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„Am Schlüsse des nächsten Jahres habt Ihr alles zurück, was man Euch abgenommen hat, On-kel," sagte Theo. Da schlug der Alte ein gelles Gelächter an. „Alles, was man Euch abgenommen hat! — So ein Spaßvogel! Hählt ein fach alles ans den Tisch!" Sein Weib sank in sich zusammen und schluchzte. Sie ver stand ja das „Alles", was nicht zurückgezahlt werden konnte. Es handelte sich nicht nur um zehntausend Ncark. Viel, viel mehr war ihnen genommen worden: der Friede in der Familie, die Gesundheit, die Kinder! Und zuletzt das Gut. Die beiden Kinder hatten dem Alten die „Dummheit" nicht verziehen, es gab Krieg, der Alte warf die Kinder hinaus, danach legte er sich aufs Krankenbett; denn es war über seine Kraft gegangen. Auch die Arau litt. So mußte das Gut, tief unterm Äderte, verkauft werden. Der Neffe hatte das alles nicht erfahren. Kalich hatte für ihn bezahlt, wozu er verpflichtet war als Bürge, und ihm keine Heile vergönnt. Nun stand Theo mit dem Bankbuche da. lWas konnte er noch tun? „Habt Ihr nicht die Möglichkeit, das Gut zurück- zukanfen?" fragte er. Der Alte wühlte in seinem Schmerz. „Wenn du mir das viele Geld gegeben haben wirst, meinst du? Hehntausend Mark! Nu da, da kann einer schon ein Stück Welt kaufen! Am Ende können wir uns auch noch mal Kinder anschaffen, was? Haha, zehntausend Mark Bürgschaft, du siehst, was die anrichten können! Aber zehntausend Mark Rückzahlung, die färben der Mutter kein Haar braun! Drum steck dein hübsches Büchel nur wieder ein! Aur uns ist die Hauberstunde doch vorbei!" „Es gehört mir nicht, Onkel! Ich werd' es Euern Kindern zustellen." „So? Gehörts etwa denen? Her damit! Es wird sich schon jemand finden, dem wir noch mal verpflichtet sind!" Damit nahm Kalich das Bankbuch an sich. Dann fügte er bitter hinzu: „2Denn du aber eine kleine Vergnügungsreise machen willst: in Reintal und Langendorf findest du deine Vettern. Aallö sie sich nicht haben umkaufen lassen; denn Vaters Namen macht ihnen keine Ehre!" Es vergingen noch einige peinliche Minuten. Mit dem Onkel Kalich war nicht zu roden. Und die Tante hörte nicht auf zu weinen. Theo Keil kam sich vor wie ein Verbrecher, der vor dem eigenen Vernichtungswerke steht. Er verabschiedete sich und eilee zur Station. Er sah niemanden an, er wollt« nicht erkannt werden. In ihm brannte die Scham. Mike des vr.-Ideinke-^urmes auf dem öreiteberg und Sommer-Wanderversammlung des Verbandes „Lusatia" in Sainewalde am 5. und 6. September 1936 Am Sonnabend fand auf dem Breiteberg bei Hainewalde die Weihe des neuen Aussichtsturmes statt. Dieser Turm ist vom Gebirgsverein „Globus" Hittau gemeinsam mit dem Ver band Lusatia erbaut worden. Ein stolzer, wuchtiger Turm ist hier in schönem Gemeinschaftswerk entstanden, 42 Meter hoch und 5X5 Meter im Ouadrat schaut er weit hinein ins Lau sitzer Land. Bürgermeister M öller (Hainewalde) entbot allen Teilnehmern von nah und fern recht herzliche Willkom mensgrüße, im besonderen Amtshauptmann Berger (Hit tau), Kreiskulturamtsleiter Neumann in Vertretung der Kreisleitung Hittau, Stadtbaurat Müller in Vertretung des Hittauer Oberbürgermeisters, Oberstudiendirektor Hunger und die Vertreter der Lehrerschaft des Realgymnasiums Hittau, der der so jäh verstorbene Verbandsführer Dr. Heinke angehört hat, Oberstudiendirektor Grundmann (Eibenstock), den Führer des Landesverbandes der sächsischen Gebirgsvereine zu gleich