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von den Behörden verboten. Dort sind sic tot. Lebendig aber bleibt die säße Ahnung, das Hoffen, Wundern und Staunen, vor allem bei den Kindern. O wohl, es klopft an! Immer noch. Und dann kommt das Ängstlich-verzagte: Herein! Das furchtsame Beten und Singen. Und es kom men am Abend im Bett die Phantasien und Wünsche, mit denen man das Blaue vom Himmel herunterholt. Es kommt das Abzählen der Nächte, die noch zu verschlafen sind, bis endlich, endlich Weihnacht ist. An jedem Morgen wird ein neues Fenster am Advents-Kalender hell. Jeden Sonntag steckt die Mutter ein neues großes Licht in den wundergrünen Kranz, der nun zu unfern Häupten schwingt. O, es ist schon eine Zeit, eine ganz, ganz wunderbare. So voller Sehnsucht. So voller Erwartung, daß ein Kinderherz kaum fertig werden kann damit. Und der Norddeutsche Juuge, der im schönsten Plattdeutsch bittet: „O wen» doch erst der Abend keem, da man sülben (selber) snitt, und sülben itt!" ist wohl zu verstehen. Selber schneiden dürfen von Speck und Wnrst und Brot und Kuchen, und selber das alles essen dürfen: das ist das große Kinderrecht zu Weihnacht, die der Kindersreude immer noch das allerschönste Waren haus auf dem winddurchwehten, flvckendurchrieselten, lam- pendurchglühten Weihnachtsmarkt bereitstellt. Mit Hirten, Schafen und grünen Ländereien, mit Bürgern und Sol daten, Trompeten und Eisenbahnen, mit Brummkreiseln und kleinen klimpernden Spieldosen, umleuchtet von schim merndem Gold- und Silberhaar, klopft es da an das freudendnrchzitterte Kinderherz. Wer nur dem geheimen und tiefen Denken des Volkes von Zeit zu Zeit nachspürt und ein wenig mit Liebe nach sinnt, und wer dazu das Kinderherz belauscht und wieder in sich entdeckt, der wird, weit erhoben über die Unrast des Alltages, beseligt als Tatsache erkennen, was über diese wundersame Zeit geheimnisvoll geschrieben steht: Es klopft an! Das Großschönauer Weihnachtsspiel Von Richard Mättig Personen: 1. Engel Gabriel, 2. Engel Raphael, 3. Petrus, 4. Nikolaus, 3. Ruprecht, 6. das Christkind. Gabriel: weiß gekleidet, mit Flügeln, einem Kränzel im Haar und brennender Kerze. Raphael: weiß gekleidet, ohne Flügel, einem Kränzel im Haar und grünem Zweig in der Hand. Petrus mit Schlüssel in der Hand. Nikolaus mit vergoldeter Bischofsmütze, mit grünem Zweig in der Hand. Ruprecht im Pelz, mit goldbesetzter Mühe, Bart: auf dem Rücken einen Sack, in der Hand die Rute. Christkind: weiß gekleidet, mit Sternchen an dem Ge wände, verschleiert wie jene zwei Engel, in der Hand einen Zepter seine Kugel mit Kreuz drauf), auf dem Kopfe eine goldene Krone. 1. Gabriel und R aphael treten ein: Gabriel tritt vor: spricht: Gun Abend, gun Abend zu dieser Frist, herein schickt mich der heilige Christ, ich soll nur fragen rein, ob fromme Kinder hinne sein, die Vater und Mutter gehorchen sein. Gabriel singt den 1. Vers: Vom Himmel hoch, da komm ich her,- der 2. wird nur gesagt. 2. Petrus und Nikolaus: Petrus tritt vor und spricht: Petrus, Petrus, bin ich genannt, trage den Schlüs sel in meiner rechten Hand. Ich schließ den Himmel auf und zu, wer rein will, der muß Buße tun. Ich wünsch euch alles Heil, und was ihr mehr begehrt, von diesem heilgen Christ, der hier ist cingekehrt, zu ^hcn, wie bisher das Leben hat geführt -as zarte Kindervolk — -er Tugend Wege geht. — Sind sie in einer Lust, nichts lieber kennt ich ihn — auf Erden sein bewußt.