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40 Gbevlaufltzer Helmatzsttung Nr. 3 Das meiste geflüchtete Zugvieh war zurückgekommen: die Felder unserer Fluren wurden von den Lagerhütten, aus denen viel Stroh und Holz zum Gebrauch gesammelt wer den konnte, nach und nach befreit und man fing an, Gerste und andere noch mögliche Sommerfrüchte zu be stellen, deren Saaten den 4. Juni durch einen — nach langer anhaltender Dürre — doppelt erwünschten Regen erquickt wurden. (Fortsetzung folgt.) Kat« Gustav Wolf-Weifa So steht es in dem vergilbten Tagebuch: Der junge Bauer, der da die Dorfstraße herunterkam, war Reinhold, mein alter Schulkamerad. Als er uns er blickt hatte, bot er uns einen guten Feierabend und blieb einen Augenblick stehen. Ein paar gleichgültige Worte über das Wetter und die Ernte wurden gewechselt, nur meine Mutter wußte etliche kluge Bemerkungen einzuflechten,' sie hatte in diesen Dingen ihre eigene Erfahrung. Reinhold hatte sich im Gespräch umgewanüt, um auch zu sehen, wovon er redete: denn seine Felder lagen dort oben auf der Höhe, und den Gegenstand im Auge läßt es sich doch ganz anders diskutieren, als wenn man nur so vor sich hinredet. „Verflucht!" fuhr es ihm da mit einem Male heraus. „Wer ist denn das? Was will der Kerl dort wohl in mei nem Korn?" „Weiß Gott, die Leute werden auch wirklich mit jedem Tage frecher," eiferte jetzt auch meine Mutter, die sich gleich falls der Höhe zugewendet hatte. „Jetzt stehlen sie einem sogar noch das Korn am hellerlichten Tag vom Halme." Ich sagte nichts dazu und überließ den anderen die Entrüstung. „Wenn ich recht sehe, wie der da mäht," redete sich Reinhold in seinen Zorn hinein, „der da, das Luder da oben, so ist, so ist das doch der alte Traugott! Aus der eigenen Verwandtschaft! 's wird immer schöner! Da hilft nichts anderes: ich muß rauf! Und gleich!" Daß ich mich ihm jetzt anschloß, fand ich ganz in der Ordnung und meine Mutter auch. So zogen wir in scharfem Tempo und wortlos straßauf, ich immer ein ganzes Ende hinterher,- denn ich hatte Mühe, dem von Wut Getriebenen zu folgen. Den Fußsteig hin, stracks durch den Wald, Ge büsch, Dickicht. Duster schon da drin. Manchmal schwebte mir ein Spuk vor den Augen: der da vor mir, die graue Gestalt, sei mein Vater. Reinhold? — Mein Vater? — Huh, es war gruselig hier im Walde! Jetzt hatte der erste den Quersteig erreicht. Da sperrte ein Ochsengespann den Weg, ein hohes Fuder voll Holz und Reisig, zu breit geladen für den schmalen Pfad,- es drückte links und rechts die hemmenden Fichtenbäumchen erbarmungslos zur Seite. Die Weiber griffen in die Spei chen, der Bauer brüllte unaufhörlich: „Hüh!" Ich stellte mich hinter die gemarterten Stämmchen, um nicht geschleift zu werden, der andere aber rammelte wild vorbei. Rein hold? — Mein Vater? — Als ich frei wurde, sah ich keine Spur mehr von ihm. Hinter dem Wagen neckte sich des Bauern Jüngster mit einem kleinen Kläffer. Reinholds Feld mußte jetzt hinter dem Wald zur Lin ken am Hange liegen. Aber da war ich wohl schon zu weit? Der Wald ging zu Ende. Ich sah den fahlen Abendhimmel über der Höhe. Ein paar Soldaten überholten mich. Was die beiden alten Holzweiber ihnen nachriefen, war keine Schmeichelei für ihr Handwerk. Aber die Soldaten lachten. Es war hier wieder Heller um mich im Freien, und ich sprang über das Geröll der Mauern und einen Rest dor nigen Gestrüppes nach links den Abhang hinunter. Richtig, ich war zu weit gelaufen. Jetzt konnte ichs