in Vertretung der Reichsverbandsleitung der deutschen Gebirgs- und Wandervereine, den Vertreter des Riesengebirgö- vereins, Oskar Nolle (Löbau), Architekt Schiffner (Hittau), den Schöpfer des stolzen Baues, die beiden Bau meister, Schneider (Hittau) und Vetterlein (Haine walde), die Vertreter der Bauarbeiterschaft, di« Ntitglieder des Banansschusses, weiterhin die Vertreter der Presse und der Lusatiavereine, sowie der HI. und des BDM. Er betonte, daß hier eine Gemeinschaftsarbeit im besten Sinne des Wortes ge schaffen worden ist. Bürgermeister Möller schloß mit herzlichen Dankesworten an die Sängerinnen und Sänger vom Gesang verein „Sängerbund Harmonie" (Hainewalde) und das Bläser quartett der Ortskapelle, die die Weihefeier mit ihren Darbie tungen eindrucksvoll umrahmten. Nach Ilebergabe des Schlüssels durch die Bauleitung an den Bauherrn „Globus" Hittau hielt dessen Vorsitzender Studienrat Aranz die WÄHered«. Er wies darauf hin, daß bereits einmal auf dem Breiteberg ein Aussichtsgerüst gestanden hat, das aber 4898 einem Blitzschlag zum Opfer fiel. Hwei Grundgedanken haben das Werk ge fördert. Einmal der Gedanke, durch eine große Gemeinschafts arbeit das Gefühl der Husammengehörigkeit der Lusatiavereine im Dienste der Heimat zu bekunden. Hum andern wurde damit eine würdige Ehrung für den Vereinsführer Dr. Heinke ge schaffen. Der Turm spiegelt so richtig das Wiesen von Dr. Heinke wider. Er steht da, wie Dr. Heinke auch dagcstanden hat, ein Munn, der sich vor niemand fürchtete, schlicht und ein fach, war fest verwurzelt in seiner Oberlausitzer Heimat. Der Turm will ein Mahnmal für di« deutsche Jugend sein, einem so bedeutendem Manne nachzneifern im Kampf um die Heimat. Er ist weiter ein Mahnmal für die, die der schönen und edlen Heimatbewegung noch abseits gegenüberstehen. Er sprach in diesem Husammenhang die Bitte ans, daß die Vertreter von Staat und Partei auch weiterhin die Verbandsarbeit so ver ständnisvoll fördern und unterstützen möchten, wie es sich gerade beim Turmbau gezeigt hat. Der Turmbau sei schließlich auch ein Mahnmal für uns alle, die wir schon seit Jahren und Jahrzehnten für die Heimat gearbeitet haben. Es gilt, nicht zu erlahmen. Und wenn am Abend dann auf den Türmen der Heimat die Höhenfener lodern würden, dann solle das ein Dankesopfer und Dankesgruß an den toten freund Dr. Heinke sein und weiterhin ein heißer Gruß an das große deutsche Vaterland und seinen Führer, dem wir es verdanken, daß der Turmbau im Frieden geschaffen werden konnte. In diesem Geiste sei der Turm hiermit als „Dr.-Heinke-Turm" geweiht. Während zum ersten Male die Hakenkreuzfahne auf dem Turm emporstieg, sangen die Anwesenden ergriffen die nationalen Weihelieder. Oberlehrer Iänichen (Bautzen) übernahm den Turm mit herzlichen Dankesworten in die Obhut des Verbandes. Dieser Dank galt besonders Studienrat Aranz und den Mitgliedern des Banansschusses, Verbandsgeschäftsführer Köhler (Großschönau) und den benachbarten Verbands vereinen, besonders dem Hittauer „Globus". Möchten alle Kraft und Stärke mit hinausnehmen in ihre Wirkungsorte! Oberstudiendirektor Grund mann (Eibenstock) entbot die Grüße des Reichsverbandeö und des Landesverbandes der säch sischen Gebirgsvereine. Der Turm sei das Sinnbild der Ge birgsvereinsarbeit. Tief verwurzelt in der Heimat lenke er die Blicke hinauf in die Höhe, hinauf zu dem, der all unser« Ge schicke leitet. Im Auftrag des deutschen iWanderführers,