Volltext Seite (XML)
der Mannigfaltigkeit an Domren schämen muß, die wir an ver gangenen schaffensfrohen Heiken noch heute bewundern. Mit welcher Liebe und Erfinoergabe Hätz sich der Oberlausttzer mit den einzelnen Bauteilen seines Hauses beschäftigt! (Abb. 3.) selten Inschriften an Häusern findet. Der Oberlausttzer liebt es nicht, jedem Vorübergehenden gleich seine Gesinnung zu offen baren ^*). Und was 1836 einer in Grunau bei Ostritz über seine Türe schrieb, beweist nur diese Denkart: Abbildung Z: Lausitzer Haus aus Obercunnersdorf Schon die Konstruktion des Umgebindcs blieb davon nicht ver schont. Das tragende Gerüst der Säulen, anfangs rein sachlich aus rechteckigen Balken hergestellt, mußte es steh gefallen lassen, daß die Säule durch Schneiden und Behauen Leben und Ge stalt bekam, daß formen entstanden, die dem Empfinden der Renaissance nahestehen. Die verbindenden Bogen erhielten durch Einkerben ein fröhliches Spiel von Licht und Schatten, die Fensterumrahmungen machten die verschiedensten Wandlungen durch vom einfach schlichten bis zum barock reich bewegten Um riß. Und welche Fülle der Erscheinungsformen der Türen! Bald sind es die einfachen Brettertüren mit schräg liegenden Bret tern, bald werden die Bretter zu Mustern zusammengesetzt; der Wohlhabende versteht seine Haustür mit plastischem Schmuck oder gibt ihr das strenge, vornehme Gepräge klassizistischer Hcit. An den Umrahmungen der Türen entfaltet der Steinmetz seine Kunst vom einfachen Granitgewände bis zur künstlerisch hoch stehenden Kultur der 2Naltersdorfcr Türen am Fuße der Lausche. Eine köstliche Schaffensfreude lassen auch die Schiefer dächer und Schicferverkleidungcn erkennen. Ganz ans dem ^Werkstoff heraus entwickelt sich da eine Nsannigfaltigkcit und eine Gemütötiefe, die jeden in Erstaunen setzt, der etwa die Gegend um den Kottmar oder auch um die lWeifacr Höhe durch wandert. Der eine bevorzugt das Sonnenmotiv aus radial un geordneten schmalen Schicfcrsteinen, ein andrer setzt sie zu sammen zum Kranz, zum Herzen, zum Stern usw. Dabei wird der Wechsel von Hellein und dunklem Schiefer weitgehend aus genutzt. Auch Staniolornamente, auf Schiefer aufgeklebt, kom men vereinzelt vor. Wie verschieden auch die Bauanfgabcn im einzelnen lagen, ja auch bei wohlhabeUden Fabrißantenhänsern, bei alten Post bauten, sogar bei einigen Fabrikgebäuden, immer fanden sich in den Heiken traditionellen Bauschaffens Meister, die zwar keine Kunstgeschichte kennt, die aber den Hnsammenhang mit der guten alten Tradition ehrfürchtig bewahrten, die aus dem gleichen Geist heraus, den sie von ihren Vorfahren geerbt hatten, weiter schufen, die, entsprechend der Oberlausttzer Wesensart, sparsam zu wirtschaften verstanden, indem sic konstruktiv bauten, die zurückhaltend und doch erfinderisch waren im Schmuck, der fast nirgends als nachträgliche Hntat erscheint, sondern aus den Bangliedern selbst entwickelt ist. Es mag bezeichnend sein für den Oberlausttzer, daß mau nur Sich nicht auf mich und die Meinigen, Sich stets auf dich und die Deinigen. Wirst du dich und die Deinigen recht betrachten, So'wirst du mich und die Meinigen nicht verachten. Huweilen finden sich Inschriften an solchen Häusern, vie durch irgendeine Katastrophe zerstört und dann wieder anfgcbant wurden, so Taubcnhcim: Das Wasser riß nieder, Gott half wieder. Hochkirch: Im Kriege (t.758) brannt ich nieder, Der Frieden baut mich wieder. Nur selten sind Inschriften, die sich mit dem lieben Nachbar beschäftigen: Wilthen: Alle Dinge in der Welk Sind dem Tadel 'bloßgestellt. WA bauet au der Straßen, Muß sich tadeln lasten. Ich hab gebaut nach meinem Sinn, Ein andrer baue, wie er will. Am häufigsten kommen noch Inschriften vor, die den frommen Sinn des Oberlaufitzers offenbaren: Kindlich rührend der Spruch aus der Hittauer Gegend: Wie klein das Haus, wo ich bin, Der liebe Gott mag wohnen mit darin. Aufrecht und gerade das kurze T8ort in Wehrsdorf: Wer fromm will sein, Geh sicher nein. Besonders schön rin Spruch au einer Weberhütte in Wal tersdorf an der Lausche: Omnis cum cleo et nihil sine ec> Alles mit Gott und nichts ohne ihn. Und an einer Scheune in Berge: Die Arbeit unser, Der Segen Gottes. **) Vgl. lWohnhausinschriften in Gachjen, von Dr. phil. Paul H-inck, Leipzig, Verlag Landesverein Sachs. Heimatschutz.