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seinem großen Ei das Feld. An den Wänden aber hängen afrikanische Waffen und Geräte und die Gehörne der verschie densten Antilopenarten. Ganz zuletzt ist dem Besucher noch eine besondere Ileber- raschung aufgespart, ein Raum mit alten Jagd- und besonders Wildschützengerätschaften. Es find hier alte Radschloßgewehre zu sehen; ganz besonders aber wird das Auge von Gewehren mit eigenartig aufgeblasenen Kolben gefesselt. Man erfährt, daß es iWildschützenlllftgewehre stnd, bei denen der Kolben als Luftkessel dient. Mit einer Luftpumpe wird die Luft darin zu einem sehr hohen Druck ausgepumpt, sodaß diese Gewehre ohne lauten Knall doch eine große Tragweite und Durchschlagskraft besitzen. Dabei kann mit einer Luftfüllung nicht nur ein, sondern eine ganze Anzahl — bis zu vierzig — Schüsse abgegeben werden. In den vorstehenden Zeilen ist keineswegs die ganze Vielsei tigkeit dieser interessanten Sammlung zur Geltung gekommen, sondern nur eine kleine Auslese dessen, was dem Berichterstatter als Auffälliges erschien, sollte als Beispiel dafür aufgeführt werden, daß sich ein Besuch dieses Museums für jedermann lohnt, der nach Oppelsdorf kommt. >Vejle Skizze von Martin W eise, Dresden. Vor hundert Jahren, so berichtet eine Familienchronik, lebte in Wald—Bad Oppelsdorf, nahe der Waldmühle, ein Häusler, der den Namen „Held-Weise" führte. Nicht etwa, weil er in seinem Leben ein Held gewesen ist, oder sonst wegen rühmlicher Taten von sich Redens gemacht hätte, o nein, son dern weil seine Frau eine geborene Held war und es der Wei ses gar viele im Dorfe gab. Dieser Häusler war als junger Mensch 18l2 mit dem Franzosenkaiser Napoleon nach Ruß land gezogen, wo die große Armee dieses genialen Heerführers durch die grimmige Kälte aufgerieben wurde. Der Feldzug in die Schneewüsteneien war auch für Held-Weise nicht ohne nachhaltende Folgen geblieben. Nicht als Sieger und Held kehrte er heim in das stille Dörfchen, sondern als ein sonder barer iMann, der Rußland und den kühnen Kaiser nicht ver gessen konnte. Sein ganzes Leben drehte sich nur um Rußland und den Kaiser Napoleon. Er wurde nicht müde, davon am Sonntag in der Schänke zu erzählen: von den langen Nkär- schen, vom Schildwachstehen, wobei die Finger am Geroehr er starrten, die Füße zu leblosen Klumpen wurden, von Biwak feuern, von Entbehrungen und vom Tod, der täglich eine reiche Ernte hielt. Als der Häusler die Fünfzig überschritten hatte, kamen Tage und Nächte, in denen er sich nicht mehr auskannte. Im Sommer ging es noch an, da hatte er seine Arbeit auf dem Feld und im Wald und war des Abends sehr müde, wenn er heimkehrte. lWenn aber dann die langen TLintertage und -Nächte kamen, wenn tiefer Schnee die Fluren deckte und die Bäume im Rauhfrost erstarrten und glitzerten, dann glaubte er, nicht mehr in seinem Heimatdorfe zu weilen, sondern in Rußlands Wüsteneien. Wenn die Füchse bellten, sagte er zu seinem Wdibe: „Hörst du, wie die Wölfe heulen, Rosel? So war es in Rußland auch. Sie kommen bis ans Haus, sie holen sich ihren Teil." Und dann nach einigem Nachsinnen: „Rosel, paß auf, jetzt müssen wir Schildwacht stehen. Und kommt einer heran, —- dann, — flugs das Gewehr — — und, hast du nicht gesehen, wälzt er sich im Schnee, daß der blutrot wird, blutig rot!" Ehe es sich sein braves lWeib versah, hatte er die hohe Pelzmütze aus dem Schrank und das Gewehr geholt, und ob sie wollte oder nicht, er zerrte sie hinaus in die kalte iWinter- nacht, vor das Haus. Dort mußte sie, oft nur notdürftig be kleidet, in hoher Pelzmütze mit dem Gewehr im Arm, Schild wache stehen. Alles Bitten und Flehen half nichts. „Steh Rosel, steh! — Ja, siehst du, so kalt war es in Rußland! So kalt! Hörst du die Wölfe? — Steh, Rosel, steh! — Und wenn der Kaiser Napoleon geritten kommt, auf weißem Schimmel, weiß wie der Schnee, dann, Rosel, präsentiere das Gewehr! Da mußt in Achtung stehen, hörst du, TLeib?!" Freude und Begeisterung strahlte aus seinen Augen, wenn er so seinem Weibe zeigen wollte, wie kalt es in Rußland war im furchtbaren Winter anno 18l2. Doch wenn das Rosel nicht mehr stehen wollte oder konnte, dann band er sie an der Klinke der Haustüre an. Die Sterne glitzerten, blau lag das Licht des Mondes auf verschneiten Vliesen, die sich zwischen den verstreuten Häusern breiteten. Das Rosel mußte Schildwacht stehen, mußte warten, ob ein Rudel Welfe beutelüstern um das Haus schlich, ob der Kaiser Napo leon kam. In einer solchen Nacht, als das schwache iWeib wieder mit dem Gewehr im Arm vor der Türe stehen mußte, hörte ihr Herz im erstarrten Körper auf zu schlagen. Leblos fiel sie in den Schnee. Umsonst gab sich der Häusler lMühe, das Weib wieder auf die Füße zu stellen, ihr das Gewehr in den Arm zu drücken; umsonst schrie er sie an „Steh, Rosel, steh!" Zwei Tage später brachte man das Weib auf den Fried hof im Nachbardorf, den Häusler in eine Anstalt. öetteln clie Kinder sm 6mnc!onnefstsge? Von Friedrich S i eber. Der Gründonnerstaggang unserer Kinder ist ein Volks brauch, an den alle Erwachsenen, die ihn in ihrer Jugend auS- übten, mit Vergnügen zurückdenken, ein Volksbrauch, der das Herz unserer Kinder ganz zu erfüllen vermag. Aber schon als wir noch jung waren, gab es in jedem Dorfe einige Dorf genossen, die an diesem Morgen ihre Tür verschlossen und für die „Battelei" nichts übrig hatten. Freilich sieht es so ans, als wäre der Heischegang nichts als eine versteckte Bettelei, und die Kinder betonen in ihren Berschen selbst laut genug, daß ste den „Battlsaak" in den Händen tragen. Mer im alten Volks brauch gibt es eine Bettelei schlechthin nicht; die Heischenden bringen eine Gegengabe. Bleiche Gegengabe bringen uns unsere Kinder? Darauf will ich zunächst eine ganz persönliche Antwort geben. Ich hatte das Glück, den letzten Grünendonnerstag in Lückendorf zu verleben. Es war einer jener Griineudonnerstage, au dem die Silberfäden eines feinen Morgenregens sich von den tiefen !Wolken in die Bäume herunterspannen; das feine Gewebe wurde von einem leichten iWinde sanft hin- und her bewegt. Zusehends färbten sich die Gärten und Hänge grün;