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Jetzt brummte im Dorfe vom Kirchturme die Glocke, und der Hochzeitsbitter, der Drauschen, trat unter die Gäste und verkündete, daß es an der Zeit sei, in die Trauung zu gehen. In den meisten Gemeinden der Oberlausitz hielt er nun noch, bevor der Weg zur Kirche angetreten wurde, die Kranzabrede, auch Werbigte genannt. Die Gäste stellten sich dabei in einen Kreis, und der Drauschen trat vor die Braut, machte einen Herrdiener (Kompliment), schwenkte den Hut und hielt eine ernste Rede, in der er Lebensweisheiten für Brautpaar und Gäste verzapfte und insbesondere auch über die Bedeutung und Heiligkeit der Ehe sprach. Oft mals soll die Werbigte eines tüchtigen Huxtbitters so schön und rührend ausgefallen sein, daß kein Auge trocken blei ben konnte, und mancher Teilnehmer soll davon ebenso be friedigt gewesen sein, wie von der nachherigen Traurede des Pfarrers in der Kirche. In manchen Fällen schenkte hierauf die Züchtjungfer namens der Braut dem Huxtbitter einen Strauß und ein Band, worauf er sich bedankte, ost- mals mit poetischen Worten, wie z. B.: Ich tu mich freundlich bedanken, wie die in Schwaben und Franken; ich will decken Tisch und Bänke. Den besten Wein will ich schenken; ifts nicht vom allerbesten Wein, so ists aus dem kühlen Brünnletn, mit meiner Hand geschöpfet ein. Hierauf setzte sich der Zug nach der Kirche in Be wegung. Vorneweg gingen die Musikanten, zwei mit Klari netten, einer mit der Trompete und einer mit einem Wald horn, dann folgte der Hochzeitsbttter, nach diesem kam der Bräutigam, geführt vom Bräutgamsführer, darauf kamen die männlichen Gäste. Nun erst folgte die Braut, geführt von der Züchtjungfer, und hinterdrein kamen die weiblichen Gäste. Vor der Kirche stellten sich die Musikanten auf und spielten, bis der Zug in die Kirche hinein war. In der Kirche führte der Drauschen jeden an seine Stelle, ein Lied wurde gesungen, dann geleitete er das Brautpaar vor den Altar, wo er sie so fest zusammenstellte, daß man keinen Finger dazwischen tun konnte, weil sonst der böse Feind Unfrieden unter sie bringen würde. Auch durfte sich die Braut nicht umsehen, weil man sonst denken würde, sie sehe sich schon nach einem andern Manne um. An manchen Orten wurde nun auch dem Bräutigam ein kleines Kränzchen auf den Kopf gesetzt, welches ihm vom Hochzeitsbitter an den Ohren angebunden wurde. War die Trauung vorüber, so ging das Brautpaar mit den Gästen um den Altar, und es wurde dem Pfarrer und dem Kantor ein Opfer gegeben. Bei dem Zuge aus der Kirche nach Hause ging nun der Bräutigam neben der Braut. Alles begab sich in das Hochzeitshaus, wo sich in zwischen noch viele andere Gäste eingefunden hatten, und es begann nunmehr der Hochzeitsschmaus. Hierbei nun konnte der Drauschen für sein durchaus nicht leichtes Amt seine Eignung und sein Geschick beweisen. Er hatte näm lich nicht nur die Verantwortung für die Tischordnung, für das richtige Funktionieren von Küche und Keller, sondern er trug auch eigenhändig die Speisen und Getränke auf, sprach, wenn nicht etwa der Herr Pastor an der Tafel teil nahm, das Tischgebet, gab den Musikanten die nötigen Weisungen und sorgte nebenbei durch eigenen Vortrag von Gedichten, kleinen Schnaken oder Anekdoten für die Unter haltung der Gäste. Durch die Darbietung mehr oder weni ger derber Späße und Witze hatte er unbedingt für Stim mung zu sorgen und dafür, daß die Teilnehmer in den Eßpausen sich nicht langweilten. Die Hauptsache war aber, daß niemand beim Essen und Trinken zu kurz kam, und es ist erstaunlich, welche Mengen von gekochtem und gebrate nem Fleisch und an Getränken lBier und Branntwein) vertilgt wurden, besonders wenn, wie es auf