Volltext Seite (XML)
staud Man als Untertanen des Königs von Sachsen doch noch näher als den längst verhaßten Franzosen. Dem Schauspiel der Einzüge fehlte es nicht an Farbenpracht, und der hohe Adel wurde -in seinen kostbaren Uniformen und roten Röcken ange staunt. Poniatowski erschien als vollendeter Kavalier, freundlich in seinem Auftreten, von stattlicher Schönheit, umschwärmt von Frauen. Onartier nahm er in Webergasse Nr. 42 bei Kauf mann TLerner, der sich selbst dazu erboten hatte. Hier war er mit seinen fünf Adjutanten oft auf dem Balkon zu sehen, wenn die Militärmusik vor dem Hanse spielte. Arn selben Vormittag 44 Uhr folgte ihm die 3. Ko lonne unter General M a l a ch o w s k i so) Mit einem Regiment Ulanen, einigen Schwadronen Kürassieren mit Hel men und Roßschweifen und mit zwei Regimentern Infanterie, sowie einem Regiment Bauernkosaken. Nach Parade und Musterung auf der Neustadt vor dem General Dejean zogen sie auf die Dörfer Oybin, Lückendorf, Jonsdorf usw.; nach Großhennersdorf kamen zwei Schwadronen Kürassiere unter Major Szarzinski. A -m M ittwoch , dem 46. Juni, erschien vormit tags zwischen 40 und 4 4 Uhr d ie e r st e K o l o n n e unter dem tapferen R e i t e r g e n e r a l Tolins-ki^), der sich ebenso wie die anderen 4842 ausgezeichnet hatte. Seinem 4 4. Ulanenregiment (die sog. silbernen Ulanen zum Unter schiede von den goldenen des Genreals llminski seinen Chas seurs und Husaren folgten einige Kanonen von der reitenden Artillerie. Nach der Musterung auf einer Wiese vor dem böh mischen Tore zogen sie auf die Dörfer, z. B. die Ulanen mit dem General, 30 Offizieren und 340 Mann nach Reichenau, wo im Oberdorfe schon eine Schwadron Husaren lag 8°). Die 4. Kolonne kam am Donnerstag, dem 4 7. Juni, unter dem Grafen KrasinSki, viel Infan terie, Husaren und Bauernkosaken. Nach Musterung und Manöver» auf der Wiese kamen sie alle auf die Dörfer, z. B. nach Hirschfelde 6 Kompanien vom 6. Infanterie-Regiment, die neun Wochen dablichen und dem Orte durch viele Liefe rungen eine große Last waren °"). Burkersdorf und Schlegel erhielten Kürassiere und Ulanen, die kurz darauf von einem Regiment polnischer Kosaken abgelöst wurden. Am Bußtage, Freitag, dem 48. Juni, mußte früh 8 Uhr ein Teil des 45. Infanterie-Regiments nach 2Ral- tersdorf abrücken, um den letzten Truppen der 5. Kolonne unter dem Fürsten Anton Sulkowski Platz zu machen. Poniatowski, Dejean und mehrere Stabsoffiziere ritten ihnen bis in die Gegend der Neuen Schänke entgegen. Diese Kolonne bestand aus einem ausgezeichnet schönen lllanen-Regi- ment mit ganz bunten Fahnen, aus Bauerkosaken, welche gleich mit wildem Geschrei von der Straße auf die Wiese am böh mischen Steinweg gesprengt kamen, polnischer Infanterie und einem Bataillon Franzosen sowie einem Train reitender Ar tillerie. Ihre Musterung und verschiedene Manöver vor den beiden Fürsten wurden von einer ungeheuren Fuschauermenge umgeben. Sulkowski (* 34. Dezember 4785) war erst 27 Jahre alt und hatte sich seit 4807 mehrfach, zuletzt 4842 als ausgezeichneter Reiterführer nnd Brigadegencral durch glänzende Waffentaten, zeitweise auch als Adjutant Napoleons, hervorgetan "). Er war ein Vetter des schon erwähnten Adju- bb)> Die Einzüge der Kolonnen und ihrer Führer gibt P e - sch eck, Zittau, II. 664—664, als Augenzeuge ebenso an schaulich wie der ausführlichere K. A. Tobias, Beiträge zur Geschichte der Stadt Aittau. 4863. I. 4843. S. 27—34, nach Tagebüchern. Die richtige Reihenfolge der Kolonnen 2, 3, 4, 4, 5 geben nur die RatSakten an. — Tobias kennt am besten die Truppenteile und ihre Ouartiere. °?) Erwähnt bei Fürst blicti. OZinZki, blömoire8. 4827. IV. 47. 479. Brigadegeneral, ragt Okt. 4843 her vor. S. 474. bb) Baron Dezydery Chlapowski. Als Ordonnanz- pffizier Napoleons 4806—43. — 4940. S. 482. 