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ID Naturdenkmale in der Vberlaulik Vor drei Jahren wurde das Naturdenkmalbuch für den Regierungsbezirk Dresden-Bautzen eröffnet. Seither sind nicht weniger als 260 Naturdenkmale eingetragen worden. Genau die Hälfte entfällt auf das Gebiet der sächsischen Oberlausitz. 414 Einzelbäume, 13 Baumgruppen mit 122 Bäumen, zwei Alleen, zwei Standorte seltener Pflanzen und 41 geolo gische Denkmale sind bisher in das große Ehrenbuch heimat licher Kostbarkeiten ausgenommen worden. Ein kleiner Ueberblick ist wohl am Platze. Er sei begonnen mit einer besonderen Würdigung der Rehnödorfer Lin den, die erst vor kurzem hinzugekommcn sind. Als grüne Riesenkugel stehen sie gegen den Himmel. Hoch oben auf der Paßstraße, die über die Kamenzer Berge vom Ackerbaustädtchen Elstra zur Pfefferkuchenstadt Pulsnitz führt. Von weither sind sie zu schauen. Nicht nur von den Gipfeln im Bautzener Lande, auch von Straßenhöhen wie bei Mrhltheuer, Eölln und Großdubrau. Aber noch weiter schweift der Blick, wenn wir erst einmal unter ihre rauschenden Wipfel treten, lieber das Klosterland und die Goldene Aue zu dem schier end losen Heidewald, der wie ein Riesenmantel die nördliche Lausitz bedeckt. Mit winzigen Strichen zeichnen sich hier und da die Schlote der großen Industriewerke der Heide ab. Einmal, an einem ungewöhnlich klaren Herbsttage, war gar der Soraner Berg sichtbar, der sich fast hundert Kilometer weit hinter der Neiße im Nordosten erhebt. Jahrhunderte find über diese vier Recken gezogen mit Schnee und Hagel, mit steuer und iWassers- fluten. Ungezählten Stürmen boten sie Trotz. Jedermann in den Dörfern dies- und jenseits der Berge kennt und liebt sie. Und wenn einmal einer fallen sollte, dann wird ein neuer Baum auferstehen zur ewigen Wacht auf Bergeshöh! Und so wie die Rehnsdorfer Linden haben die meisten Alt bäume weit und breit nicht ihresgleichen. Viele von ihnen bilden das W ahrzeichen ihres Dorfes, über welchem sie hoch und schützend aufragen. Um nur ein paar zu nennen: die großen Linden von Oberoderwitz und Großporitsch bei Zittau, die viel hundertjährigen Kirchlinden von Oppach und Gersdorf bei Ka menz, die Streitlinde in Schönau auf dem Eigen, um die nun Frieden geschlossen ist, die Kleinseitschener Linde und jener herr sche Baum auf dem dürren Sandhügel von Spreewiese, Schenkers Buche in Hauswalde, Richters Eiche in Groß schweidnitz, die Holschdubrauer Eiche und Beers Eiche in Rode witz. Sie gehören zu ihren Dörfern wie Kirche, Schulhaus oder Schenke. Andere Bäume halten einsame Wacht ans weiter Flur. Ihre Altersgenossen sind längst dahin. Verschwunden ist der Wald, in dem sie einst ihre Jugend verlebt. Nun sind sie zu Landmarken geworden. Die gewaltigste ist die große Eiche von Herwigsdorf bei Löbau, die bereits vor mehr als 200 Jah ren in Großers Oberlausitzer Ehronik als besondere Sehens würdigkeit gerühmt wurde. Als Landmarke steht die Linde bei der Iiegelei Ebendörfel und grüßt die große Kiefer bei Ouoos. Wieder andere Bäume sind durch Größe und Alter verehrungswürdig geworden. Obenan die gewaltigste Eiche der sächsischen Oberlausitz am Iiegelteich bei Niedergurig. Bei Pulsnitz an der Königsbrücker Straße steht dec stärkste Eich baum im Kamenzer Kreise; der mächtigste Bergahorn ragt in Wohla bei Kamenz auf und die gewaltigste Buche am Kuh berge bei Niederfriedersdorf. Eine Kiefer mit vier Meter Ilm fang fand ich bei Röhrsdorf westlich von Königsbrück; der dickste Birnbaum im Lande aber blüht und fruchtet in Buchwalde bei Baruth. Von Lückendorf ist die älteste Eibe der sächsischen Oberlansstz bekannt. Nicht wenige Bäume verdanken ihr Dasein ungewöhn- l i ch e m W u ch s. So das Wahrzeichen von Eibau, eine wundervoll