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ward also in einem W äldchenauf freier Erde durch den Kaiser, Berthier (wohl inzwischen nach bekommen) undCaulaincourterrichtet. DerKai- ser diktierte gehend, Caulaincourk saß auf der Erde und schrie b." Als der Kaiser endlich in Görlitz mit einstündiger Verspätung ankam (gegen 2 Uhr), hatte er fast keinen Ordonnanz^- oder anderen Offizier mehr bei sich. Hier war er bis 4 Uhr eifrig tätig, fuhr dann nach Lauban und diktierte hier um 5 Uhr schon wieder weiter. Inzwischen waren Zittau und das Eckartsberger Lager voll von Franzosen; polnische Vorposten hatten ein Scharmützel bei Böhmisch-Illlersdorf. Abends kam (Marschall Viktor in die Stadt. Vor dem böhmischen Tore stand noch das polnische De pot nebst des Fürsten Poniatowski Wagen und die Kriegskasse, man erwartete nur noch Befehl zum Aufbruch. Der lang gehegte Wunsch, die Polen los zu werden, schien sich seit dem 46. August größtenteils erfüllt zu haben, dafür kamen nun die Tage der Franzosennot vom 20.—25. August. Der polnische Platzkonunandant Graf Wieniawski hatte den Rat schon am 45. um ein Leumundszeugnis gebeten, das man ihm gern aus stellte, weil er „mit allem Gewissen, Festigkeit und Genauig keit, die einen Mann von Ehre auszeichnen, zu größter Zu friedenheit und zum Besten der Stadt und ihrer Einwohner (sein Amt) geführt" habe. Der Bürgermeister fügte noch ein besonderes Dankschreiben voll Hochachtung und dankbaren An denkens bei, „wenn auch Berge und Täler unS trennen" Der Graf blieb aber noch bis Ende August im Amte. Die Hauptwache in Hiktau war vom 56. französischen Infanterie regiment besetzt. General Uminski drang unter Gefechten mit österreichischen Jägern bei Kunncrödorf und bei Einstedel über Dittersbach— Neupaulsdorf bis Reichenberg vor, wo er am 20. August abends 8 Uhr unter ständigem Musketenfeuer und Kanonendonner ein,zog. General Bruno folgte über Kratzau mit Franzosen und (Westfalen erst in der 40. Stunde. Von Gabel ans streiften die Truppen bis Hühnerwafser, auch von Rumburg weithin, Haida und Kreibitz wurden besetzt^. Greif Neipperg zog sich vorsichtig zurück bis an die Teufelsmauer, da das Hilfskorps Pahlen aus Schlesien nicht eintraf. Die Hauptarmee der Verbündeten ließ sich trotz aller (Meldungen in ihrem Vormarsche gegen das Erz gebirge nicht beirren. Auf Blüchers Abwehr Napoleons in Schlesien konnte man sich verlassen, und von einem zweiten Ein falle in Böhmen würde man ihn in wenigen Tagen bestimmt rbhalten. Sonnabend, den 24. August Blücher zieht sich klug aus der Umklammerung heraus, Napoleon ist in Löwenberg übelster Laune, weil ihm ein sicherer Sieg entgleitet. Eine neue Enttäuschung folgt der von Gabel, die noch in einem Briefe St. Eyrs am 24. aus Dresden nachklingt. „D ie Bewegung, welche Eure (M ajestät über Gabel begonnen hatten, und welche Sie weiter vorwärts zu treiben beabsichtigten, schien mir eine der glücklichen Inspiration en,andenenIhrGenieso frucht bar ist''V Sollte man die Armee der Verbündeten nicht doch noch nach Gabel locken können? Es mnß versucht werden! Am 24. August früh 5 Uhr gehen deshalb viele Regi menter, ganz durchnäßt und ohne Erquickung, durch Hittau nach Böhmen, nach 8 Uhr folgen das 2. und 48. Infanterieregi ment nebst zahlreicher Artillerie und später das 27. Sie führen 3° Ratsakten vom 45. August 4843. " Kriegslasten im August und September 4843 verglei chen. Mitt, des Nordböhm. Exkursionsklubs. 6. (4883.) S. 458. Reichstadt. 43. (4800.) S. 374. Leipa. 