Volltext Seite (XML)
Nr. 2 Oberlsufstzer ttelmsl 6ilü § Kadibor: Hannes und Siebenbüraen eindrucks, zweifelhaft. Eher wird sie aus einer Gegeuo stammen, die, unverkennbar von Böhmen beeinflußt, eine eigene landschaft liche Note zu entwickeln begann. Und da kommt eigentlich nur Obersachsen in Frage. Dort hakte sich in dem dritten Jahrzehnt des 14. Jahrhun derts der eckige Stil schon in der Grabplastik durchaesetzt. Be kannte TAerke sind das Grabmal Friedrich des Streitbaren 1428, das Epitaph Kökkeritz 1436 und v. Hayn 1451, alle in Meißen. Noch hatte das Material Bronze und Stein der weiteren Verschärfung der Falten einen gewissen Einhalt ge boten, aber für die Feitstufe der obcrsächsischen Kunst sind diese Wstrkc bezeichnend. Vor diese setzt Pinder um 1415 die Grab legung des Bartholomäusaltar in der Sammlung des Dresd ner Ältertumsvereins, deren Marienfiguren von den böhmischen Vesperbildern besonders in der Handhaltung stark beeinflußt sind. Nach ihnen, um die Jahrhundertmitte, liegt der Roß ¬ stören, cs überwiegt eine wolkige, flockiae Unruhe, ein Schäuznen der Formen, die Neues verspricht und in den führenöen Meistern des letzten Drittels des 15. Jahr hunderts: Michael Wohlgemut, Veit Stoß, Martin Schongauer, Michael Pacher und anderen ihre Erfüllung findet. Wenig Werke aus dieser Feit haben sich in der Lausitz erhalten, das Be deutendste ist das von dem Stadtbaumeister Peter Aldenberg unter Mitwirkung des Briecius Gauske für die heil. Barbara geschaffene Relief am Frauentor in Görlitz und die kleine Madonna aus der Sammlung Wunderlich im Bautznem Museum. Die Madonna und die Heilige des Reliefs, dem gleichen Stilzusammenhang anaehörend, sind Wierke der Bauplastik, die leicht vergröbert durchaus antimanieristisch, den Geist der Schnitzkunst in Stein übertragen, feiner empfunden die Madonna des Bautzner Museums, die der Feitstufe des Sterzingcr Altars (Nkultscher 1458) angehörend, an das Ende der 50er Jahre zu setzen ist. Damit wäre stilistisch und beispielhaft der Rahmen für die Fsiitbestünmung unseres Vesperbildes aewonnen. Es ist jünger als das Vesperbild von Radibor. Dort noch die langen fließenden Linien von den Schultern der Gottesmutter zu ihren Füßen, die durch die Diagonale des Körpers des Herrn nickt unterbrocken werden. Die Gewandfältelung ist weich und rund, der Ausdruck mebr der der Trauer, still in sich hinein schluchzend, als der der Verzweiflung. (Siehe Abbildung Heft 10 vom 31. 10. 39 dieser Zeitschrift.) Die ganze Plastik ist rund und untersetzt, dabei ge schlossen im Umriß. Schon aber verstarrt der Körper des Herrn in einer boriron- talen Graden, das Abwehrende, Anklaaende, ja das Dramatische des Marien thaler Andachtbildes (Abbildung ebendort) ist zu einem Szenenbild für behaglichere Seelen geworden. Diese Entwicklung sekt die Nirdorferin fort. Schärfer und brückiaer werden di» id^>Oon. die Finnr der Gottesmutter gereckt, die Körpersormen, insbesondere die Beinstellung in ihrer Unterstützung des ruhenden Eorpns durch das Gewand hin durch sichtbar gemacht, f^m Verbältnis der Figuren zueinander ist der Christus kleiner. Der GestehtSausdrnck der Maria ist durch Farbauflage ins Liebliche ver fälscht, wenn auch der Nachklang der schönen Madonnen des böhmiscksn Kreises unverkennbar ist. Das Stille und Mütterliche der Radiborerin hat sick verloren ist einer virtuosen Eleganz gewichen. Ausfallend die freie Laac des linken ChristusarmeS über der linken der Gottes mutter. Dieser Typ kommt eigentlich nur im Schwäbischen (Neurungen und Gutemell) vor. Es muß hier betont werden, daß der linke Arm der Nkaria nack- aearbeitet ist. wie sich ans der Untersuckuna der Rückseite der Plastik ergab. So kannte diese für unsere Geaend ungewöhnliche Handverschlingnng einem späterer- Vorbild entnommen sein, denn auch der rechte Arm des Herrn scheint ergänzt. Di» sonstigen Ausformungen bringen ihn senkrecht hängend (Pieta Schweidnitz) oder parallel rum Körner auf dem Knie der Maria ruhend (Radibor). Sollte der Ueberarbeiter die Auslaaeüelle der Hand aus dem Lendentuch verwechselt baben uck so zu der eiaenartiaeu Fassung gekommen sein? Die Glätte des reckten Arms im Gegensatz zu der guten Durchmodellicrung des Corpus und der Beine spricht dafür. Die Gewandfältelnng weicht von der Radiborerin entsprechend der späteren Feitstufe ab. sie iß brüchiger, unruhiger, entbehrt des ruhigen Flusses und gerät über dem linken Fuß ins Schlinaern, während die Fältelung des Lendcntuches nock die tuvisthen Formen des Anfangs des Jahrhunderts zeigt. Woher stammt nun dieses Andachtsbild und wer ist sein Meister? Frauen die bei der Meta fast unmöglich zu beantworten sind, wenn die Urkunde schweigt ^m allgemeinen hak sich die Ansicht durchaesetzt. daß Böhmen die Heimat de* Vesperbilder ist, von wo ein lebhafter Erport. der sich der bereits vorhandenen Ge schäftsverbindungen ans dem Handel mit den „schönen Nkadonnen" bediente, ur kundlich bezeugt ich Gleiche Doerke in Neumarkt, Seeon, München (Frauenkirche), Lohkirchen, Moßbura. Döhenburg bei Reaensburg, Brunneck, Linz und Hermann stadt. also Scklesien, sWestvreußen Oberpfalz, Bayern, Tirol beweisen es. ^hnen topisch ist die Draverie über den Knien, wie ibn die Radiborerin reist (ebenso Schweidnitz, Breslau in der Sandkirche lind Elssgbeckkirche. Seeon beglaubigte böhmische Stücke), so daß für Radibor die böhmische Herkunft unzweifel haft ist. insoweit ist die Fuschreibung Simons an den Roß weiner Meister ru berichtigen. Sie stickt sich auf die Behand lung des Kopftuches der Marien, übersieht aber sowohl die dort für den Roßweiner tovifchs Ouetschuna der mittleren Stirn falte des Kopftuches als auch den Feitunterschied in der Ge- wandfälkeluna. die in Roßwein bereits eckig ru werden beginnt und der die langen fließenden Linien der Radiborerin fehlen. Auch die Handbildung stimmt nicht überein, in Roßwein sind sie spitzer und kantiger. Die Gewandtranben fehlen über den Knien der Nirdorferin. Sie halten sich in Böhmen bis in die Jahrhundertmitte. Also wird ihre Herkunft von dort, trotz des „böhmischen" Gesamt-