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Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Oppachs Die wirtschaftliche .Lage der Bevölkerung von Oppach war in den 70er und 80ec Jahren sehr schlecht. Den einzigen Erwerbszwoig bildete die Hausweberei. In jeder (Wohnstube standen 2, 3 oder 4 Webstühle. Die ganze Familie mit den zahlreichen Kindern, ost g bis 7, mußten mitarbeiten, schon vom 4. und 5. Lebensjahre an. Dabei betrug der Lohn 3 bis 6 Mark für die Woche trotz der vielen Hände, die dabei tätig waren. Nur bei geschickten Webern und bei solchen, die besonders breite Stosse hcrstellten, Ivar der Lohn um einige Mark höher. Das reichte natürlich für eine oft 8- bis kOköpfige Familie nur aus, wenn man sich große Entbehrungen auferlegte. Von diesem geringen Lohne mußten noch Stärke, Schlichte (gutes (Weizenmehl) und Schlichtbürsten gekauft werden. Der Lausitzer Handweber war Meister darin, mit dem denkbar ge ringsten Einkommen sich gesund und leistungsfähig zu erhal ten und sich der Entbehrungen weniger bewußt zu werden. Kleidung und Nahrung waren mehr als dürftig. Bei Er wachsenen galt als einziger guter Anzug der Hochzeitsanzug und das Brautkleid. Sie wurden nur zum Kirchgang und bei besonders feierlichen Anlässen getragen und mußten zeitlebens aushalten. Sonst trug man, Erwachsene wie Kinder, nur Baumwollhosen, grauen trugen einen Leinwandrock, bedruckt oder kariert, und eine Barchentdecke oder sonst ein billiges Oberkleid. Das alles wurde immer wieder geflickt. Als Win terkleid trugen Männer wie grauen einen Schafpelz. Wer einen Ueberzieher oder Mantel anschaffte, trug ihn, genau wie den „guten Anzug", bis an sein Lebensende. Von Mode wußte man damals nichts. An Schuhwerk besaß der Vater ein Paar rindlederne Stiefel, die Mutter ein Paar derbe Schuhe, die für alle Zwecke genügten und erst nach vielen Jah ren einmal durch neue ersetzt wurden. Kinder hatten keinen Mantel. Als Unterkleidung diente ihnen abgelegte und schwer zusammengeflickte Oberkleidung. Schuhwerk kannten die Kin der kaum; die Holzpantoffeln waren ihre Begleiter bis zur Schulentlassung. Erst zur Konfirmation wurden die ersten Stiefel gekauft. Nur die Kinder einiger Fabrikanten- und Händlerfamilien machten davon eine Ausnahme. Die erwach sene Jugend versuchte, wie auch jetzt, „Staat zu machen". Junge Burschen sah man wohl schon in einem Jackettanzug, der aber sehr abgetragen wurde, ehe er durch einen neuen er setzt wurde. Die jungen Mädchen gingen Festtags in einem roten oder blauen (Wollrock und einer blauen, bedruckten Schürze. An den Füßen hatten sie Lsderpantoffeln, und diese galten als besonders fein und vornehm. (Merkwürdigerweise wurde von der weiblichen Jugend großer Wert auf den Be sitz eines Schafpelzes gelegt. Hatte es ein (Mädchen bis zu ihrer Verheiratung noch zu keinem Pelze gebracht, so war zu sehen, daß sie nicht sparsam genug war und in vieler Augen galt sie als nicht vollwertig. Oft konnte man über Liebespaare die Meinung hören: „(Was, der will sich die nehmen, die hat ja nicht einmal einen Pelz!" Bei jungen Burschen spielte der Pelz nicht diese Rolle, umsomehr bei Erwachsenen. Im Jahre 4885 stellte der Amtshauptmann v. Schlieben genaue Erhebungen an über das Einkommen und die Ernäh rung der Handweber in der Amtöhauptmannschaft Zittau. Auf Grund dieser Erhebungen erschien eine Schrift: Die Er nährung der Handweber in der Ämtshauptmannschaft Zittau von C. v. Rechenberg. Diese Ernährungsweise bezeichnet v. Rechenberg als ein trostloses Einerlei. And in der Tat können wir es uns nicht vorstellen, wie wir bei einer solchen Ernährung bestehen könnten. Nicht besser war die Ernährung in unserm Orte. Die Nahrung bestand fast nur aus Kartoffeln. Kar toffeln und ein Hering für 5 Pfennige war das gewöhnliche Mittagessen