44. (4894.) S. 374. Haida. 36. (4943.) S. 469. Gabel usw. S. 292. Kreibitz. Freundlichst mitgeteilt von Herrn Prof. E. A. Seeliger. 38 Th. v. Bernhardi, Das Leben Tolls. III. 429. viel requiriertes Schlachtvieh mit, daß sie bisweilen, obschon sie es selbst nötig brauchen, 2 Taler je Stück verkaufen. In der Stadt wird als Besatzung das 26. Inf.-Regt. einquartiert. Die Franzosen des Eckartsberger Lagers verüben im Dorfe viel Unfug, auch in den Gärtnerwohnungen der Helwigsgasse, durch Einreißen der Planken, Wegnahme von Holz, Heu, Stroh, Küchengeschirr usw. Es war ein ständiger Kampf um Holz und Lebensmittel. In den böhmischen Grenzorten versteckten die Manner ihre Frauen und Töchter in Kellern und Klöstern, die jungen Burschen flohen wegen der Rekrutierung. Bei dem naßkalten Wetter und dem Mangel an Quartieren sucht man die Wachtfeuer um jeden Preis aufrecht zu erhalten, Dielen, Fensterläden, die Bretter der hölzernen Giebel, Tische, Stühle und Bänke werden verfeuert, in Schlesien hat man auch Holz kreuze und Särge aus den Gräbern nicht gescheut. Schümm zu leiden haben Radgendorf, Kleinschönan, Harthau, Lückendorf und Oybin. Unerbittlich sind die Forderungen an Geld und Lebensmitteln, nur hier und da können sich Gemeinden der Sol daten mit einem „Douceur" erwehren. In jenen Tagen beten die Bauern: Vater unser, der du bist im Himmel, Befreie uns von dem Kriegsgetümmel Und von der Tyrannei Gezücht . . . Feig, ohne Treue, ohne Glauben Sind sie nur tapfer, wenn sie rauben Unser täglich Brot. So treiben sie's an allen Orten, Ihr Deutsch besteht bloß in den Worten Gib uns! Drum wär es uns die größte Freude, (Wenn sie verstummten lieber heute Als morgen (usw. alle Bitten des Vaterunsers) 3". Die Not steigt auch in Grottau, Kratzau und Reichenberg, wo in das Lager von Paulsdorf und Nieder-Rosenthal für 40 000 M. Verpflegung angefordert ist. Ans Reichenberg wird eine Abordnung von Priestern, herrschaftlichen Beamten und Bürgern nach Hittau geleitet und von hier in städtischen Ratswagen über Görlitz und Lauban nach Löwenberg gesandt, wo sie Napoleon am 23. um 44 Uhr empfing. Sonntag, den 22. August „Lasten Sie (Maret) dem Marschall St. Cyr wissen, daß ich weit davon entfernt bin, auf mein Unternehmen in Böhmen verzichtet zu haben, daß das Vorgehen in Schlesien nur eine Epi sode davon ist''"." 42 Divisionen stehen bereit, um Hittau, Rumburg und Pirna um jeden Preis zu halten. „Ich selbst kann in 6 Stunden in Hittau sein . . . Die Täler von Gabel sind befestigt worden. Wenn man nach Böhmen gehen will, sind diese Befestigungen unerläßlich, um den Paß im Falle eines Rückzuges halten zu können. Die Garden sollen mor gen über Görlitz nach Böhmen gehen, können aber-auch in 2—4 Tagen in Dresden sein." In großer Selbst täuschung freut er sich über Blüchers schnellen Rückzug und merkt nicht, daß er selber dadurch immer weiter von Dresden weggelockt werden soll. Dem Kaiser erscheinen seine Generale erschreckend unselbständig, überall ist seine Gegenwart nötig, um den Feind zu meistern. 33 Das Bauern-Vaterunser fand sich im Nachlaste des Julius Wilhelm von Oppel in Dresden, der schon im Mai 4843 die Oberlausitz und das Erzgebirge als Gebiete des Hunger elendes bezeichnete. Vergl. O. E. Schmidt, Aus der Heit der Freiheitskriege und des Wiener Kongrestes. 4944. S. 40,42. " Lorresp. Nr. 20437. Die meisten Darstellungen brachten diese Auffassung Napoleons von seinen Gabeler Plänen nicht und gaben grade sie nur als flüchtige Episode.