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Die Firma F. W. Lange beschäftigte 70 bis 80 Hand weber und betrieb eine alte gut eingerichtete Färberei. Das jetzt schöne, große und freundliche Wohnhaus war damals ein stöckig und mit Stroh gedeckt. Das Handwebergeschäst besorgte in der Hauptsache die Mutter Karoline Lange, während Wil helm Lange meist in der Färberei beschäftigt war. Später hatte sein Schwiegersohn Felix Hannes in der Wohnstube sein Kon tor eingerichtet. Dort erfolgte auch die Abfertigung der Haus weber, die, wenn ste warten mußten, auf der Ofenbank Platz nahmen. Dort, wo sich heut das Lager und das Appretur gebäude befindet, wurde der erste Fabrikban aufgoführt und 4800 mit den ersten mechanischen iWebstühlen auSgestattet. Die Vergrößerung des Betriebes bis auf 487 iWebstühle, die nach und nach erfolgte, ist ausschließlich den« 4942 verstorbe nen Felix Hannes zu verdanken. Er fand bei seiner Arbeit in seinem Schwager, dem noch bis vor kurzem tätigen Geschäfts führer Richard Brackmann einen wertvollen nnd regen Mit arbeiter. So entstand das iWerk, ein Schedbau mit mehreren Nebengebäuden in seiner heutigen Form innerhalb eines Jahr zehnts. Gegenwärtig sind von 45OWebstühlen ca.90 in Betrieb. Im Jahre 4902 traten infolge von Lohnstroitigkeiten sämt liche Fabrikweber des Cunewalder Tales in Streik, der sich sehr lange hinzog. Nach Abbruch dieses Streiks wurden eine große Iahl Arbeiter — vermeintliche Hetzer — nicht mehr eingestellt. Etwa 200 solcher gemaßregelter Weber vereinigten sich zu der ,.Genossenschaftsweberei Eunewalde", und sie übten nun ihren Beruf als Hausweber aus. Trotz des gesicherten Ab satzes — au Konsumvereine — brachte der Mangel an Kapi tal große Schwierigkeiten, so daß sich die Genossenschaft in der damaligen Form auflöste, sich unter Führung des Geschäfts leiters Karl Glomba auf neuer Basis umorganisierte und ihren Sitz nach Oppach verlegte. Anfangs war das Geschäftszimmer bei der Firma F. W. Lange mit nntergebracht, bis 4907 das heutige iWohnhaus Nr. 87 l> mit einem kleinen Anbau er richtet wurde. Als erste mechanische Tätigkeit wurde die Hem- denkonfektion ausgenommen. 4908 ging man zur mechanischen Weberei über, bis 4946 der durch den Krieg behinderte Sched bau mit 60 Webstühlen fertiggestellt werden konnte. Durch den Krieg w^r der Betrieb einige Jahre stillgelegt worden bis auf die Konfektionsabteilung, wo für das Kriegsbekleidungs amt Hemden, Drillichhosen und -sacken, Halsbinden usw. an gefertigt wurden. Auf Veranlassung des Aufsichtsrates ging das Unternehmen nach längeren Verhandlungen im Jahre 4948 in den Besitz der Großeinkaufs-Genossenschaft Deutscher Konsumvereine (GEG.) in Hamburg über. Nach Abbau aller Kriegömaßnahmen entwickelte sich der Betrieb so günstig, daß am 45. April 4929 zum Bau einer großen, wirklich muster haften Fabrikanlage geschritten werden konnte. 4930, mit Er öffnung des neuen Werkes, setzte aber leider auch die Krisis ein, so daß die Fabrik nicht zu ihrer vollen Entfaltung kom men konnte. Dennoch können wir uns freuen, durch die Initia tive der Genossenschaftsbewegung eine Arbeitsstätte bekommen zu haben, die heute noch 460 bis 480 Arbeiter beschäftigt, eine Arbeitsstätte, deren Einrichtung in Bezug auf Hygiene, Sicher heit, Iweckmäßigkeit und Erweiterungsmöglichkeit musterhaft ist und die das Iiel Tausender von Beschauern gewesen ist. Schon der Bau dieses Unternehmens hatte dem Orte große Vorteile gebracht. Lange Ieit waren gegen 700 Arbeiter, später Hunderte von Monteuren und Ingenieuren beschäftigt, durch die der hiesigen Geschäftswelt Hunderttausende von Nkark zngeflossen sind. Hergestellt werden Inlette, Bettwäsche, Matratzenstoffe, Bernfskleidrstoffe, Hand- und Wischtücher, Frottierware und in neuerer Ieit auch reinwollene Herrenanzugsstoffe. Diese Wa ren werden nicht nur hier gewebt, sondern auch gefärbt, ge bleicht, ausgerüstet (gerauht), gemangelt usw. Es hat oft Befremden verursacht, daß auch das Mehr stuhlsystem in unsrer Fabrik eingeführt ist. Man muß ver stehen, daß ein