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mische Johann). Sie nennen also fast alle Oppacher Fabrikan ten. Hinten auf dem Wagen ist ein Sirupfaß zu sehen mit den Initialen I. u. T. Es nennt die Firma Jordan u. Thy- mäus, Bischofswerda. Ein solches Faß soll 9 Jentner ge wogen haben. Im allgemeinen ist von Oppach aus meist Leinewand in Murktkisten versandt worden. Als sonstige Waren werden von alten Oppachern genannt: Porzellan, Soda usw. und als Kuriosum eine Fuhre Spielkarten. Eckart- Wilhelm soll sogar einmal eine Fuhre Spezies-Taler für Rothschild gefahren haben. Unter dem Wagen hing das Schiss. Daraus lag der Kuttsack mit der IWiener Decke. Diese öster reichische Decke war 4—5 Zentimeter stark, hatte lange Haare und soll bester gewärmt haben als ein Bett. Der Kut- scher übernachtete nämlich oft im Freien und schlief dann im Schiss. In besten Boden lag die Tagesration Hafer, der vor dem Verfüttern mittels des an der Seite hängenden Siebes ge siebt wurde. Eine Laterne mit Hornscheiben und ein geflochtener Laternenkorb, wohl auch ein Korb für die Papiere, gehörten zum Fuhrwerk. Der Kutscher trug das eingenommene Geld in einem Lederschlauch, der Geldkatze, die um den Leib geschnallt wurde. Hinten am Wagen hingen die Eisketten, der Eiöschuh und „Eisrinken" (Eisringe). Kufen gab es noch nicht. Als treuen Begleiter hat der Muler auch den Hund, auf allen Bildern einen Schnauzer, nicht vergessen. Er lief, wie das Bild zeigt und Herr Eckart bestätigte, gern unter der Deich sel. Man sieht daraus wieder die schon erwähnte Wirklichkeits treue des Malerg, Me Oppacher erzählen Die Blütezeit des Oppacher Lohnfuhrwesens fällt in die Kindheit der erwähnten Nkänner. Sie können sich noch an viele Einzelheiten erinnern, die ich im folgenden versucht habe, zu einem abgerundeten Bericht zusammenzustellen. In Oppach gab es im Anfang und in der Mutte des vori gen Jahrhunderts eine ganze Anzahl Fabrikanten (Wilhelm Sensenschmidt; der alte Hiller, genannt der böhmische Johann; Adolf Herberg usw.) und neben Bleichereien die VNberei von E. Äsug. Lange und die Färberei von F. 2O. Lange. Den Transport der Fertigfabrikate übernahmen als recht lohnende Beschäftigung die drei erwähnten L o h n f u h r g e s ch ä f t e. iWilhelm Eckert, besten Vater das Geschäft schon gehabt haben soll, wohnte auf dem Seifertschen Grundstück gegenüber dem Neubau des Postschaffners Wehner an der Jumpestraße. Dort steht heute nur noch der Stall. Das Wohugebäuve ist weg gebrannt. Eckert starb 4867 nach einem schweren Schicksals schlag, der später geschildert wird. Sein Bruder Gottlieb Eckart, der seinen Namen etwas geändert hatte, um Verwechse lungen zu vermeiden, besaß das jetzige Eckartsche Gut. Er starb 4884. Von ihm übernahm der Vater des jetzigen Botenfuhr mannes August Dämmert das Geschäft. August Mittag, der kurz vor dem Kriege starb und nach dem Eingehen des Fuhr- geschäftes einen Haferhandel betrieb, wohnte in dem Hanse des Altwarenhändlers Hempel. Im Dienste der Botenfuhrleute standen eine Anzahl Män ner, die die iWaren Herzuholten. Am bekanntesten ist der alte Tausche. Er hatte einen großen Schubkarren mit sehr breiten Handhaben, mit dem er Leinewandkosten u. a. m. von den Fabrikanten zum Botenfuhrmann fuhr. Es erscheint kaum glaublich, daß er auf einmal 42 Jentner geladen haben soll, doch ist es mir von mehreren Seiten bestätigt worden. Auch der Vater des obenerwähnten Karl Hensel ist Auflader ge wesen. Bekannt als solcher ist auch der alte Pohling. Früher fuhr er selbst mit. Beim Ausladen ging es zu wie beim Jahr markt. Fünf bis sechs Leute hatten zwei bis drei Tage zu tun, um die Ladung kunstgerecht mit Stroh verpackt auf dem Waa gen zu verstauen. Bis 70 Jentuer wurden geladen. Ein Er eignis für das Dorf, mindestens aber für die Kinder, war die Abfahrt eines Gespannes. Wenn es Hieß: Eckert fährt ab! dann liefen die Kinder, wie sie heute laufen, wenn ein Jirkuö kommt. Und es muß tatsächlich interessant gewesen sein. Da es nur wenige