß meine Sta tur mehr der Mutter als dem Vater ähnelt. Während un ser Vater, was seine Art und sein Wesen anging, ernsthaft veranlagt war, zeichnete unsere Mutter ein feiner Humor aus, der, mit einer gewissen Schalkhaftigkeit verbunden, oft und .Arn auf die Gelegenheit wartete, sich wohltuend betätigen zn dürfen. Mein älterer Bruder hat sich in verhältnismäßig jungen fahren durch Meiß und Tüchtigkeit zum Professor und Prin- teuerzieher hinaufgearbeitet, meine Schwester war in Hittau verheiratet und hatte so manches vom Vater sich angeeianet, womit sie sich Respekt vor ihren beiden Brüdern verschaffte — l'eide deckt der kühle Rasen, beide bleiben mir lieb und unver gessen. ' l Unsere gute Nkutter starb im gesegneten Alter von 87 fahren, sie legte sich irr ihrem arbeitsreichen Leben nur einmal nieder, um nicht wieder aufznstehen, unser lieber Vater ging Wit 76 fahren als hochgeachteter Mann in die Ewigkeit ein. Nlcine Kurzgeschichte: „Der alte Kirchvater" und mein Tcdicht: „An meine Mutter" drücken meine Verehrung und liiebe zn meiner Ncutter im besonderen aus. Die Tage unse rer Kindheit waren glückliche und sorglose. Wir wurden einfach erzogen, besuchten die Volksschule, wein Bruder und auch ich wurden — weil wir gute Schüler waren — in den letzten zwei Schuljahren am Gemeindeamt an den Nachmittagen als Hilfsschreiber beschäftigt, damit wir nicht aus der Hebung kamen. Wurst gab es zum Abendesten nur zweimal in der Woche und die Verkeilung behielt sich unser Vater vor, wobei er be sorgt war, daß auch wir Kinder den auf uns entfallenden Teil bekamen, er spielte fast jeden Abcnd seinen „Doppelkopf" oder „Skat uin die Zehntel" und trank dazu sein „Viertchen" und sein „Einfaches Helles". Ich erlernte bei der damals weltbekannten Airma E. A. Preibisch, Reichenau, die Weberei mit allen ihren Vorarbeiten und jeden Tag in der Woche „pfiff" es früh nm sechs Uhr, und nach einer Stunde Mittagspause „psiff" es wieder, und gegen sechs Uhr abends war Feierabend. Nh habe eifrig ge lernt und kann wohl behaupten, daß mir diese Lehrzeit in mei nem späteren Leben ungeheuer viel genutzt hat. Mlt achtzehn fahren besuchte ich die iWebiebulc in Groß schönau, wo ich die Auszeichnung als guter Schüler erhielt, daraufhin war ich in Görlitz als Webedeisachmann tätig und wurde schon damals mit der Leitung einer Weberei beauftragt. Diese Heck verlangte viel von mir, aber geschadet hat sie mir nicht, Ich hatte bei der Airma C. A. Preibisch., Reichenau, auch die Ausbildung in den kaufmännischen Abteilungen ge habt, so daß ich Anspruch auf eine den damaligen Verhält nissen entsprechende Bezahlung verlangen durfte. Im Jahre 4904 trat ich meine Dienstzeit beim Infanterie-Regiment Nr. 58 in Glogau an. Mit besonderer Genugtuung erinnere ich mich an die Er lebnisse im Kaisermanöver 4902 und an die Kaiserparade bei Posen, wo die schönsten Regimenter anfmarschierten und eine der größten Attacken geritten wurde, an der Spitze die schwar zen Husaren und das Gardekorps. In den Jahren 4903 bis 4908 war Ebersbach. Sa., mein Domizil, von dort ab ist Löbau, die Stadt am Berge,