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Alle sechs singen alle drei Verse „Stille Nacht, heilige Nacht". Petrus: Wär ich mein eigner Herr und stund zu meinem Belieben, ich mär auch dieses Mal gewiß daheim geblieben. Ich seh mir keine Lust; wie kommts, du mein Herr Christ, daß du dein lvsen Volk so gar geneiget bist, denn niemand bet allhier, dein Wort recht zu erfüllen; man suchet, wo man will, so findet man Mutwillen. So wär es nun mein Rat, verlaß die Kindelein und kehret mit mir um, wo wir Herkommen sein. 5. Nikolaus: Mein Petrus, sage mir, ivie wollest du da finden ein einzig Menschenkind, das nicht gelebt in Sünden? Nur einen nehm ich aus, den Gott und Menschen sohn, der um der Kinder willen verläßt jetzt seinen Thron, und suchet seine Lust mit seinen werten Gaben bei diesen Kindern hier auf dieser Welt zu haben. Christkind: Mein Petrus billig ist, daß du dirs läßt gefallen, wie dirs gefällt und ist vor andern allen. So hätt ich mich gefreut, mir ist schon längst bekannt, die Bosheit mehrenteils behält die Oberhand. — Und nun, mein Raphael, dieweil du bist bestellt zur Tugend, entdecke, was du weißt von Laster und Untugend. 6. Raphael tritt vor und spricht: Der Kinder ärgster Feind, Knecht Ruprecht brachte mir unangenehme Post schon draußen vor der Tür. Mein lieber heilger Christ, ob auch die Frömmigkeit ein seltsam Wunder ist, so sind doch diese fromm. Mein lieber heilger Christ, vielleicht wird Gabriel selbst über sie nicht klagen, er wird wohl auch noch gar von ihrer Tugend sagen. Sie sind der Eltern Lust, sie sind der Eltern Trost, von großer Lieberei ist ihn garnichts be wußt. Wie hoch erfreut bin ich, daß wir noch welche finden, die nicht so ganz und gar den Lastern und den Sünden so ganz ergeben sind. Auch du, mein treuer Geist, mein Gabriel, sag mir, was du vou diesen Kindern weißt. Gabriel: Ich als ei» Kinderfreund, muß auch die Kin der lieben, vor edler Tugcndzier vor andern hoch erheben. Mein lieber heilger Christ, soviel als mir bewußt, so hat dies .Kindervolk an Tugend seine Lust. Vielleicht wird Nikolaus von diesen beiden auch, worauf die Kiudelcin am meisten sein beflissen, und sie wie dein Befehl nach guter Tugend steht, und nicht mit andern Sündern die Laster bahnen geht. Das Christkind zu Nikolaus: Wohlan, mein Nikolaus, laß mich dein Zeugnis hören: Nikolaus: Von dieser Kinderschar will einer mehr was hören, man muß behutsam gehn, auf daß dieselbe sich nicht mehr ins Böse übt. Gesetzlich wäre was zu tadeln und zu schelten. Nun dieser Kinderschar laß ich das nicht entgelten und hör ihr Beten an, mein lieber heilger Christ, gedenke, daß auch du ein Kind gewesen bist. Petrus: Gefällts dem Heilgen Christ, so mag Knecht Ruprecht kommen, er sage noch einmal, was er sich vor genommen, ich weiß, er fehlet nicht, er stimmet mit mir ein, ivie ich ihn hab bericht! Ruprecht: Drnm, Kinder, folgt, die Rute ist ge mietet für Alt und Jung zu diesem Weihnachtsfest. Wie manches habe ich von euch erblicket, was leider nichts Gutes hoffen läßt. — Wie bald ist eure Sanduhr abgelanfen, bei manche» ist cs schon das letzte Jahr. Sv strebet diese Zeit recht weislich einznkaufen, sonst mache ich euch bald nun meiner Strafe wahr! Christkind: Auch ich von Sünde mußt, worauf die Kindelein am meisten haben Lust, nnd nicht fromm wollen sein. Ruprecht: Sv so gerät es wohl, da krieg ich nun den Braten, den ich schon heute früh im Bette hab gerochen. Mein werter heilger Christ, ich Habs vorher gesagt und mg es noch einmal, daß