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Am nächsten Abende nahm er den Heimweg wieder über den Sandberg. Mit scharfen Augen spähte er nach dem Hunde, sah ihn aber nirgends. Plötzlich erblickte er ganz deutlich einen Mann, der den Kopf unter dem Arme trug. Jetzt schauerte den Burschen. Am liebsten wäre er davon gelaufen. Als er einige Schritte tat, kam das Gespenst nach. Da faßte er Mut und schritt vorwärts auf den unheimlichen Mann zu. Das Gespenst war auf einmal an seiner Seite und hielt Schritt mit ihm. Als beide am Gebüsch anlangten, fuhr der Mann ohne Kopf ins Gesträuch. Es entstand ein furchtbares Krachen und Prasseln, als ob ein ungeheurer Sturm die Bäume umbräche und der Himmel einstürzte. Jetzt war es mit dem Mute des Burschen zu Ende. Hals über Kopf stürzte er schreiend heim wärts und berichtete zitternd, was er erlebt hatte. Er ver schwor, nie wieder nachts über den Sandberg zu gehen. Des halb gab er seine Liebste auf und suchte sich eine anderswo. Die Leute gingen am nächsten Morgen auf den Sandberg und suchten den Busch ab, weil sie meinten, die Bäume müßten alle umgestürzt sein. Der Busch war aber ganz unversehrt. Der schwarze Hund soll zu dem Manne ohne Kopf gehört oder sich in diesen verwandelt haben. Männer der Heimat IV. Carl Friedrich Neumann Lenkt man bei alteingesessenen „Großschönauern" das Ge spräch auf Familien- oder Ortsgeschichte, dauert es nicht lange, wird aus irgend einer „Siedel" oder Kommode ein Büchlein dazugeholt: Die meist in einem Bande vereinigte „Geschichte der Bauerngüter" 1896 und die der „Hausgrundstücke Groß schönaus" 1900, und mit wissenschaftlicher Gründlichkeit finden sich darin dann alle diesbezüglichen Fragen beantwortet. Mit unendlichem Fleiße sind in den beiden, 92 und 242 Seiten starken Werken nebst sonstigen die ältere Richtersche und neuere Kahlertsche Dorfchronik ergänzenden Nachrichten, die ältesten, schriftlich festgesetzten Besitzer jedes Gebäudes, bei den Bauerngüiern bis 1500, bei den übrigen Häusern bis 1700 zurückgehend, deren Käufe und sonstige Beränderungen und besondere Vorkommnisse, wie Brände, Hochwasser usw. bis 1896 resp. 1900 zusammen getragen. War es ein Wunder, daß diese Arbeit auch über den Ort hinaus beachtet und ge- schätzt wurde, und schließlich auch einer der ersten Lausitzer Geschichtsforscher, Pros. Dr. R. Iecht-Görlitz, dem Verfasser C. Fr. Neumann schriftlich seine Hochachtung ausdrückte, wie ihn sogar durch persönlichen Besuch ehrte. Die schriftliche An- erkennung lautete: „Hochgeehrtester Herr Neumann! Im Namen der „Oherlausitzischen Gesellschaft der Wissen- schäften" sage ich Ihnen den besten Dank für die liebens würdige Übersendung Ihrer geschätzten Schrift: „Zur Ge schichte der Hausgrundstücke in Großschönau und dem ehe maligen Neuschönau". Welch ein Fleiß, welche Liebe zur Heimat! Es gibt keinen Ort in der ganzen Oberlausitz, wo solch eine Arbeit geleistet ist, vornehmlich, wenn man Ihre so eingehende und dankenswerte Arbeit vor 4 Jahren über die „Geschichte der Großschönauer Bauergüter" damit zusammenhält. — Sie haben sich zweifelsohne für alle Zeit ein großes Verdienst um Ihren