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aber erzog das gemeinsame Schaffen. Schmidt erzählt, daß er beim Bau der Frauenkirche „vom Anfang bis zum Ende die allermeisten Zeichnungen und Modelle gefertigt und ausführen helfen". Nach Bährs Tode heiratete Schmidt dessen Frau und kam dadurch in den Besitz von Bährs schönem Wohnhaus in der Seestraße, das leider weggerijsen worden ist. ^olMneskirche in Attau Nun ergibt sich die Frage, warum sich diese aus dem Zimmermannsgewerbe hervor gegangenen, bodenständigen, vom Vertrauen der Bürger gestützten Manner gerade im 48. Jahrhundert in ihrer Kunst so glücklich entwickeln konnten. Wir haben weder im 46. noch im 47. Jahrhundert entsprechende Bau ten, wie die Frauenkirche. Der Grund ist in erster -Linie ein geistiger. Es handelt sich um eine Reaktionserscheinung, nm eine Wider- standsbewegung religiöser Art. Der lleber- tritt August des Starken zur katholischen Kirche aus politischen Gründen hatte im Lande eine starke innere Bewegung hervor gerufen. Man sah den evangelischen Glauben bedroht und wurde sich erst jetzt seines Mierkes bewußt. Die Frauenkirche ist ein Protest nicht in Worten. Saxa loguuntur. Die Steine reden. Es könnte sich die Frage erheben, was hat das Steingebirge mit dem Zimmerhandwerk zu tun. Darauf ist zu erwidern, daß Bähr anfanas die Kuppel in Holz errichten wollte. Für die Bauten von Schmidt und Hünigen ist insbesondere der Kuppelhals in seiner sich einziehenden Schweifung wichtig geworden. Diese Form ist am Mansarddach, dem ge brochenen Dach, entwickelt und wurde für die Bähr-Schule charakteristisch. Wrlche Be deutung für die Frauenkirche die Holzkon struktion hak, zeigt ferner das Innere mit seinen Emporen. Auch die tragenden Pfeiler hängen mit dem Holzbau zusammen. Hünigen hat diese Pfeiler in seinen kleineren Kirchen in Holz anögesührk. Im übriaen wirkt hier als Vorbild die spätgotische Halle ein, von denen es so viele hervorragende Beispiele in Sachsen gibt, so die Kirchen von Pirna und Annaberg, die alte Iohanneskirche in Zittau. "Wer fühlt sich nicht in diesen Kirchen, deren Gewölbe von freistehenden Pfeilern getragen werden, an einen Wald erinnert, durch denen Stämme die Blicke ins Licht gehe». Die kunstvolle Art, wie bei der Frauenkirche die Emporen und geschweiften Linien geführt werden und vor dem Altarranm und den Fenstern zurückweichen, ist ebenfalls später bei Hünigen z« finden. Nur dadurch konnte die Fraae der Belichtung gelöst werden. Im ganzen Bau lebt der Schwung der Barock zeit: eine kraftvolle Sprache. Wre winden sich die Kurven um den mächtigen Kanzel pfeiler! 2Das wir jetzt bewundern, das wurde damals durchaus nicht allgemein gebilligt. Der Italiener Ehiaveri, der Erbauer der katholischen Hofkirche, nach jeder Richtung bin der Rivale Bährs, äußerte sich über die Frauenkirche: ,,Wrnn sich Bähr auf die Regeln der Baukunst berufe, so wäre das aescherzt, weil er niemals ein Bauverstän- diaer gewesen wäre, wie man aus seiner Ar beit gar deutlich sehen könne." Damals prophezeite mau den Einsturz der Kuppel. Es sind aber nicht nur die 200 Jahre, sondern auch die Kanonenkugeln der Artillerie Fried richs des Großen an ihr wirkungslos ab geprallt.