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Es war cm bitterböser Kampf auf der ganzen Linie, die vor keinem Mittel zurückschrecktg, geführt zu dem einzigen Iweck, den Deutschen das Leben so sauer als möglich zu machen und sie aus ihrer Heimat zu vertreiben. Im „Korridor" regierte eine eiserne spanst, unter deren erbarmungslofem Ingriff blieb Hun- dcrttausenden von Deutschen, die seit Generationen dort gesessen, das Land im Schweiße ihres Angesichts urbar gemacht und der Iivilisation erschlossen haben, die mit Gut und Blut sich den Recbtstitel auf das Land erkämpft haben, nichts anderes übrig, als den Stab in die Hand zu nehmen und eine Iuflucht im Deutschen Reich zu suchen. Rund 1 200 000 deutscher Bauern und Bürger find in der Rit vor 1933 auf diese Weise im „Korridor" von Haus und Dof vertrieben worden. Man solle nicht vergessen, daß im Augenblick dcr Konstituierung des polnischen Staates diese Ge bote von einer deutschen Mehrheit besiedelt waren. Nicht bester erging es 400 000 Volksgenossen, die in Ost- obcrschlcsten durch die Entscheidung der Botschafterkonferenz unter polnische Oberhoheit gelangt waren, wiewohl aucb nir sie oie gleichen Schutzrcchte galten, wie für alle Minderheiten in Polen, und wiewobl sie zusätzlich unter dem Schutze eines be sonderen deutsch-polnischen Abkommens über die gegenseitige Behandlung der Minderheiten in Oberschlesien standen. In diesem Abkommen, genannt Genfer Konvention, waren alle wirtschaftlichen, sozialen, verkehrspolitischen und kulturellen fragen weitgehend geregelt. Ich weiß nicht, ob ein Buchstabe dieses Abkommens je einmal eine praktische Anwendung fand! Auf Grund der Genfer Konvention hatten die Deutschen Pas Recht. ihre Kinder in die deutschen Minderheitsschulen ab- zugebcn. Es war hierzu lediglich eine mündliche Erklärung er forderlich. Die Wojwodschaft verlangte jedoch vertragswidrig eine schriftliche Erklärung jedes Elternteiles, der sein Kind zur Ilfinderheitenschnlc anineldete. Diese hatte zu lauten: ,,Ich er kläre, daß das oben angeführte Kind zur deutschen Staats minderheit gehört." Im Jahre 1926 wurden auf diese Weise in Schlesien 8560 Kinser augemeldet. Das gefiel dem damaliaen Wojwoden und Deutschenfrestcr Grazyuski nicht nnd er griff da ein. Sämtliche Eltern wurden von ihm vorgeladen. Im Laufe weniger Wochen wurden 5784 Personen einzeln vernommen uno einem inquisitorischen Verfah- icn unterworfen. Die Aktenberge schwellen an, aber dabei kommt nicht viel heraus ... Es bleiben nur 391 Anmeldnn- aen übrig, bei denen man wegen eines Formfehlers ciuhaken kenn. Die Wojwodschaft geht ober weiter. Sie streicht 1307 Schüler von dcr Liste, weil die Eltern nicht zu der, übrigens vertragsw.Äriaen, persönlichen Vernehmung erschienen seien. Ilnv schließlich verfügt sie diktatorisch daß 5205 Anmeldungen zu streiche» seien, und zwar mit dcr an den Haaren herbcigezo- acnen Begründ»»», alle diese Kinder gehörten nicht der deutschen Minderheit an. Damir waren von 8560 Anmeldungen nicht wcuiaer als 7l l4 für null und nichtig erklärt worden. Dec ,,Deuticbe Volksbmw", vie samalige Interessenvertre tung dcr deutschen ^Minderheit, reichte sofort eine Beschwerde beim Schweizer Präsidenten ein, der nach gründlicher nnd ge wissenhafter Prüfung des Falles das Vorgehen der BEojwod- schast für ungesetzlich erklärte und die Ucberwcisung der 1307 znrückaewiesenen, wie auch der 5205 gestrichenen Schüler in die deutschen Minderheitsschulen forderte. Man könnte meinen, daß mit diesem Urteil eines unpartei ischen Richters der Aall beigelegt wurde. So einfach war das jedoch nicht. Die polnische Regierung verlegte sich auf die Be rufung an den Völkerbund mit seinem langwierigen Instanzen- zug und Verfahren. Nach zwei Jahren landete endlich der Aall bei dem Internationalen