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weise) bey andern Leuchen, und sollen auf unserer Jurisdiction in allem Bleßirte gewesen seyn 626 Mann: in der gautzen Stadt aber auf 5000 Mann, und gegen 500 Officiers. Da war Noch, Kummer, und Elend bey uns: kein Stroh in Scheunen, kein Holtz im Hoff, kein Geld in Beutel! wenig zu nagen, wenig zu beißen! Alle Vorwercke, alle Unterthanen auöfouragiret, ja geplündert. 5000 rl: Kontribution gegeben, und diese meistens aufgenohmen (geliehen). Unterthanen werden in paar fahren (während einiger Jahre) nichts geben können: die Edel-Lenthe, so sonst Decem, oder Imsen geben (weil ste einen „Hauptstamm", eine Hypothek, auf ihrem Ritterguts hatten) auch nichts. So arg ist('s noch) nicht gewesen, als jetzt, und da wird es eine Kunst seyn Hauß halten." (Die folgenden Ieilen hat I. I. von Hauptmann 4763 hinzugefügt.) „Soweit gingen damahlens unsere kleimnüthige Gedancken und Sorgen! Wir trösteten uns zwar, daß der große Gott lebe, der auch die jungen Naben speiset. Und in der That wir haben noch die Ieit (später) erfahren, daß es eben nicht so arg worden: wir müßen die große Güte Gottes preisen, der noch immer aus geholfen, und ist Niemand hungrig, oder durstig schlafen ge gangen: die Landgaben (Steuern) und Decimae seynd noch immer zum grösten Theil eingelausen. Den 44. Octobris kaum auch Nachmittag der P. Ertel S. I. s^eld-Pater bey denen Preusen ins Capitel mit Pferd, und Wagen, und machte Quartier bey uns: dieser erzehlete eben (sogleich), wie es zugegangen. Bey der Einquartirung der Bleßirte» in das Eapitulum hätte man bald den Herrn Deca- num selbst herausgejaget, weil man auch seine Iimmer ver langte, da aber derselbe sprach: Sie möchten ihm solchemnach ein Quartier in der Stadt anweiscu! so unterblieb dieses. Mann baute auf dem Hoff (des Dekanats) einen erhobenen Herd von 5 Ellen lang und fast 2 Ellen breit mit Iiegeln aus gesetzt: einige kochten darauf, allein es war nicht anständig (nicht brauchbar), weil es der Luft und rauhen Witterung ausgesetzet; daher» fingen ste an in dem neuen Gebäude (s. o.) im mittleren Stock, wo doch alles aewölbet, steuer auf dem Saal zu macben, und dort zu kochen (in dem alten Speisesaale, in dem die Bilder der Dekane hänaen). Und das Eapitulum muste den 45 und 46 nur um 7 rl: Töpfchen und Schüßelchen und Löfel kaufen, dann ste hatten nichts. (Am Rande: „alles dieses kommt wenigstens 32 rl:) In unserm Gasthof („Golde nes Lamm") haben ste gleiche Wurthschaft mit steuer getrieben, daß auch ein Balcken unter denen Iügeln (Iiegeln) angefangen zu glimmen, so doch mit Aufrcißung des Iiegel-PflasterS ge dämpft worden. Den 45. Octobris haben die Herrn Ostreicher in ihrem neuen Laaer Tedeum gehalten, und Victoria geschoßen, und die Herrn Preusen haben darzu eche Illumination mit denen lamcntationibus Ieremiae anaestellet, maßen durch ihre Ver- wahrlosuna in dem Dorfe Pliskowitz so gleich an dem Haupt Quartier Doberschütz weiter gegen morgen (Osten) lag, abends um 7 Uhr steuer ausqekommen, wodurch nicht allein die arme Dorfs-Lenthe das ihrige völlig verlohren, sondern auch die Preußen großen Schaden erlitten: dann viele Officiers, die noch etwas aus der Bataille gerettet, hier um das ihrige vollends gekommen: dieses hat auch den General Rebentisch, den Printz von Würtenberg /: des anderen Tages anhero schickte um ein Bettbuch :/ (Gebetbuch, er war Katholik) den General Retzow zum guten Theil, u. mehr andere getroffen. Sie hatten also Ursach Lamentationes zu fingen. Den 46. Octobris seynd einige Preußen, etwan 4 mit einem Unterofsicier in den privat-Häusern herumgegangen, und wo ste Kupfernes Geschirr gefunden, solches weg genohmen: ste seynd auch auf das Capitel gekommen, doch weil wir selbst ein Lazareth hatten, und die Lenthe mit Töpfen und Caßerolen versehen musten, nichts genohmen: ste seynd auch bey einigen Herrn Geistlichen gewesen, und auf frage: was ihr Verlangen? sich in der Stube umgesehen, und gesprochen: Hier finden wir nichts, wieder abgegangen. Man sagte nachmahlens daß ste mit dergleichen Geschirr: Aisch-Tiegel, /: