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Qrenrlsnä OberI3 usiH ^0 dlr.7 Neugersdorf Hof des Hauses Km Markt 4 Bild: Hermann Zähne stellung auf Baumwolle fiel den Webern nicht schwer. Nur mußten sie das Garn von den Faktoren geliefert bekommen. I": übrigen blieb die Erzeugung als Hausweberei bestehen. Noch rund 50 Jahre sollte das in Neugersdorf so bleiben. Die Konkurrenz am Niederrhein war dagegen mit großer Schnelligkeit in den Jahren von l856 an darangegangen,, mechanische Web stiihle in Betrieb zn nehmen. In unserem Orte wurde der erste mechanische Webereibetrieb erst 4 862 eingerichtet. Es schien, als sollte wieder eine wirtschaftliche Krise hereinbrechen. Warum kam der mechanische Webstnhl so spät nach Neu gersdorf? An unternehmungslustigen und kennt nisreichen Mmnnern fehlte es keineswegs. War doch schon 4 855 die erste mechanische Zwirnerei — die erste in der Oberlaufitz — in Betrieb ge nommen worden. Der Grund liegt darin, daß hier weder Wasserkraft noch Kohle in greifbarer Nähe waren. Außerdem fehlte es an einer Bahn verbindung, um Kohle billig heranzuschaffen. Trotz allem war die Nachfrage nach Neugers dorfer Hosen- und Rockstoffen lebhaft. Sie ging von der bäuerlichen Bevölkerung des deutschen Ostens aus. Hatte der Osten doch von 4846—4874 eine Bovölkerungszunahme von 94 Prozent zu verzeichnen. Ge schäftsbücher unserer Fabrikanten weisen eindeutig nach, wie stark die hiesige Baumwollindustrie am Absatz nach Ostdeutsch land, Posen und Schlesien mit steigendem Gewinn beteiligt war. Doch der glanzvolle Aufstieg Neugersdorfs begann nach dem Friedensschlüsse von 4874, als die politische Machtlosigkeit Deutschlands zu Ende war. Liefen im Jahre 4873 hier 500 mechanische Webstühle, so waren es 5 Jahre später schon 4250 und 4940 ca. 4000. Entsprechend der wirtschaftlichen Ent wicklung stieg auch die Bevölkerungszahl: 4837: 3458, 4855: 4524, 4885: 8904, 4895:9944, 4900:40 943, 4940: 4 4 740, 4936: 44 326. - Nach 4890 setzte wieder ein wirtschaftlicher Rückgang ein. Die Niederrheinische Konkurrenz konnte die Gestehungskosten der Rock- und Hosenstoffe ca. 2 Prozent niedriger halten a's die Neugersdorfer Industrie. Die Folge war eine erschreckende Absatzschrumpfung. 4894 schrieb die Zittauer Handelskammer: „Die allgemeine Geschäftslage war geradezu trostlos. Seit einer langen Reihe von Jahren, man kann sagen, seit 20 Jahren, hat keine so anhaltende Geschäftöstille und Unlust in dieser Branche geherrscht. Die hervorgerufene Ueberfüllung der La ger veranlaßte fast alle Fabriken zu Produktionöeinschränkun- gen." Da hieß es wieder, den Kampf aufnehmen. Die Betriebs kosten ließen sich nicht senken. Neue Artikel wurden ausgenom men und die Buntweberei wurde auögebaut, neue Muster wur den entworfen, und so gelang es allmählich, die Krise zu über winden. Schon 4897 konnte die Handelskammer Zittau über die Neugersdorfer Industrie berichten: „Es hat sich insofern allmählich ein Umschwung vollzogen, als an Stelle dieser Arti kel (gemeint find Hosen- und Rockstoffe), die in der Nachfrage immer mehr zurückgehen, baumwollene Kleider-, Hemden- nnd Unterrockstoste, sowie verschiedene Sport artikel gefertigt werden. Diese jetzt vielfach begehrten Artikel ermöglichen es, den Be trieb ohne allzufühlbare Einschränkung sort- zusetzen, obgleich die Gesamtlage wenig er freulich war." Diese Buntweberei, wie sie besonders in Neugersdorf zu finden ist, erfordert zahl reiche Facharbeiter für Bleicherei, Färberei, Appretur und die Musterei. Es ist ein leuchtend, daß in einem Orte, in dem über 250 Jahre besonders die Weberei getrieben wird, eine Textilarbeiterschoft heranwächst, die jeder neuen Anforderung gewachsen ist, nnd so wird man verstehen, daß es keine Textilfaser gibt, die hier nicht verarbeitet wird oder werden könnte. Mit dieser Fach arbeiterschaft konnte auch die neue Lage in der Faserstostindustrie gemeistert werden. Erregten doch die schönen Gewebe aus den neuen Garnen c>aS Jutereste in den Groß städten. Mit einer Gefolgschaft, die von klein aus alle arbeitöwichtigen Gewohnheiten annimmt, die sich andere, die nicht in einer Neugersöorf: Webstuhlfabrik T.K. Roscher (^eilansicht) Bild: Gruncr solchen Umgebung ausgewachsen find, kaum