ganz genau er kennen. Da drüben dehnte sich das Kornfeld längs des Waldrandes. Und dort mähte auch der alte Traugott. Im gleichen Augenblick brach aber schon eine Gestalt aus den Büschen — quer durchs Korn. Ein Sensenholm knickte und flog zur Seite — ein Wutgeheul — ein ängst liches Jammern. Dann waren weder er noch der Alte mehr zu sehen. Mich überlief und schüttelte es heiß und kalt. Ich eilte zu: es schien mir ein saumseliges Torkeln. Ein paar Sträucher hemmten, ein paar Dornen kratzten, selbst über den Rain holperte es. Was geschah dort? Wozu war ich hier? „Machs nicht zu schlimm!" war das einzige, was ich mühsam hervorwürgte. Welch ein Bild! Das entstellte Ant litz des alten Traugott. Schaum vor dem welken Munde, Schaum in den Stoppeln des spitzen Kinnes. Auf dem schmächtigen Körper kniete der Wütende und zog eine Drosselschnur um den Hals des Alten, er nach der einen Seite, und — wer? — wer? — wer war das, der das andere Ende hielt? Willenloses Werkzeug des Mörders. — Allmächtiger! „Machs nicht zu schlimm!" Da fuhr der Jün gere mit einem Satze auf und unter satanischem Gelächter zerrte er den welken Körper an den Füßen hoch und hielt ihn baumelnd mit einer Hand in die Luft, wie man ein erlegtes Wild aufhebt: den Kopf nach unten. „Könnt' sein, daß er tot ist!" Damit ließ er den schwach Röchelnden wie der ins Gras gleiten, zog sein Taschentuch heraus und deckte es ihm übers Gesicht. Blutrot sank die Sonne hinter dem Berg, und blutrot flammte ihr Schein über den ganzen Abendhimmel. Im Krampf krallten meine Hände das Gras und die Krume. Verworrenes Leben! Erst mit dem Mörder, dann mit dem Opfer. Mit mir die Mutter, mit mir der Vater, blutiges Handwerk, Soldaten. Seele, was zerrt dich hin und her zwischen gut und böse? Schuldig, unschuldig. Vater und Mutter, Adam und Eva. Dreimal schuldig! Und der Him mel schrie es, und die Luft schrie es, und die Erde schrie es — und der Wald: „Kain, warum hast du deinen Bruder Abel erschlagen? Kain — — —!" Und Gottes strenge Richterstimme sprach klar und unerbittlich: „Eure Schuld soll siebenmal gerochen werden!" Bis hierher die Chronik. Was die Leute noch wissen, läßt sich in wenigen Worten zusammenfassen. Es gab die Sühne einer irdischen Gerechtigkeit. Viele mildernde Umstände, viele ärztliche Zeugnisse, eine Zucht hausstrafe und einen Freispruch. Der eine nahm das Ur teil auf sich wie eine Alltäglichkeit, der andere zerbrach fast an seiner Freiheit. Sein flachsbleiches Haar ist das Kainszeichen, das ihm seit jener Stunde blieb, und ein irr- flackernbes Auge — und ein stummer Mund. ^llte Volkslieder und (Zedicbte Wiegenlied Ecklak, liebe Meine, )stzo scblägt es neune, Dieses ist die Scklummerzeit kür die kleinen weit und breit. Lia popaia. Lah Orangen zäklen, Ob Dukaten stehlen, Zäklst Lu dock Sorgen nickt, käst nickt klecken im Sesickt, Lia popaia. Nn den Spieltisck sitzen Viels jetzt und scbwitzen Und verspielen Zeit und Seid, Weil man Las kür Mode kält. Lia popaia. Srotzs Leuts pflegen Sick erst spät zu legen, Koben okt bis in die Nackt Nickis getan und nichts gemarkt Lia popaia. Lräums von Pappacben, Lräums von Mammacben, Sis Lu wieder aufgebüscbt Von den guten Leuten, wirst. Lia popaia. Latz dos Wasser blsrn Und Nadutsn gekn, kerrn und Damen groß und klein Schlafen bis in Lag binein. Lia popaia. (Sekunden bei einer YLMKrigsn bei Wsigsdork 1796.) Sie WWeillkMe M die ZellMM von Msimf. Zu beziehen durch unsern Verlag sowie jede Buchhandlung. Preis -.50 RM.