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Noch schwerer wirkte sich für die Fuhrgeschäftsinhaber die Lahmlegung des Lohnfuhrwesens durch die auskommende Bahn aus. Größere Fahrten, die das meiste Geld einbrachten, blie ben nun aus. Höchstens gab es noch Pulver zu fahren, da die Bahn, wie mir gesagt wurde, sich nicht viel aus diesen Trans porten machte. Dem Botenfuhrmann verblieben nur die klei neren Strecken, die keine oder ungünstige Bahnverbindung hatten. Von den drei blühenden Fuhrgeschäfteu blieb nur eins übrig: das Dannnertsche. August Dämmert leitete von 4880 Oppacher Weberhäuschen Don einem besonderen Oppacher Baustil der altlausitzer Weberhäuser kann nach den Gesichtspunkten eines Bausach- manneö nicht gesprochen werden. Jumal rwir in unserem Hei matdorfs nur noch ganz wenig unverfälschte altoberlausitzer Weberhäuschen oorfinden, die Jengen des altlausitzer Baustiles, wenn überhaupt davon gesprochen werden kann, sein könnten. Bei all diesen Häuschen finden wär Anklänge an thüringisch fränkische Bauweise, mit böhmisch-dinarischem Einschlag, vor. Feuer und Zerfall, Abbruch und bauliche Veränderungen haben das eigentliche charakteristische Bild der oberlausitzer Bauweise mehr und mehr vermischt. Die Sucht, fremdartige Formen und städtische Bauweisen auch aufs Land zu verpflanzen, haben die anheimelnde und bodenständige Urform der alten Häuser ver nichtet. So dürfte wohl als eines der ältesten Weberhäuschen in Oppach das Haus Nr. 36 in der Fugauer Straße (fetziger Besitzer: Herr Schönbach) angesehen werden können (erbaut vor ca. 200 Jahren), bei dem die eigentliche Urform noch am schönsten zu erkennen ist. Darin ein bestimmtes Schema oder eine Schablone für alle lausitzer Weberhäuschen zu erblicken, wäre verfehlt. Bei der Gestaltung der Grundrißform ist wohl eine ziemliche Gleichheit festzustellen. Die äußere Gestaltung jedoch hat mannigfaltige Abweichungen erfahren, die der Er bauer oder Alusführcnde nach eigenem Ermessen oder eigener Phantasie anbrachte. Ja, es kann sogar gesagt werden, daß ganz bestimmte Konstruktionen, wie das Umgebinde, ganz typisch für Oppach sind und bei den Weberhäuschen im Oberland oder im Cunewalder Tal nicht zu ersehen sind. Es lohnt sich schon einmal uns so ein Oppacher Weberhaus näher zu be trachten. Betrachten wir das Gebäude vorerst von außen. Der Grund mit dem daraufruhcnden Sockel ist mit ein fachsten (Mitteln hergestcllt. Röhbehauene Granithorzel mit Lehm vermauert, ohne Rücksicht auf großen Mauerverband, sind die Träger des leichtgebanten Gebäudes. Darauf ruhen die Umfassungsmauern des einstöckigen Hauses. Den größten Teil der Länge nimmt der rechteckige Holzstubenbau ein. Mit der Hand beschlagene breite, mit großer Baumkante versehene Holzbohlen sind aufeinander geschichtet, die Fugen mit Lehm verschmiert. Die Ecken find zusammengcblattet und im übrigen stumvf zusammengearbeitck. Die Umfassungen der Flur und des Skübelraumes sind ans Bundwerk (Fachwerk) mit Längs- und Ouerhölzern. Die verbleibenden Fächer mit Lehmstakungen aus gesetzt und verputzt. Als tragender Teil der Decken- und Dach last ist rings um die Holzstube das bekannte „Umgebinde" angeordnet. Kräftige, rohbehauene Säulen stehen in gleichen Ab ständen aufrecht und nehmen die Längsrahmen auf. Säulen und Rahmen find in verschiedenen Formen durch Bänder, Pfosten oder Kreuze (Andreaskreuze) verbunden und geben dem Um gebinde die Verstrebungen. Sichtbarbleibende Holznägel ver bolzen das Ganze. Hier hat der Jimmermann seine Phantasie walten lassen. Von der einfachsten Form bis zur reichsten Pro filierung in mannigfaltiger Art sind die Ausführungen. Meist sogar bogenartig zwischen den Säulen angeordnet. Zwischen dem Umgebinde und der Holzstubenwand ist meist ein Zwischen raum, sodaß die ganze Holzstube unabhängig vom Gebäude steht au das Fuhrgeschäft, das sein Vater Wilhelm Dämmert 4877 von Gottlieb Eckart übernommen hatte. Er fuhr dreimal in der Woche nach Bautzen und dreimal nach Löbau. 