8°) Engelmann, Reichenau. 4905. II. 365- tauten Joseph Sulkowski, der 4798 in Aegypten bei den Pyra miden gefallen war. Ihr gemeinsamer Vorfahr Graf Alex, v. Sulkowski (4695—4762) war einer der bedeutendsten Mini ster Sachsens, so mächtig, daß er 4733—38 mit dem Grafen Brühl gleichstand "). Der junge Fürst Anton nahm Ouartier beim Senator Kretschmar -in der Bautzner Gaffe. Als man ihm bei seiner Ankunft ein Dejeuner vorsetzte, hat er sich für die Ankunft dergleichen verbeten, „da er sich nicht wie die Fran zosen verpflegen lassen wolle". Er wohnte danach im Schlosse zu Großhennersdorf, zusammen mit General llminski, ebenfalls als Reiterführer berühmt^), und dessen Stabe, und auch das „goldene" lllancnrcgiment lag in diesem Dorfe. Nach Jonsdorf kamen 320 Polen, die bis 45. August da blieben. Das 47. Infanterie-Regiment wurde in Aittau nntergebracht. Von den -unerträglichen Lasten der Einquartierung bis Ende August macht man sich heute nur noch schwer eine richtige Vor stellung. Bekam doch ein Hans zwei bis -drei Mann, die Bier höfe in Aittau 8 bis 42, die Bauern 20 bis 30 Miami "). Reichenau hatte schließlich über 600 Rstann und 700 Pferde zu versorgen: Oberoderwitz 600 Mann polnische Infanterie über sechs Wochen; Eibau, Seifhennersdorf und Ebersbach er hielten das 4., 2. und 3. leichte Kavallerie-Regiment"). Von der Unmenge der Offiziere, an denen die Polen nach -den Ver lusten an Truppen 4842 llcberfluß hakten (man zählte im Juli über 600), entfielen allein auf Waltersdorf über 50. Kein Aweifel, man ging großer Not und Teurung entgegen, uüd den eben erst am 9. Ium bekannt gewordenen Waffenstill- stauds-bedlngungen traute man nicht. Das Gerücht, daß Napoleon zur Begrüßung und Be sichtigung der Polen am 48. Juni nach Aittau kommen werde, bestätigte sich nicht^). Er hatte sie durch seine Generale unter Salutschüssen -empfangen lassen, und seine Fürsorge spürten sie sofort. „Der gigantische Genius Napoleons war überall gegen wärtig, von der Elbemüudung bis ans Erzgebirge, vom Atlan tischen Ozean bis an die Weichsel, in Italien, in Illyrien, jen seits der Pyrenäen. lleberall dachte, befahl und wirkte er")." Im Befehl vom 6. Juni aus Licgnitz an den Außenminister Maret hatte er die Polen -vom 4. Juni an in seinen Sold ge nommen "). Sofort nach -ihrer Ankunft in Aittau sollte -ihnen der Monat Juni a-usgez-ahlt werden, insgesamt vermutlich 400 000 Franken. Damit bevorzugte -ec sie weit vor den -anderen Truppen, die Monate lang auf ihren Sold warten mußten. Außerdem sollte Baron Bignon sofort in Aittau bei der An kunft alle -ihre Bedürfnisse an Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstung feststellen. Wirklich traf ganz pünktlich am 44. Juni ein Trupp von 250 Mann westfälischer Infanterie vom 8. Regiment und 20 Mann polnischer Kavallerie durch das Bautzner Tor -ein mit vier französischen Geldwagen, die auf dem Markte unter Bewachung stehen blieben ^). ^Weniger sorgfältig wurde ein zweiter Befehl an Maret aus Haynau vom 6. Juni a-usgeführt, die Beschaffung von etwa 7000 llwi- 4°) Chlapowski, S. 49—24, in Spanien S. 464. blömoires cle k,gnA6ron, General d. Inf. in der russischen Armee, 0ompgAN68 cke 4842. 43. 44. — 4902. S. 432 er wähnt Sulkowskis Heldentaten 4842. Ebenso Oginski. S. 34. 47. General Renni^en, bl^moit68. Paris 4907. III. 260. ") Aus Sachsens Vergangenheit, 4. Heft. Albr. Phil- lipp, Sulkowski und Brühl. — 4944. 4°) Brigadegeneral Jean Nepomuk llminski, vergl. Oginski, S. 479. 556. lieber seine Taten 4806—42 be richtet Chlapowski, S. 44—49. 47. Ferner Graf Ro man Soltyk , Napoleon im Jahre 4842. — 4838. S. 232. ") Tobias, S. 28. ") Ratsakten Aittau, Landeskommissar v. Gersdorf an Poniatowski. 46. Juni. ib) Tobias, S. 29. <°) Veltza, Oesterreich 4843—45. 2. Band, Glaise p. Horstewa«, Die Tage von Dresden. S. 49,