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Die Erneuerung des Wappens von Hirschfelde früher durften nur die Städte ein buntes Wappen und ein Wappensie.qel fuhren. Den Hirschfeldern ist dieses Recht erst 1847 genommen worden, als sie den dritten großen Prozeß um das Stadtrccht verloren, das sie mehr als vier Jahrhunderte be sessen hatten. Seitdem zeigt' das Ortsfiegel den springenden Hirsch über drei Bergen (die beiden Bäume hinter dem Hirsch waren willkürliche Jutat) in einem ovalen Rahmen. Abbildung t: Das Ortssiegel 1847—1Y40 Für die nötig gewordene Erneuerung, auch der Umschrift, ging dem Gemeinderat durch den Verein Globus meine Wieder herstellung des alten Stadtwappens zu, das nach Pastor Sei ferts Nachrichten im Pfarrarchiv bis 1718 an der Rückwand des Altars der Kirche angemalt war. Es zeigte den springenden gelben (goldenen) Hirsch über den drei grünen Bergen ans weiß(silber)-rot geteiltem Untergründe. Zweifellos handelte es sich um die sehr übliche Form des gespaltenen gotischen Wappen schildes, das wohl als Wappen von Hirschfelde die Form von Abb. 2 hakte. Der Gemeinderat zeigte großes Interesse dafür und beantragte durch Herrn Bürgermeister Seltmann seine Wiedereinführung. Das Hauptstaatsarchiv in Dresden als zuständige Abteilung des Ministeriums des Innern mußte sie zunächst ablehnen, da die bevorstehende Regelung der !Wappenfrage durch das Reich noch nicht erfolgt war. Außerdem beanstandete es zwei heral dische Fehler des alten Wappens, die in der Verfallzeit mehr fach in den kaiserlichen Kanzleien gemacht wurden, jetzt aber bei Erneuerungen keineswegs mehr zngelassen werden. 1. Es dürfen nach den alten strengen Regeln der Heraldik nie zwei Mrtallc aufeinander liegen, wie hier der goldene Hirsch auf silbernem Grunde. 2. Die Form der drei grünen Berge ist bereits eins volkstümliche Entstellung des alten heraldischen Schmuckstückes "Dreiberg". Offenbar ist diese stilisierte Form schon sehr früh dem Volksverständnis fremd geworden. Vergeblich war mein Hinweis auf mehrere Wappen mit den drei Bergen, eins in Tirol hat auch darüber den springenden Hirsch. Auf die volks tümliche Form mußte nun verzichtet werden, und den streng stilisierten Dreiberg hat das Wappen von Hirschfelde wohl nie besessen. So alt kann es nicht sein ft Unbedingt mußte aber der weiß-rote Untergrund für den goldenen Hirsch über grünen Feldern erhalten werden. Davon ließ sich der Gemeinderat erfreulicherweise durch keinerlei Einwände abbringen, obwohl damals in der Tschechenkrise d i e böhmischen Landesfarbenals anstößig erschienen. Darin bestärkte ihn mein Hinweis auf die gleichen Farben in Thüringen und Franken (Burg Nürnberg heute noch), ja im ganzen Ersten Deutschen Reiche seit den Hohenstaufen von Ant werpen bis Polen und von Dänemark bis zur Schweiz. Diese Reichsfarben sind im Hirschfelder Wappen die einzigen Jengen seines Alters. Der Hirschfelder Chronist Knothe weist in seiner Rechtsgeschichte der Oberlausitz darauf hin, daß meh reren Lausitzer Städten (es waren wohl Görlitz, Lauban, Ka menz, Weißenberg), dazu auch Hirschfelde die böhmischen Far ben verliehen wurden, jedenfalls vor der Gründung des Sechs- siädtebundes 1346, weil sich dann die Beziehungen zu Böhrken sehr lockerten und das Selbstbewußtsein der Lausitz erstarkte. Möglich wäre nur noch die Wappenverleihung durch Karl IV., der 1367 und 1373 durch Hirschfelde kam (fraglich ist seine Durchreise 1348, 1364, 1371, 1374 und 1377). Es war ja ein besonderer Fall, daß der Kaiser persönlicher Besitzer der Herrschaft Rohnau mit Hirschfelde war, 1346—1378. Ver mutlich ist aber die Aussetzung Hirschfeldes als Stadt und zu gleich die Verleihung des Stadtwappenö mindestens 100 Jahre eher zu suchen. Denn die deutsche Besiedlung erfolgte um 1220, und schon 1241 kam König Wenzel I. auf seinem Inge gegen die Mongolen bei Liegnitz durch Hirschfeldg, vielleicht auch 1243, als er von Görlitz aus Kloster Nkarienthal besuchte, das seine Gemahlin Kunigunde 1234 gegründet hatte. Franenklöster leb ten aber erst auf nach der Ankunft der deutschen Bauern in der Lausitz. So kann das Wappen von Hirschfelde zwischen 1220 und 1300 verliehen worden sein ft Eigene Stadtfarben oder Stadtfahnen hat Hirschfelde nie be sessen, ebenso wenig wie eigene Söldner, Stadtmauer, Rathaus, Kretscham, Hospital, Jünfte usw., da es innerhalb der Bann meile Jittaus lag. Als stadtmitleidend kämpften die Hirschfelder früher stets unter den Fahnen Jittaus. Da die Reichsfarben weiß-rot waren, kamen wohl nur gold-grün als Stadtfarben in Frage, wie bei Jittau gold-schwarz, Bautzen gold-blau, Görlitz gold-rot, und nur Kamenz führte die Reichsfarben als Stadt farben. Schwierig war cS, vier Farben nach der Uebcrlieferung im ^Wappen festzuhalten, ohne künstlerische und heraldische Be denken zu erregen ft Einen Ausweg aus schwierigen Verhand lungen fanc> mein Vermittlnngsvorschlag einer dreifachen hori zontalen Einteilung des Wappenschildes, wie sie auch in ältester Jeit üblich war, nämlich silbernes Schildhaupk, roten Schild buckel mit dem springenden goldnen Hirsch, und unter ihm einen grünen Schildfuß. So eilt der Hirsch gleichsam über grüne „felde" davon, und der Ortsname läßt sich aus diesem Wappen, das zu den redenden gehört, richtig ablesen. Das frühere !Wap- pen hätte man leicht auf Hirsch berg falsch deuten können. Mein letzter Versuch, doch noch den stilisierten Dreiberg im Schildfuß anzubringen, scheiterte am Raummangel. i Die älteste Urkunde, die den Ortsnamen erwähnt, ist vom 21. August 1312. Sie nennt als Jengen den Jittaner Patrizier Nykolaus de Hirsvelde (schon heutige Form!). Urkunde der Jittaner Münze. ? Die zweischiffige frühgotische Kirche hat schon städtischen Charakter nach Art derer in böhmischen Landstädtchen. Ihre Einweihung fand nach meiner Berechnung am 29. Juni 1299 statt. ° Das Wappen von 1570 vom Deckengewölbe der Kirche kam nicht in Frage. Der goldene Hirsch auf blauem Felde betonte wohl damals das Lausitzer Heimatbewußtsein aus Jorn über den Pönfall von 1547. Ferner gab es ein Wappen im 17. Jahrhundert: Roter Hirsch im silbernen Felde mit goldenem Geweih. Hier fehlt das grüne Feld. Heraldisch auch falsch.