Brücken gab, wahrscheinlich nur die Schmiede brücke, mußten die schweren Wagen durch Furten fahren, wenn der Dorfbach überquert werden mußte. Eine solche Furt gab es bei der Keßlermühle, beim Bäcker Wetschel (beim rei chen IUatthes), bei Stegjakob und bei Wiegands Villa. Dem Personenverkehr dienten Stege, wie einer auf dem alten Stich von Oppach zu sehen ist. Die Schmiedebrücke, die schon 4794 erwähnt ist, war sicher die einzige Brücke. Die Dorf straßen lagen viel tiefer als jetzt. Das erkennt man noch heute aus der tiefen Lage der Häuser von Arthur Dämmert, Kühne, Fleischer Jakob (Alte Schule) und Schuster (Markthalle). Man kann sich denken, daß da eine ziemliche Steigung zu über winden war. Außerdem sind die Straßen oft grundlos gewesen. Es ist daher kein TLunder, daß die schweren Wagen an den genannten Stellen mit sechs bis acht, ja sogar mit zehn Pfer den bespannt werden mußten. Das bildete natürlich eine Sehens würdigkeit für die durch Sensationen nicht verwöhnten Kinder. Meist liefen diese bis zum Wassergrund mit. Nach Angaben von Karl Hensel hat dessen Vater das Fuhrwerk stets bis nach Steinigtwolmsdorf begleitet. Er brachte nach der Ueberwindung des gefürchteten Steinberges ein oder zwei Pferde zurück. Vier bis fünfspännig ging es dann weiter. W ohin ging die Fahrt? — Junächst auf die Märkte der sächsischen Städte Bautzen, Löbau, Bischofswerda, Dresden und anf die Leipziger Messe. Das älteste Leipziger Meß-Adreßbuch aus dem Jahre 4797 nennt uns den Oppacher Gottlob Jänker, der mit allerhand Leinwandsorten handelte, als Meßbesucher. Sicher sind auch viele andere Fabrikanten dort vertreten gewesen. Nachgewiesenermaßen sind die Fahrten bis nach Kiel, Hamburg, Berlin, Frankfurt a. d. Oder, Breslau und sogar bis nach Straßburg auögeführt worden. Dort mußte das Fuhrwerk vor den Toren der Stadt ausgeladen werden, wie mir erzählt wurde. Diese weiten Fahrten sind dadurch zustande gekommen, daß unterwegs neue Aufträge angenommen wurden. So wurde mir.ein bezeichnender Fall erzählt: Das Mittagsche Gespann Ivar nach Leipzig zur Messe gefahren. Dort begegnete der Knecht rheinischen Fuhrleuten, die eine Ladung Pulver nach Breslau hatten. Nlittag übernahm die Fuhre, und ans diese !Weise entstanden so lange und weite Fahrten. Die Fuhrleute sind manchmal ein halbes bis dreioiertel Jahr unterwegs ge wesen. Der Knecht hatte daher auch verschiedene Vollmachten. So durfte er ein neues Pferd kaufen, wenn eins wegfiel. Er hatte überhaupt eine Vertrauensstellung inne, die gut bezahlt wurde. Einer, Friedel mit Namen, soll sich 8000 Taler ge spart haben. T8enn ein Gespann nach so langer Jeit und Fahrt zurück kehrte, war die Freude im Dorfe groß. Neben dem Besitzer freuten sich die Handwerker über die Heimkehr, denn es gab nun wieder allerlei Ausbesserungsarbeiten. Schuster, Schmied, Wagenbauer und Sattler hatten zn tun. Als Sattler wird Sattlermeister Opitz, Neusalza, erwähnt. In welcher Blüte das Fuhrwesen stand, zeigt die Anzahl der Pferde. TJilhelm Eckert hat über 20 Pferde besessen. Es wird sogar von 30 gesprochen. Diese waren meistens unterwegs. Wenn mehr als 4 Pferde zu Hause waren, wurden sie im Kretscham eingestellt. Ein schwerer Schicksalsschlag, der noch lebhaft in der Erinnerung der alten Leute ist, traf den Fuhr werksbesitzer Wilhelm Eckert kurz vor dem Kriege 4866. Die Rotzkrankhcit brach aus. In einem Vierteljahr waren 48 Pferde gestorben. Acht bis neun mußten erschossen werden und sind auf der Seifertschen Wiese bei dem jetzt noch stehenden Stalle begraben. Nach Angaben von Herrn Dämmert ist die Krankheit so verheerend gewesen, weil man den Bazillenträger, das Pferd, das alle ansteckte, nicht herausfand und erst zuletzt tötete. Ilm eine weitere Ansteckung zu verhindern, mußten die Deichseln erneuert, die Wagen abgekratzt, alle Lederteile des infiziert und die Kutscher neu eingokleidet werden. Dieser schwere Schicksalsschlag soll die Ursache des kurz darauf er folgten Todes von Wilhelm Eckert gewesen sein.