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Die Natur also stellte hier überall ihre Forderung. Nicht wie ein Despot, sondern ähnlicher einer Magna Mater, die ihre Reize nur dem Tüchtigen schenkt. Oft stiegen wir auf die Hochebene des Gebirgswalles über die Baumgrenze. Dort find die sogenannten Bauden spärlich verstreut. Die Luft ist dünn, und man wandert leicht, das Auge dringt weit über Schlesiens Erde. Wieder und wieder erstieg man die Schneekoppe, wo das Lichtphänomen eines tBonnenaufgangs bei klarem Himmel berauscht, fast betäubt. Die Stille des „Kammes" — wer wollte es leugnen? — ist rätselhaft. Das magische Schwei gen des Bodens nicht minder. Feh habe das nicht im Schwarz wald, auch nicht in den Alpen auch nur ähnlich gefühlt. Es ist aber eine sprechende Ruhe, ein sprechendes Schweigen, als könnte sich jeden Augenblick ein hunderttausend Fahre verschol lenes, in die Geheimnisse des Granites gefesseltes und gebann tes Leben mythisch und mystisch wiederhcrstellen. An gewissen Stellen, so in der Nähe der Schneegruben, liegen Halden verwaschener Blöcke, die selbst einer nicht ganz leicht erreg baren Phantasie Formen von Lebewesen darstellcn, Seehunde, Fische, Wasserjungfern von der Art, wie man sse da und dort im Mittelalter beschrieben hat. Türmen ähnliche Gebilde rie siger Granitblöcke zeigen sich. Pferdeköpfe, Turmsteine, Ouarg- steine, was augenscheinlich auf Fwerge deutet. Die alte Schie ferkappe der Schneekoppe, Rest der Gesamtbedeckung, hat kleine Platten, die nach Veilchen duften, überdeckt mit Veilchenmoos- Köstlich, hier oben in reinster Luft diese duftenden Steine. Nicht zu erschöpfen, wie hier Natur jeden Augenblick beschäftigte und gleichsam zwang, so wenig wie möglich von der unendlichen Fülle der Schönheit und Gewalt ihres Fahreslaufcs zu ver säumen . . . Nüchtern betrachtet, gewann ich hier und in jenen bc- dentsamen Tagen für meine künstlerische Tätigkeit und das er regende Scheinwesen des Theaters das gesunde Gegengewicht. Durch Aktivität zur Aktivität. Krummfjübel i. klgb. Vir wollen wandern Vorbemerkung: Der neue Vereinsführer des Schwäbischen Albvereinö, Direktor G. Fahr bach, der allen Teilnehmern des letzten Wander tages in Stuttgart bestens bekannt ist, äußert in den nachstehenden Ausführungen seine Meinung zum VereinSrvandern. Der Aufsatz ist mit freund licher Erlaubnis des Verfassers dem Mai-Heft der Blätter des Schwäbischen Albvereinö entnommen. Die Pflege des Wanderns war von Anfang an nicht die einzige, aber sse war schon immer die Hauptaufgabe der deutschen Wandervereine und sse muß eö bleiben. Mann daher der Führer eines Mandervereins neben seinen sonstigen Aufgaben die Leitung eines Fachamts übernimmt, so muß er das Amt des Haupt- wanderwarts übernehmen, damit er sich mit seiner ganzen Kraft und mit der vollen Autorität seiner Führerstellung dafür ein setze, daß unter all den vielen Aufgaben des Vereins das Wan dern immer obenan stehe. Er bleibt dann auch mit dem Wan dern und den Wanderwarten des Vereins immer eng verbunden und er selbst wird immer Wanderer und damit Vorbild für seine Mitarbeiter und Mitglieder bleiben. Und Wandern ist nötig, heute mehr denn je. Wir leben in einer Feit, die an den einzelnen Nken sehen ungeheure Anforde rungen stellt. Ein großer Teil der Menschen ist heute, ohne körperlich müde zu sein, nach der Tagesarbeit geistig so sehr ab gespannt, daß er in seiner Freizeit zu irgendwelcher nützlichen Arbeit nicht mehr fähig ist. Auch die Berufsarbeit selbst leidet unter der Ucberbeanspruchnng und der leider zu häufig fehlenden Entspannung. Die Nerven tun nicht mehr mit. Solche Man schen werden sich nicht genügend erholen und sie werden keine ausreichenden Kräfte für die Arbeit des andern Tags oder der andern Woche sammeln, wenn sie zu Hause sitzen bleiben oder wenn sie nur kurze Spaziergänge machen. Nur die länger an dauernde, gleichmäßige und ruhige Bewegung des Körpers und die andere Umgebung bringen die notwendige Entspannung. T8er Sonntag für Sonntag im einfachen Wanderkleid den Lärm und die Hast der Städte verläßt und allein oder in froher Ge sellschaft hinanswandcrt in die Natur, der erkennt bald, wie viel sie ihm gibt an Nervenkraft und seelischen Warten und was sie dem Mäuschen sein kann in Feiten geistiger, seelischer und auch körperlicher Not. Beim Wandern schütteln wir alles ab, was von des Alltags Last nnd Plagen noch an uns hängt: unser Geist wird von selbst abgelenkt von den Sorgen und Mühen des alltäglichen Lebens, unsere Nerven werden ent spannt und wir werden andere Manschen. TNr werden auf geschlossen allem Schönen, aufnahmebcreik für das Geheimnis volle in der Natur und wir erkennen leichter den tieferen Sinn alles Seins. So bildet das besinnliche JDandern den Menschen nnd so ist cs für alle Uwe lisch en eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Erholung. Wir brauchen neben der Ertüchtigung des Kör pers die Pflege der GcmütSwerte unserer deutschen Manschen. Der stetige Umgang gut her Natur wirkt sich auf den Menschen