solch moderner Betrieb, soll er konkurrenzfähig sein, auch diese Neuerungen nicht unberücksichtigt lassen darf. Diese Neuerungen an den Stühlen haben ja auch nicht nnr den Iweck, Menschenkräfte zu sparen, sondern auch den, dem Arbeiter die Arbeit zu erleichtern. Es ist ja auch nicht so, daß alle Wrber derartige Stühle bedienen. Es gibt iWeber in diesem Betriebe, die nur einen, dann solche, die zwei, vier und acht Stühle haben. Wähl nicht in Deutschland, aber in Nachbarländern, gibt es Betriebe, wo ein Arbeiter bis 30 Stühle bedient, Stühle, die schwerere Arbeit erfordern als die unseren. Der Weberlohn hat sich gegen die Löhne vor dem Kriege nahezu verdoppelt trotz der verkürzten Arbeitszeit. Die Erfah rung hat ja gelehrt, daß bei Verkürzung der Arbeitszeit die Leistung des Arbeiters nicht zurückgeht. Ob aber trotz des er höhten Lohnes die Kaufkraft der Familie größer geworden ist, zumal früher auch der Frau Gelegenheit gegeben war, durch Arbeit das Einkommen der Familie zu erhöhen, kann im Um fange dieser Arbeit nicht untersucht werden. Es sei noch er wähnt, daß von 300 vorhandenen Webstühleu gegenwärtig ungefähr 450 im Gange sind. Auf die Lohnfrage ist in vorliegender Arbeit nicht ein gegangen worden. Wie die Lohnlisten zeigen, sind die Wochen löhne in edr Textil- und in der Steinindnstrie höher geworden. Einfache Iahlen würden aber ein falsches Bild geben, wenn man daraus auf eine höhere Lebenshaltung des Arbeiters schlie ßen wollte. Untersuchungen über die Löhne vor und nach dem Kriege würde das Thema einer umfangreichen Arbeit sein können. Neben den vorherschenden Textilunternehmungen entstand noch Anfang der 80er Jahre eine Destillation und Obstkelteroi. Sie wurde gegründet von Richard Wenzel, der seine Arbeits stätte in dein jetzt Herrn Bäckermeister Faifar gehörenden Hause aufschlug. Der heutige Bäckerladen diente dem Klein verkauf von Branntwein. Nach wenigen Jahre baute der Genannte das Geschäft zu einem größeren Unternehmen an der Iittauer Straße aus und erweiterte es zu einem nicht un bedeutenden Betriebe. Später leider in Konkurs geraten, ging die Anlage in die Hände einer Berliner Firma iMichaelis über. Von ihr kaufte sie die heutige Besitzerin, die Firma E. L. Kempe u. Eo. Unter der Leitung des umsichtigen und tatkräfti gen Leiters, des Direktors Karl Mauksch, entwickelte sich die Firma zu einem Werke, dessen Erzeugnisse, Wembrand und Liköre, lWeltruf genießen. Schließlich ist noch eine Holzpantoffelfabrik zu nennen, die von iWilhelm Mehnert und Leberecht Förster 4872 gegründet wurde. 4884 kam ein Dampfsägewerk dazu, während die Pan toffelfabrikation nach und nach aufhörte. Jetzt steht das Werk unter der Leitung des Herrn Alfred Förster. Wie jeder Aufstieg und jeder Fortschritt immer nur einem oder wenigen Führern zu verdanken find, so waren es auch in Oppach nur wenig tatkräftige, wagemutige und unternehmungs lustige Manner, die aus dem armen und unbekannten iWeber- dorfe einen großen, angesehenen und arbeitsamen Industrieort geschaffen haben. Krieg und Nachkriegszeit, Inflation und Deflation haben nun zwar einen bedeutenden Abstieg unseres Wirtschaftslebens verursacht, aber wir wissen auch, daß das Jahr 4933 mit Hitlers Machtübernahme einen Wendepunkt bedeutet. Durch seine Maßnahmen hat sich unsere Laae freundlicher und er träglicher gestaltet und wir haben die Ueberzeugung, daß wir unter seiner Führung zwar langsam aber sicher einem neuen Aufstieg und einer neuen Blütezeit cutgegengehen. Benutzt wurde in der Hauptsache eine ausführliche Arbeit von Herrn Karl Höhne, außerdem Angaben älterer Oppacher und der Betriebsleiter, ferner v. Schlieben. Untersuchungen über Einkommen und Lebenshal tung der Handweber der Amtshanptmschft. Iittau (4890); v. Rechenberg. Ernährung der Handweber in der Amtshaupk- mannschaft Iittau. Leipzig. 4890: Dr. Edmund Gröllich. Die Banmwollweberei in der sächsischen Oberlausitz und ihre Entwickelung zum Großbetrieb. Leipzig. Verlag von Dunker und Humblot. 4944. (Letzteres ist besonders lehrreich, klar und ausführlich).