— Drum Kinder, nun wohlan, was wollt ihr mehr begehren, als daß der heilge Christ — hat wollen hier einkehren. Ich setze meinen Stuhl ssetzt sich auf einen Stuhl), legt alle Schrecken hin, Knecht Ruprecht wird indes schon ändern seinen Sinn. Der heilge Christ wird euch, der reinen Tugend lieben, und wie ihr euch befindet, im steten Leben blieben, mit Gaben euch cr- freun. Was halt ich mich so ans! ach komme doch hernieder, du längst gewünschter Gast. 3. Knecht Ruprecht: Ich komme herein geschritten, wenn ich ein Pferd hätte, käme ich geritten. Halt, halt, mein Herz, v Herr, bis mir nicht so geschwinde von deiner Mildigkeit. — Ein lvseD Hausgesinde find ich an diesem Ort. Man muß behutsam gehn, wenn ich am Klageort, so kann kein Mensch bestehn. Petrus und Ruprecht: Was ist du loser Tropf, wer hat dich herbestellt? Ruprecht: Drum sichest du mich hier, weil mir es so gefällt! Petrus: Hier ist kein loses Kiud. Ruprecht: Ha, ha, so lach ich mich doch krank, wenn ich ein frommes find! Petrus: Bermessner Bösewicht! geh, packe dich zu Pferde, wenn nicht, so soll dir gleich der Weg gewiesen wer den. Man ruft den Heilgen Christ: hinab du böser Tropf. — Wenn nicht, so schlag ich dir den Schlüssel an den Kopf. sSchlägt ihn mit dem Schlüssel an die Mütze.) Ruprecht: Sacht, sacht, mein Herz, o Herr, du schlägst, daß ich mich beuge (beugt sich), wo Schlagekäse sind, da freß ich mein Brot troige. Der Buckel grollt mir nicht und wenn sie allezeit wvlln so verdrießlich sein, so werd ich wieder zu mein'm Mer- und Wagen gehn, und sie zu keiner Zeit, zu keinem Dienst mehr stehn. Petrus: Seht, welch ein Gast ist das, und laßt das Trauern fahren, der heilge Christ wird euch vor solchem wohl bewahren. Seid ihr nur fromm und gut und stellt das Trauern ein, so werd ihr mit Gebet ihn angenehm schon sein. 4. Das Christkind dazu, es spricht Petrus zum Christkinde: Ach, was willst du draußen stehn, komm her ein, du hetlger Christ, du wirst mit Berwundrung sehn, wie nach dir Verlangen ist. Komm mit deinem Glanz herein, du gewünschter Gnadenschein. Schau, wie die lieben Kinde- lein mit Verlangen warten dein. Der hl. Christ schreitet näher und sagt: Ein' guten Abend geb euch Gott, tret herein ohn allen Spott. Herz liebstes Vater und Mütterlein, haben sie fromme Kinder lein? Das Christkind setzt sich auf einen Stnhl und singt: Quem pästores laudavere — Quibus angeli dixere — Absit vobis jam timere — Natus est Rex gloriae. Darauf singen alle sechs dasselbe deutsch: Den die Hir ten lobten sehre — Und die Engel noch vielmehre — Fürcht euch fürbaß nimmermehre: — Euch ist gebohrn der König der Ehrn. Das Christkind: Selig ist das Haus, ivo fromme Kinder wohnen, und wo man reichlich pflegt, die Tugend zu belohnen, das Laster aber straft. Da schenkt Gott seinen Geist, die Eltern und auch Kind zu allem Guten weist, der Segen von der Höh wird einig ans euch bleiben, ein zeit lich Wohlergehn wird man euch stets verschreiben aus eure Lebenszeit. Und dies sei auch diesmal der Gruß, den ich euch bracht vom hohen Himmelssaal. Nun geh St. Petrus, geh, wie es auch jährlich zu sehen, wie es steht, ob auch das Kmdervolk der Tugend Wege geht. Nun geh, St. Petrus, geh, du wirst sie zu mir führen, und das, was sic gelernt, an ihnen mögen spüren. Mein Herz vor Liebe brennt, -aß ich auch oftmals mich schon selber garnicht kennt.