wohlhabenden Bauerngütern der Fall war, die Hochzeitsfeier nicht bloß einen, sondern mehrere Tage dauerte. Die Speisenfolge bei einem oberlausitzer Huxtschmause war nicht gut denkbar ohne zwei- bis dreimal Suppe, nämlich gale, d. h. gelbe (Saf- ran-)Suppe, sowie Brüh- und Kaldaunensuppe. Dann gab es gekochtes Rindfleisch mit Meerrettich- und Rosinentunke, darauf mehrere Gänge Kalbs-, Schweine-, auch Gänse braten, zuletzt Gallert und kalten Aufschnitt, dann noch Kaffee und Kuchen. Am späten Abend, oft erst gegen Mitternacht zog alles in den Kratschen (Kretscham), um sich am Tanze zu be lustigen. Hier war meistens schon der größte Teil der üb rigen Dorfbewohner versammelt, um am „Huxtbier" tetl- zunehmen. War im Hochzeitshause selbst ein geräumiger, saalähnlicher Flur vorhanden, so hielt man wohl auch hier den Tanz ab und ersparte sich den Weg ins Wirtshaus. Gegen Morgen begann gewöhnlich die Schmauserei von neuem nach dem alten Sprüchlein: „Drum wer es gut ver tragen kann, der fängt jetzt wieder von vorne an." So ging es nicht selten in den Hellen Vormittag hinein, bis endlich die Müdigkeit überhand nahm und die Huxtleute sich all mählich zu „verkrümeln" begannen. Wer es nicht weit nach Hause hatte, suchte sein eigenes Heim auf, während die Gäste von auswärts zumeist auf dem Heuboden unter gebracht wurden, wo ihnen die Huxteltern ein geräumiges, gemeinschaftliches Streulager bereitet hatten, denn eine richtige oberlausitzer Bauernhochzeit fand, wenn möglich, immer im Frühjahr statt, wenn die Heuböden größtenteils geleert waren. G. Herrmann, Penzig. Ebersbach, ein Heimat- und Wanderbuch Soeben erscheint das mehr als 200 Seiten starke Ebers bacher Heimatbuch von Werner A n ö e r t--Ebersbach. Das Buch ist auf Kunstdruckpapier gedruckt, enthält ISO Abbil dungen und einen Stadtplan im Vierfarbendruck. All das, was Ebersbach an landschaftlicher Schönheit, an industriel ler Regsamkeit, an Wichtigem und Interessantem aus Gegenwart und Vergangenheit bietet, ist in Wort und Bild festgehalten. Wir entnehmen ihm folgende interessante Ausführungen: Wie sich Ebersbach seinen ersten Fabrikbetrieb erkämpft. Anfangs dürfen die Dorfweber und -Händler ihre Leinewand noch nicht selbst veredeln. Dies ist ein Vorrecht der städtischen Mangler, Schwarz- und Schönfärber. Des halb verkaufen die Faktoren die rohen „Leimden" an Groß handlungen, wo die „Weben" erst zurecht gerichtet werden. Die Ebersbacher Faktoren versuchen jedoch, diesen unsiche ren Zwischenhandel völlig auszuschalten. Sie lassen ihre Leinwänden in dem nahen Georgswalde appretieren. Um sich nun Verzollung und Zeitverluste zu ersparen, die eine Appretur in Georgswalde verursacht, wollen diese tüchtigen Kaufleute in Ebersbach eine eigene „Leinwand-Mandel" errichten. Hier sollen die „Manufakturen gemandelt, ge stärkt und gepreßt werden." So bittet am 7. April 1780 der ehemalige Trabant und Korporal, Gottfried Güttler, den Kurfürsten um ein Privileg zum Baue einer Lohnmangel. Der bedeutsamste „Leinwandsammler" von Ebersbach, Chri stian Conrad Gerathewohl, will hier ebenfalls eine Mangel aufstellen. Während der Leipziger Ostermesse 1780 verhan delt er mit dem Geheimen Rat von Ferber. Güttler und Gerathewohl werden mit ihren Anträgen an die Landes hauptmannschaft der Oberlausitz verwiesen. Nun wenden sich beide an diese Behörde. Zittau will jedoch die Durch führung dieser Pläne vereiteln. In einem Nechtsgutachten für die Landeshauptmannschaft der Oberlausitz setzt der Zit tauer Rat den „so oft verbotenen höchst schändlichen Dorf handel" in seiner Bedeutung herab, erinnert an all die be stehenden Vorrechte der Stadt und an Verbote des Dorf handels. Doch noch mehr! Man schreibt: „Übrigens wäre