Schiedsgerichtshof im Haag. Das Urteil des Schweizer Präsidenten wurde dort voll bestätigt. In diesen zwei Jahren, während das Verfahren schwebte, hatte der Wojwode freie Hand gehabt. Und selbst als das Ur teil des Haager Schiedsgerichtes ergangen ist, läßt er sich auch von diesem nicht imponieren. Die Schikanierungen und Ein schüchterungen der deutschen Eltern gehen weiter. Im Sommer 1928 schließt der Wojwode kurzerhand 16 deutsche Mindec- heitsschulen. Noch ein anderer Iall dcr Mißachtung der Minderheits gesetze im polnischen Staate. Im Jahre 1930 fanden die Neuwahlen zum polnischen Sejm und zum polnischen Senat statt. Um zu verhindern, daß irgendein Deutscher in den Sejm oder in den Senat cinzieht, wurden die deutschen Wähler aus deu Listen gestrichen. Jin Wahlkreis Kattvwitz allein erledigte man ans diese Art 3000 deutsche Wähler. Tag für Tag wurden vor dem Wahltermin deutsche Volksangehöriae überfallen, verprügelt oder verschleppt. Unmittelbar vor den ^Wahlen wurde durch öffentliche Plakate eine antideutsche Wwche angckündiat. Alle Proteste, auch jene, die von der damaligen deutschen Negierung ansgingen, waren ein Schlag ins Wasser. Und so ging die polnische Gewaltherrschaft in allen Ge bietes, in denen die deutsche Minderheit lebte, bis zum Jahre 1939 lsteimatlult in frischer Molche sMein Heimathauö schaut mit seinen rückwärtigen Icn- stern in einen kleinen Garten hinaus. Da steht ein Apfelbäum chen, das Vater drei Jahre vor seinem Tode noch gepflanzt hat. Dort spreizt anch unser Birnbaum seine Aeste, und von einem Wäschepfahl zum andern spannt aller sechs Wochen Mutter die Leine. Dann hat sie große Wäsche. Auch die meine ist dabei, und Nkutter nimmt sie ganz gehöirg in die fleißigen Hände, um, ivie sie zu sagen pflegt, die Großstadtluft hcraus- zukriegeu. Nun liegt wieder ein Paket vor mir. Das rote Postauto hats gebracht. Kaum habe ich die papierne Hülle vom Karton gelöst, da schuuppre ich. Ja, das ist Heimatluft! Sie ist in der iWäsche festgchaftct und fcstgebissen als wollte sie mir künden, ivie lustig nnd luftig cs da droben im erzgcbirgischen Hcimatdörfchen zngeht. Ich schlüpfe in neue Dräsche und fühle mich wie neuacbo- ren. Von Icit zu Icit versenke ich mein Gesicht in den Acr melstoff des Oberhemdes, nur. nm die Luft meiner Heimat zu riechen. Närrifcb ist der sMann, der solches schreibt, werden manche sagen. Nein, närrisch bin ich nicht. Ich bin mir ganz einfach verliebt in die heimatliche Luft, die iMntter mir mit dec Wäsche gesandt hat. Wald nnd Aecker nnd Wiesen, Bamn und Strauch und Rain, Teich und Scheune und Machwerk an dem Häusel, alle hat derselbe Wind berührt, der in meiner Wasche sich gefangen bält. lind durch die S onne meiner Heimat ist er geflogen. Ihr Leuchten hat er mir mitgebracht! Jobs. Bischberger. heimatwanöern — Heimatschutz - Mögen wir im kraftvollen Leistungsmarfch durch die Heimat eilen und ihr Bild in großen Zügen in uns aufnehmcn, mögen wir in fröhlicher Gemeinfchaftswanderung durch stille Taler zur Vergeshöhe schreiten, gleichgültig, ob die Sonne lacht, ob die Nebelfehen über uns hinjagen oder rieselnder Regen unser Begleiter ist, mögen wir in scheinbar einsamer Wanderung da draußen all die kleinen und kleinsten Wunder der Natar erlauschen und erspähen, an denen der Eilige achtlos vorüber geht, immer erleben wir das gleiche: der Staub des hlltags fällt von unserer Seele, und mag er sie noch fo dick überlagert haben,' all das Kleine, häßliche und Gemeine, das uns das Leben immer wieder zermürben, zernörgeln und Hergrämen möchte, bleibt weit zurück,- die überlaute Zreuöe wird still, und das Leid schweigt. Mit neuem Glauben, mit neuer Kraft kehren wir heim zu neuem Tagwerk, darum gehört der Natur der Heimat unsere ganze Liebe, und deshalb umhegen wir sie mit unserem Schuhe.