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in Hopfen geflochten und dient unter der Bezeichnung „Kraus haar" als beliebtes Polstermaterial. Die fertiggestellten Haarsiebböden verarbeitet die Sieb macherei in der mannigfaltigsten lWeise zu den verschiedensten Hweckeu im Hand- und Maschinenbetrieb. Durch letzteren wurde der bis dahin herkömmliche einheitliche Handerzeugungs- prozeß in die Teilarbeiten des Heftens, Pressens, Abhobelns und Ilmstechens oder Einwulstens zerlegt. Dementsprechend sind in den Siebbetrieben drei verschiedene Arten von Arbeitsmaschinen, die sämtlich mit der Hand bedient werden, eingeführt, als wich tigste die Heftmaschine, dann die Presse und die Hobelmaschine. Das Einwulsten geschieht ausschließlich mit der Hand und eig net sich als Frauenarbeit. Das Heften des Siebrandes geschieht in der D?eise, daß die Maschine durch das Holz an beiden Enden des Randes, die zu diesem Hwecke übereinander gelegt werden, kleine Löcher in regelmäßigen Abständen und in zwei Reihen schlägt und diese Löcher durch hindurchgezogene Drähte ebenfalls selbsttätig vernietet. Es werden abwechselnd immer je ein breiter und ein schmaler Siebrand geheftet. Hwischen Ober- nnd llnterrand wird dann der Siebboden gespannt. Ueber die Oeffnung des fertigen Oberrandes spannt der Siebmacher den um wenig größeren Böden mit der Hand aus, legt den vor springenden Siebbodenstreifen um und setzt den Unterboden, d. h. den unteren Siebrand, so auf, daß cs nur noch des Ein pressens des oberen Randes in den unteren oder des Aufschiebens des unteren Randes auf den oberen bedarf. Diese Arbeit wird von der Presse verrichtet, so daß der Boden keine Aalte wirft und straff angespannt bleibt. Der Hobelmaschine liegt die Auf gabe ob, die bei der bisherigen Bearbeitung eingetretenen Schön heitsfehler zu beseitigen und die obere und untere Kante zu glät ten. Das hiernach folgende Einwulsten verfolgt einen doppelten Hweck: einmal das äußere Ausehen des Siebes zu heben und das Durchreißen des Giebbödens durch den Rand zu verhin dern. Das Einwulsten ist eine einfache Näharbeit. Jede dieser Berkichtungen nimmt nur kurze Heit in Anspruch, sodaß die Herstellung eines kleinen Küchensiebes kaum fünf Minuten erfordert. Die Bezugsquelle für die Siebränder ist fast ausschließlich der Bayrische D?ald. Das Stammholz für Siebränder wird in etwa 3—5 Millimeter-Brettchen gespalten, die bei einer Breite von 4—10 Hentimcter für den Ilnterrand nnd gewöhn lich 20—65 Hentimeter für den Oberrand eine Länge bis zu 4,50 Mieter erreichen. Aür das Spalten hat sich der Hand betrieb mittels Spaltmessers als am vorteilhaftesten bewährt, da Versuche, das Spalten durch die Kreissäge maschinell aus zuführen, den klaren Beweis erbrachten, daß das gespaltene Holz in der Aestigkeit sich bedeutend größer erweist als das gesägte. Diese Brettchen werden dann in kochendes D^asser gelegt, wo sie längere Heit brühen, und hierauf durch eine Bieg maschine radreifenähnlich geboaen. Damit die gewonnene Run dung für die Aolge erhalten bleibt, werden die geboaenen Rän der in Ringe von 40—45 Stück zusammengeschlagen, auf gehangen und in der Luft getrocknet. Gerade in der eingehen den und umsichtigen Pflege der Ränder lieat die spätere aute Brauchbarkeit des Siebes zum auten Teil begründet. Nur ausgesucht schöne Aichten- und Tannenstämme, für stärkere Siebe auch Buchen, werden zu Siebrändern verwendet. Absatz finden die Erzeugnisse der vier im Orte befindlichen Siebfabviken neben dem Anlande in fast allen europäischen Län dern, obenan in Dänemark, Holland und der Schweiz, sowie ganz besonders auch in Uebersee. Am Anlande sind vor allem Küchenstebc gefragt, zumeist solche zum Durchgießen von Alnstiakeiten mit einem Durck- mester von 47—26 Hentimeter. Auch Katteesilter, das sind trich terähnliche. kegelförmige vollständig aus Haargewebe hcrgestelltc Siebe finden willkommene Abnahme, namentlich in unserer Lausitz. Sie Hainewalüer Siebmacherei Bon E. Alt m a n n. Die Hainewalder Siebmacherei ist ebenso alt, als die Haine- walder Haarbodenweberei. Begünstigt waren die Siebmacher dadurch, daß die Roßhaarböden an Ort und Stelle erzeugt wurden, obgleich auch einige Siebmacher ihren Bedarf an Roß haarböden selbst webten. Hur damaligen Heit waren überhaupt Haarsiebe sehr gangbar, besonders bei den Bauern. An ihrem Handwerk waren in früherer Heit die Sieb macher sehr vielseitig. Außer der Herstellung der Siebe wur den auch handgeflochtene Böden gestrickt, sowie aus Daeiden holz Heftschienen geschlissen und daraus Holzböden gewebt. Auch gewebte Drahtböden wurden auf dem Handwebstuhl selbst er zeugt. Aür die verschiedenen Maschenweiten der Holz- und Drahtböden gibt es folgende Bezeichnungen: Haferböden, Halb- und Ganzährböden, Körncrböden, Ger stenböden, Radeböden, Mittelböden, Staub- und Autterböden. Die selbst geschlissenen Daeidenschienen wurden auch zum Ein wulsten der Roßhaarböden, sowie zum Heften der Holzränder verwandt. Außer dem Holzrand wurden also sämtliche Nkatc- rialien des Siebes selbst hcrgestellt. Die Holzränder wurden damals in Oberkreibitz und Dau- bitz im nahen Böhmen erzeugt. Durch den ÜDaldreichtum, be sonders in sehr starken ast- und fehlerfreien Aichten und Tannen, war Oberkreibitz und Daubitz bis zu dem Aahre 4880 der Haupterzeuger für die Siebmacher Sachsens und Böhmens. Durch die nahe Elbe wurden auch früher schon Giebränder nach Morddeutschland, Hamburg und nordische Staaten ver frachtet. Nachdem die Oberkreibitzer Siebrandschneiderei zum Erliegen kam, wurden in Hainewalde von der Airma Karl Herrn. Altmann durch die Kreibitzer Siebrandschneider, Aamilie Bienert, noch einige A-ahrzehnte Siebränder hergestellt, bis in