4945 wurden die Fahrten nach Bautzen eingestellt. Nach Löbau fährt er nur noch Donnerstags. Im Jahre 4930 wurde er vom Stadtrat Löbau anläßlich des 50jährigen Jubiläums als Löbauer Botenfuhrmann geehrt. Dieses Glückwunschschreiben gehört neben dem alten Fuhrwerköbild zn seinen schönsten Er innerungen. Plauöerei von Max Looke, Cunewalde und nur die Deckenbalken aufnimmt. Vielgestaltig sind die Gründe für diese eigenartige Bauweise. Ob die Erschütterun gen durch das taktmäßige „tctschickc, tetschacke" der lWcbstühle in der Stube, sodaß die ganze „Bude wackelte", nicht auf das übrige Gebäude übertragen werden sollte? Wer weiß! — Axial zwischen den Ilmgebindesäulen sind in die Bohlen der Holzstube unscheinbare, kleine Fensterchen ciugeschuitten, mit kleinsprossigen Fenstern. Meist sogar ohne Flügel, selten nnr kleine „Schieberche". Luft kam ja genügend durch die vielen Ritzen! llm die Fenster herum sind verzierte Holzverkleidungen, oft bunt gestrichen, angeordnet. Jur Haustür führen wenig roh behauene Stufen mit dem „Fletzen" als Abschluß. Die Schwelle fehlt meist. Die Haustür ist aus rohen Brettern zusammengenagelt, mit einfachen Langbändern an die Tiirpfosten cingehangen und mit einem einfachen Holzriegel verschließbar. Was gab es schon bei einem armen Weber zu holen! lieber der Tür ist zur Be leuchtung der Flur in der Breite der Tür ein schmales Ober licht angebracht. Manchmal ist hier der einzige Schnitzschmuck eines Dorftischlers mit viel Liebe und Geschmack eingesetzt. Ein bis zwei Fensterchen sind in die Fachwerkswand des Stü- bels eingebaut und ergänzen das Aeußere der Vorderansicht. Beide Giebel weisen entweder Fachwerk auf oder sind mit rohen Brettern verschalt, die oft der Fugendeckloistcn entbeh ren. Schwer und wuchtig ruht das steile Satteldach mit Stroh eingedeckt auf dem ganzen Gebäude, und diese Strohkappe gibt dem Hause Schutz gegen alle Witterungseinflüsse. Schoben an Schoben ist auf rohe Holzstangen aufgereiht, festgebunden und auf die weit entfernt liegenden Dachsparren aufgenagclt. Selten wird die ganze Dachfläche durch winzig kleine Dach luken durchbrochen; der Wind darf keine Anhaltspunkte für sein Jerstörnngswerk vorfinden. An den Gicbelkanten schließt ein breites Brett, welches oft mit schwungvollen Ausschneide- reien am First und an den Traufen versehen ist, das Stroh dach ab. Eine Dachrinne an der Traufe ist selten zu finden. Es sei denn, daß die Mittel für eine hölzerne Rinne gereicht haben. Dann ragt diese aus einer Holzstange ansgehöhlte Rinne weit weg von den Enden des Hauses und leitet somit die Wassermengen ab. lieber den Dachfirst aber ragt behäbig und breit der große besteigbare Schornstein aus Lehm, dessen Außenseiten manchmal mit Brettern verschlagen sind. Treten wir nun ein durch die Haustür. Die Flur nimmt uns auf, die durch die ganze Haustiefe geht. Auf der einen Seite geht eine Tür nach der großen Stube. Auf der anderen Seite eine Tür nach dem Stübl und eine zweite in den Stall. Hinten geht es nach der „Halle". Von Lehmestrich ist der Fußboden und die Decke läßt sichtbar die Balken und die Fußbodenbretter er kennen. Die Esse an der Stubenseite nimmt viel Platz weg und rings nm die große Einsteigtür ist alles verräuchert. Da, wo die Tür nach dem Stübl geht, ist eine Falltür, die über eine schwindlige, rohe Treppe nach dem winzigen Kellerloch führt, lieber der Falltür führt eine steile Treppe nach dem Boden. Die große Stube, in die wir treten, ist etwas freundlicher. Ein einziger Raum, in der sich das ganze tägliche Leben abspielt, Wohn- und Arbeitsraum, ja sogar oft auch Schlafraum. Er-