deren einen unser Hr. Secretaire Geibt auch verlohren :/ Caßrollen, Caffste-Keßeln 2 Wagen beladen, und in das Lager gefnhret: die Ursach hie von war, weil die meisten Soldaten ihr kupfernes Gefäß in dem Lager nach der Bataills verlohren (d. h. beim Brande von Pließkowitz). Sie sollen auch viel Leinwand genohmen haben, Ielter zu machen: wie ste dann auch von den Trouppen in der Stadt die Ielter geborget. Den 47. haben die Oestreicher ihre Position geändert, unv ihr Lager von Weißenberg biß Ienckwitz eine kleine halbe Nkeile von Budißin ertcndiret: auch Detaschemcnts gegen Ieö- nitz, Kroptitz (Grubditz) und Belschwitz (Ebendörfel) abge- schicket. Einstig bedauerten wir hertzlich, daß die Ostreicher ihnen (sich) diesen Sieg nicht beßer zu Nutzen gemacht, und den Aeind, wie gehörig nicht verfolget, da er doch so viel Canonen und Munition verlohren, sondern auf zweyen Bergen stehen laßen. Nach der Ieit wurde die Schuld deßen auf den Printz Durlach geschoben, daß er den Ieind nicht wie gesolt, verfolget hätte, und das wäre eben die Ursach gewesen, daß nachmahlens der Feld-Marschal Daun, das gantze Durlachische Corps unter die Armee getheilet, ein anderes Corps de Reserve gemacht, dem besagten Printzen aber das Kommando benohmen. Den 48. Octobris kam ein guter Theil Preußischer Gens darmes (also eine Haustruppe des Königs) auf unser Guth Gdier, und plünderten daßelbige rein aus /: ste warteten nicht, biß der Pachter mit dem Schließel kam, sondern schlugen in Mittlern Stock rechter Hand den Ofen ein, krochen herein: ein Paar sprangen zugleich mit den Stiefeln an die Thür, und zersprengten dieselbe: sie nahmen daselbst alle Aürhänge, die Tepiche (Decken) von Tischen die Überzüge /: doch die Betten haben sie nicht zerschnitten, sondern gelaßen, alle Löfel, Gläser, Iinn, Ndeßer, sogar des geistl. Herrn seine dort gelaßene alte Clerick (Amtsrock): eben also ging es in dem andern Iimmer lincker Hand zu /: welches indeßen, wie die Kapelle aufgeschloßen worden: schnitten sogar das wenige Tuch von der Kniebanck ab, und rißen das Bret, an welchem das Wasch-Becken angemacht, von der Wand in den Gedancken, ob nicht etwas dahinter ver stecket: in der Capelle nahmen ste Altar-Tücher, die Alben, den Chorock (kurzes, spitzenbesetzteö weißes Gewand), die Meß- Gewendter /: so alles alt und wenig wert war :/ den Kelch, der nur von Kupfer, und vergoldet, und ließen nichts als das Mißale (Meßbuch), und die Bursam, darinn noch die Patente (Hostienteller) zu befinden, weil der geistl. Herr letztens beiM Kranckeu gewesen, und dieselbe in der Bursa gelaßen hatte: die Kisten und Kasten warfen ste um, schlugen die Böden ein, und nahmen alles, was darinn Ivar, Kleider und Wäsche, so mach ten fies im gautzen Hoff: der Pachter, und das Gesinde behielt mehr nicht, als was ste am Leibe trugen: es blieb im gantzen Hauß kein Topf, kein Schießel, kein Löfel, kein Strick, kein Schaufel übrig: was Brod vorräthig, wurde verzehret, der Brandwein ausaesoffen, doch das Vieh haben ste gelaßen. Das war ein schöne Wirtschaft. Selbst ein Officier, als er hierauf gekommen, hat gesprochen: Hier steht es^ aus, wie in der Ier- stöhrung Jerusalems. Schöner Trost. (Am Rande: diese Plün derung komt der Herrschaft (dem Domstifte) auf 350 rl: und der arme Pachter hat fast von dem seinigen auch so viel ver lohren.) Den 49. ist Nimschütz, und umliegende Dörfer geplündert, sogar die Spinde-Bretter aufaerißen, und mitgenohmeu worden. So ist auch von dem Preußischen Kriegs-Commi'ßariat der Be fehl an den Landes-Connnistarium ergangen: das Land soll Rind-Vieh vor die Ärmste schaffen. Eodem muste das Capitu- lum, und der Burg-Lehn 2 Eymer Wein (am Rande: ein Eymer Wein 45 rl) zum Überschlagen (zu Umschlägen) der Bleßirten hergeben, deren täglich viele starben, und muste ein Wagen von der Stadt nur immer die Tobten zum Heiligen Geist (heute ausgelassener Friedhof auf dem linken Spreeufer) herausfahren: es waren zwey Sarge von Brettern zusammen- geschlaaen, darein wurde der Todte nackt geleget, herausgefahren, und also nackend in die Grube geworfen: sobald einer starb,