mich cs herzlich naht. Dort bringt, daß ich auf dein Gebot muß gehn und schau» auf Bahn, darauf die Kinder stehn, und daß ich sie in Sack soll stecken und mit der Gegenwart ganz bisher erschrecken. Christkind: Sieh zu, du Bösewicht, daß dich die Freud nicht reue, mein herzgeliebtes Kind tritt zu mir ohne Scheue, entsetze dich nur nicht, laß deine Andacht hören, es könnte sonst um dich gar leichte sein geschehen. — Was ihr habt vvrgebracht, mit dem bin ich vergnügt, erkennt ihr Kinder nun der Frömmigkeit Absicht? Knecht Ruprecht war bedacht, zu stecken euch in Sack, nun aber ist sein Wort so ganz und gar veracht. (Zu den Darstellern): Jetzt aber, wertes Paar, geht hin und holt die Gaben, die wir vom Himmelsthrvn mit uns herabbracht haben, sie müssen sein beschert, geh hin, mein Nikolaus, teil der ge liebten Schar die edlen Gaben aus, nun geh, St. Petrus, geh, gib jeden seinen Teil, wir müssen wieder fort in sehr geschwinder Eil! (Bescherung.) Christkind singt mit allen Spielern: Freut euch, freut euch, ihr Christenheit und danket Gottes Gütigkeit. (Alle verneigen sich dabei.) Christus ist uns geboren (drei mal zu singen). Christkind allein: Bon Maria, von Maria der Jungfrauen auserkvhren. Alle: Bon Maria, von Maria der Jungfrauen auS- erkohren. Christkind: Nun so geh ich diesmal weiter wieder hin zu meinen Leuten, wo ich hergekommen bin. Alle Plage, Not und Jammer sei in eures Hauses Kammer ewig, ewig weggenommen. Raphael: Liebe Kinder, laßt mich raten, meidet alle bösen Taten, fürchtet Gott und betet fleißig, bis wir wer den wieöerkommen, daß ihr seid mit unter den Frommen. Solches wünsch ich zum Abscheide, lauter Lieb und lauter Freude. Ruprecht: Nun ich wünsch euch langes Leben, neun undneunzig Ellen lang, höher als Wolken schweben, länger als ein Glockenstrang. Hunderttausend Schock Dukaten, Kleingeld einen Scheffel; hunderttausend Löffel, hundert tausend Feuermauern und wohl Wurst und Schinken, und dabei was Guts zu trinken. Lebt vergnügt in eurem Hause eivig und drei Tage, der Fuchs, der Fuchs behüte euch vor Mäusen, Mördern und vor andern üblen Plagen. O du loses Hausgesinde, geh doch gleich in' Stall geschwinde, alles, was ich in der Stube zusammenkehre, soll der heilge Christ der Moard bescheren. Gabriel beginnt zu singen, die andern fallen mit ein und verlassen dabei die Stube. Ihr Eltern gute Nacht, wir müssen weiter ziehen, wo keusche Herzen sind und edle Pflanzen blühen, zieht eure Kinder wohl, zieht eure Kinder recht, daß sie euch bringen Freud und zieren das Geschlecht! Ende. Frau Mai geb. Rößler in Großschönau hat dies (als Engel Gabriel) 1866, 67 und 68 mitgespielt, sogar im Hainewalder Schlosse vor der v. Kyawschen Herrschaft und erzählte mir dies Ganze aus dem Gedächtnis! Richard Mättig, Großschönau. Der Weihnachtsbaum Von D r. Curt Bi üller, Löbau Wo der Deutsche auch Weihnachten feiert, sei es unter den Palmen der Kolonien, sei es im eisigen Norden, wird er danach streben, sich und seinen Gefährten einen Lichter baum anzuzünden, und unter diesem wird ihm in der Fremde gerade am Christabend „ande" und weh sein nach den Lieben in der fernen Heimat, die daheim unter einem waldduftenden Tannenbaum sitzen. Und der Ärmste opfert sein letztes, um den Seinen diese Weihnachtsfreude zu be reiten, wie bei Rosegger der Pecherlenz, der sonst so recht liche Mann, selbst zum Waldfrevler wird, um seinem Mag- dale ein Christbäumchen aufstellen zu können. Aus der heute so allgemeine» Verbreitung des festlich geschmückten