Heimatort erworben. Ich bin mit vorzüglicher Hochachtung Ihr sehr ergebener Dr. R. Iecht." Carl Friedrich Neumann brachte auch öfter in der Groß- schönauer Lokalzeitung, der „Oberl. Presse", sich durch ihre prägnante Kürze auszeichnende historische Aufsätze. Am 1. Ok tober 1831 in Großschönau als Sohn eines Damastwebers und späteren einzigen Ortsbriefträgers geboren, ward er nach sechs- jähriger Schulzeit 1845 konfirmiert, trat bei Christian David Wäntig L Söhne, Bleicherei, daselbst in Dienste, verließ aber 1846 schon, da die Firma sich in Zittau niederließ, seine Stellung, und ging, um nicht müßig daheim sitzen zu müssen, auf die Acker von Ioh. Gottfried Häbler, Steine lesen. Seine Arbeits- Willigkeit brachte ihm bald einen Posten als Hilfsarbeiter und später als Buchhalter bei genanntem Häbler ein. 1870 war er als letzterer bei C. G. Haensch, dann 1886 bei C. G. Fährmann und trat 1894 in den Ruhestand. Nachdem er 1906 mit seiner Gattin Ioh. Juliane geb. Wenzel die goldene Hochzeit gefeiert hatte, verschied der noch heute bei vielen Ortsbewohnern im besten Andenken stehende, aber noch immer nicht durch irgend ein äußeres, dauerndes Zeichen geehrte, allezeit freundliche Mann am 25. Februar 1915. Mättig. Georg Kmutwurtt»WMn Wsnclisobsr Lrsbsri 2 (8aks Stsinstr.), ^srnrut2815 krlscligurigirsmclsr^sobtssngslsgsnbsitsn Vsrmlttslungbsi Lrooäsiücks-Ha- unct Vsrkäutsri iiypotbsksnbssolistturi tzochzeitsbräuche in der Oberlausitz vor 100 Zähren Unter Benutzung eines Berichtes im Lausitzer Wegweiser von 1888 In der bäuerlichen Bevölkerung öer Oberlausitz waren bis etwa in die Mitte des vorigen Jahrhunderts eine große Reihe von alten Volkssitten und -gebrauchen erhal ten, die in ihren Anfängen wohl teilweise in der heidnischen Vorzeit wurzelten und so, wie sie noch vor 70, 80 Jahren in die Erscheinung traten, von einem poetischen Reiz um flossen waren, wie dies kaum anderswo in deutschen Lan den zu finden war. Das Zeitalter des Verkehrs, des Damp fes und der Maschinen, auch das Vordringen der Industrie in so manche Dörfer unsrer Heimat haben es mit sich ge bracht, daß jene alten Gewohnheiten und Sitten verschwun den und kaum noch in ihren Spuren vorhanden sind. Ge mütstiefe und Sttteneinsalt haben dadurch eine Einbuße erlitten, welche im Interesse der Erhaltung ererbter Sitten und Gebräuche sehr zu bedauern ist. Gerade bei der Landbevölkerung der Oberlausitz schlangen sich uralte Gewohnheiten und Zere monien wie eine Kette durch alle Ereignisse ihres Lebens. Dies gilt ganz besonders auch von den feierlichen Bräuchen, welche bei bäuerlicher Brautwerbung und dem Hochzeitsfest üblich waren, dem Feste, das zwei Menschen kinder zu dem feierlichsten Augenblicke des Lebens führte, zu ihrer Hochzeit, zur Vereinigung im heiligen Stande der Ehe. Doch lassen wir uns an der Hand eines alten Zei tungsartikels hineinführen in die „gute alte Zeit" und hören, wie Brautwerbung und „Huxtfeier" auf einem Dorfe der Oberlausitz gemeiniglich verliefen. Wenn ein Paar Liebesleute eins geworden waren, daß sie sich heiraten wollten, ging der Bursche zu einem Freunde oder Anverwandten und nahm ihn zum Freiers-