regelmäßige fünfstämmige Birke; gar 40 Stämme weist die Runde Buche am Bergwald über Rammenau auf. freistehende Kiefern entwickeln sich oft zu prächtigen Gestalten wie der fast japanisch anmutende Baum beim Gasthaus zum Grünen Wald in Neuoppitz oder die bekannte, oft gemalte Napoleonökiefer von Niedergurig. Vom Brande heim gesucht zu werden und erneut zu ergrünen trotz mehrhundertjährigen Alkers, zu einer solchen Leistung sind nur unsere Baumriesen fähig. So geschah es im Garten des Brauerei-Gasthofes von Münchswalde, und so ver jüngt sich gegenwärtig die stärkste Linde im Lande am Birkgut von Steinigtwolmsdorf. Mitunter ist ein alter Baum ganz persönlich mit der Familiengeschichte seines Besitzers oder mit der Dorfgeschichte verbunden. In Hantuschs alter Linde am Frühlingsbcrge in WMHen versteckten einst die Vorfahren ihre Lebensmittel vor den beutegierigen Franzosen. Der hohle Stamm der Franzosen linde in !Wohla aber ward zum Sarg eines Soldaten, dessen Skelett spielende Kinder erst Jahrzehnte darauf fanden. Einen Baum mit solchen Erinnerungen so lange als möglich zu er halten, ist Ehrenpflicht seines Eigentümers und des ganzen Dorfes. Die geschützten Baum gruppen bekrönen zumeist eine Anhöhe und kennzeichnen so als Landmarken die heimatliche Landschaft. Bekannt sind Ienkers Linden, neun an der Iahs, über Gersdorf bei Kamenz, und die fünf Linden auf dem Klep- pischberge über Rammenau. Auf Oppach schaut ein Rundteil von neun Linden beim Tannenwäldchen herab. Dem stillen Bergdörfchen Talpenberg im Wohlaer Ländchen steht der Schmuck einer hochaufragenden Lindenreihe ebensowohl an wie der begrünte Kirchberg dem Steinbrecherdorfe Schmölln. In Göbeln blieb eine Lindengruppe zum Schutze eines Stvrchnestes erhalten. Von den zahlreichen Lindenalleen sind bisher die Großhennersdorfer und die über Berg und Tal ums Schloß Ruppersdorf führende Allee eingetragen. Botanische Kostbarkeiten bilden der Bautzener Proitschenberg mit seltenen wärmeliebenden Pflanzen und zahl reichen Wilörosen sowie ein Waldsumpf zwischen Commerau und Halbendorf mit nordischen Pflanzen und Insekten. Auch die geologischen Schätze, deren Betreuung Studienrat Dr. Jordan, Bautzen, und Sparkafsendirektor Ändert, Ebersbach, obliegen, sind bereits zum großen Teil ge sichert. In letzter Stunde gelang die Erhaltung der Gipfel klippen der Klunst bei Ebersbach, eines in Sachsen einzig da stehenden Lamprophyr(Grünstein-)öorkommens. Geschützt sind die Gipfel von Keulenberg und Hochstein oder Sybillenstein (Granit) und Oderwitzer Spitzberg (Phonolith). Unter Schutz steht die Kleine Landeskrone mit dem Löwenköpfchen (Basalt) und der Große Stein bei Spitzkunncrsdorf (Phonolith). Die Granwackenfelsen im Kamenzer Herrental bleiben ebenso un berührt wie der Teufelsstein bei Ischornau, eine Granitstein scholle mitten in der Grauwacke. Als Natururkunden aus der Eiszeit konnten eine Endmoräne auf dem Eunnersdorfer Wind mühlenberg bei Kamenz und zwei Rundhöcker an den Kamenzer Steinbergen erhalten bleiben. Noch weiter zurück in die Erd geschichte der Heimat führen gefrittete Sandsteinsäulen auf der niederen Lauschewiese. Sie zeugen von der ungeheuren Wirkung der emporsteigenden Lavamassen, den die soviel besungenen Berge der Südlausitz ihre Entstehung verdanken. vom Vinn des rechten Vanderns Von Bernhard Hübner, Bayreuth (Entnommen der Zeitschrift: „Fränkische Alb") Das Ich und die Heimat Wür den Sinn des rechten Wanderns begreifen will, der muß hinaus in die Natur. Nur hier wird ihm das Verständ nis für deren Größe aufgehen und nur hier wird er sich als kleiner Teil einordnen lernen in sie. Denn was ist draußen in der Natur eigentlich? Nichts anderes als zu fühlen: Man ist geborgen in dem Schoße des Großen!