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7ln öie Verbanüsvereine! An 0er Schwelle des Jahres 1937 entbiete ich den in der Lusatia zusammengeschlofsenen Vereinen lind allen ihren Nsit- glievern einen herzlichen Gruß. Als neuer Vorsitzender des Verbandes gebe ich meiner Freude darüber Ausdruck, daß ich von jetzt ab an den vielseitigen Ausgaben, die sich die Lusatia und die ihr angehörendcn Vereine gestellt haben, mit arbeiten darf, süble ick mick Vock durch meine 12jäbrige Tätigkeit in Kamen; und in Bautzen mit der Lausitz aufs engste verbimsen. Der Oberlausitzer Heimat gilt all unsere Arbeit; sie weiter zu erschließen und zu ergründen, in ihr unsere Herzen noch fester zu ver ankern und ihr neue Freunde zuzuführen, das sei unser gemeinsames Streben und .Mühen, unsere Losung auch im neuen Jahr! Es ist der beste Dienst, den wir dem Grenzland Oberlaufitz erweisen können. Ncöchte ihm Erfolg beschieden sein, zum Segen unserer schönen Heimat uns unseres geliebten Vatcrlanves! Heil Hitler! Dr. Sievert, Amtshauptmann. Fum Geleit/ Nichts ist für einen Stamm und deshalb für die von ihm geformte Landschaft bezeichnender, als seine Vanweise. An nichts, nicht einmal an der Sprache, halten die Völker so fest, als wie an der Ausgestaltung ihres Mbhnraums. So auch be mächtigt sich das Bedürfnis nach höherer Lebensgestaltung zuerst der auftreteiwen Bauaufgaben, seien es nun Aufgaben der höhe ren Wohnkultur oder Aufgaben, Räume für gemeinschaftliche Jwecke zu gestalten. Jede Jett verwirklicht nur in letzteren Aufgaben ihre Gedanken und Gesinnungen. Das Wobulmus, insbesondere die landwirtschaftliche Siedlung, ändert sich im Laufe der Jahrhunderte in ihrem Grundriß kaum, nur bei nen- anftretenden Bedürfnissen, z. B. der Stallhaltnng des Nutz viehes oder Unterbringung von Gewerbebetrieben wird dieser verändert. Anders beim Kunstbau: Aus dein Grundriß eines gotischen Domes und einer barocken Rundkirche lasten sich die Verschiebungen der religiösen Betonungen vom Gefühl zum Verstand hin ablefen, aus dem Grundriß einer Renaissancebnrg und dem eines Schlößchens der Biedermeierzeit spricht nicht nur die Wandlung der Lebenshaltung, sondern auch die der Ein stellung einer ganzen Jett zur Kunst und ihren Ansdrucksmitteln überhaupt. Hieraus ergaben sich die Aufgaben der vorliegenden Num mer. Wir freuen uns, von berufener Hand beide Probleme, das der Erhaltung der heimischen Bauweise und das der letzten ge schlossenen Stilperiode des Barocks für die Lausitz dargestellt zu sehen. Gerade sie Augusteische Jett (1700—1750), diese letzte große Blüteperiode der lWettiner Lande, hat das Gesicht der Lausitz in seinen Kunstbauten wesentlich gestaltet. Im Laufe des Jahres werden ivir diesen Spuren nachgehen und in einer zwanglosen Reihe die in dieser Jett entstandenen Schlösser und Bauten besprechen. Und nicht nur dies: Noch ist cs der For schung Vorbehalten, nachzuweisen, wieweit die barocke K u n st in die V o l k s k u n st selbst eingedrungen i st , damit die kritiklos nachgeschwätzte Ansicht von der „nicht volksgebundcnen, im luftleeren Raum aristokratisch schwebenden" Barockkunst zerstörens. Ist schon der Jwingcr Pöppelmanns in diese landläufige Ansicht nicht einzuordnen, fast jede Kunst geschichte stellt dies fest, so geben schon die zahlreichen mit barocken Ornamenten geschmückten Lausitzer Bauernmöbel zu denken. Wie ist es möglich, daß namentlich bekannte Dorfrischler barocke Säulenkapitäle von hervorragender Schönheit schaffen, wenn sie des Geistes des Barock nicht teilhaftig gewesen wären, und wie ist es möglich, daß schlichte von ortsansässigen Hand werkern errichtete Kirchen, wie die in Taubenheim, den Bau gesetzen dieses Jeitalters folgen, wenn den Erbauern diese Ge setze nicht arteigen gewesen wären. Im Gegensatz zu anderen Provinzen unseres großen Vaterlandes, z. B. Pommern, hat das Barock bei uns einen Widerhall bis zum letzten Dorf ge funden, ja, es ist mit dem Korbbogenportal bis in die heimische Bauweise vorgcdrungen und hat so das Gesicht der Landschaft wesentlich gestaltet. Dies im einzelnen zu belegen, wird in Ju- kunft ein Teil unserer Aufgabe sein. So gehen wir in das neue Jahr mit neuen Aufgaben und Jielen und hoffen, unseren Lesern damit eine vertiefte Kennt nis unserer über alles geliebten Heimat zu vermitteln. Dr. v. S chliebe n. Leben unü Merk ües M-Lausiher Architekten Möreas hünigen Andreas Hünigen, oer bedeutende Lausitzer Baumeister der Barockzeit, ist seiner ganzen Art nach ein echter Deutscher alten Schlages gewesen. Er gehörte einer Berufsklasse von Hand werkern an, ivie sie schon unter den Germanen hervortrat, näm lich den Jimmerleuten. Im waldreichen Nkuglitztal ist seine Heimat zu suchen. Er ist wahrscheinlich ein Kind des Erzgebirges, wie sein größerer Vorläufer George Bähr, der Erbauer der Frauenkirche in Dresden. In den alten Baurechnungen der Schloßkirche von Weesenstein fand ich die Vermerke aus den 30er und 40er Jahren des 18. Jahrhunderts, nach denen wir uns die Arbeit des jungen Jimmermanns vorstellen können. So z. B. hat der Rechnungsführer am 29. Dezember 1737 ein getragen: ,,l Thaler, l Groschen gezahlt Andreas Hünigenö nebst Konsorten 3 Linsen zu fällen, zu zerschneiden, zu bewald rechten, zu Wege schaffen und anderes mehr incl. 1 Tag Hüni- gens de» Glockenstuhl zu reparieren laut Jettels." Heute würde Eberhard Hempel die Rechnung der Bauleute anders lauten, llnd trotzdem haben die Handwerker dieser alten Jeit ein besseres Auskommen gehabt, sie standen vor allem drin in einer lebendigen Ileberliefernng, im alten Handwerksbrauche, sie konnten, wenn sie das Jeug hatten, zum großen Baumeister emporsteigen. In einer Linie stehen die drei: Georize Bähr, Ser Erbauer der Frauenkirche in Dresden, Johann Georg Schmidt, der Erbauer der Kreuz- und Armen kirche saselbst, Andreas Hünigen, der Erbauer der Johannes^ kirche in Jittau. Alle drei waren ursprünglich Jimmerleute ge wesen und sind dann Ratsbaumeister geworden. Sie folgen zeit lich aufeinander. Einer hat vom andern die Kunst gelernt. Weitergebildet haben sie sich weniger auf Reisen als durch Architekturbücher, Stiche und Jeichnnngen. Johann Georg Schmidt sagt von sich selbst: „Von Jugend auf habe ich bei dem berühmten Bähr in den besten Jeichnnngen fremder ansehnlicher Hauptgebäude mich zu üben Gelegenheit gehabt." Am meisten