für die ganze Familie, die oft aus 6 bis 4.0 Köp fen bestand. Rückgrat, Gräten und Flossen des Herings wur- Zranke den geröstet und am nächsten Tage zu den Kartoffeln verspeist. Es war keine Seltenheit, daß besonders notleidende Familien Heringslake beim Kaufmann holten, um dadurch die Kartoffeln schmackhafter zu machen. Statt des Herings gab es zuweilen ein kaum nennenswertes Stückchen Butter oder Fett. Kam ein mal Leinöl auf den Tisch, so war es Vorschrift, daß die Kar toffelstückchen nicht zu klein gemacht wurden und nur das Tröpfchen Leinöl dazu genossen wurde, was am Messer hän gen blieb. Auch Ouark wurde nicht selten zu den Kar toffeln genossen. Aber die hauptsächliche Juspeise zu den Kar toffeln war der Hering. (Marinierter Hering war, wo man ihn zuzubereiten verstand, ein seltenes Sonnkagsgericht. In vie len Häusern war „saure Suppe", aus Buttermilch und Schwarzmehl hergerichtet, ein wichtiges Nahrungsmittel. Fleisch kam nur an hohen Festtagen auf den Tisch. Nur wenige waren in der Lage, besser zu leben. Es gab in diesen Jahren mehrere Mißernten, wo Kartoffeln und Getreide wegen anhal tender Nässe umkamen. Da war man gezwungen, (Maisschrot als Ersatz zu Suppen zu verwenden, um das Leben zu fristen. In solchen Seiten wurde außerordentlich viel aus dem benach barten Böhmen eingeführt, da eine gewisse (Menge zollfrei war und die Preise für Brot, (Mehl, Butter, Fleisch, Speck und alle Landerzeugnisse niedriger waren. Die Kinder mußten oft täglich zweimal nach Fugan gehen, um die zollfreie Ware, be sonders Brot, über die Grenze zu holen. Unzufriedenheit über diese mangelhafte Ernährung gab es nicht. Man kannte es eben nicht anders. Familien, die in eine bessere Lage kamen, gingen garnicht oder nur sehr langsam — aus Unkenntnis, Sparsamkeit oder Bedürfnislosigkeit zu einer besseren Ernäh rung über. Die Armut war auch schon äußerlich zu erkennen. Die Häuser waren ärmliche, strohgedeckte Lehmfachwerkbauken. Die Türen waren einfache Brettertüren mit einer Holzklinke im Innern; von außen wurden sie mit einem Bindfaden geöffnet. In der Nacht wurde, da Schlösser fehlten, ein Holzricgel vor geschoben. Festgestampfter Lehm bildete den Fußboden des Haus flurs. Der Hausrat bestand aus den Handwebstühlen, oft 2 bis 4, dem Spulrad, dem Treibrad, einer Stuhllade zur Aufbewah rung der Garne und auch sonstiger Gegenstände, einem Tisch mit Holzstühlen und einer Bank. Selten gab es andere Aus stattungsstücke. War Platz vorhanden, so fand sich noch ein einfaches, mit Stroh gepolstertes Kanapee und ein Topfbrett. Im Hause, d. h. im Hausflur, stand das „Bruthäusel" oder die „Speisekammer", ein Schrank zur Aufbewahrung der Speisevorräte, der zumeist verschlossen war, damit die Kinder nicht naschen oder nicht vorzeitig ihren Hunger stillen konnten. Das Brot war ja knapp und wurde abgcteilt. Ein weiteres wichtiges Möbelstück war die Kleiderlade, oft ein Altertum aus den Tagen der Groß- oder Urgroßeltern. Sie enthielt die Sonntagskleider, (Wäsche, (Wollsachen, Hüte usw. und stand auf dem Boden unter dem Strohdachs. In der Lade befand sich das „Beikastel", worin Schmuck und etwaige Ersparnisse aufbewahrt wurden. Ueberhaupt wurde es als Geldaufbcwahrungsort benutzt. Geldtäschchen, wie wir sie jetzt haben, gab es nicht. An ihrer Stelle hatte man Leder oder Leinwandbeutel. Ium Aufbewahren der Kleider diente auch ein Kleider schrank — ebenfalls auf dem Boden. Er war zwar in ein facher Weise aus Brettern gebaut, aber — wie auch die Lade — mit schöner alter Bauernmalerei, meist Blumen, geschmückt. Ueberhaupt müssen wir immer wieder staunen, mit welcher Liebe und mit welchem künstlerischen Geschmack trotz aller Ein fachheit und Armut Häuser, Hausrat, Eßgeschirr und andere Gebrauchsgegenstände aus früherer Jeit gestaltet sind. Wer