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ttien sind ganz ängstlich vor dem nächsten Frost. Noch eine frierende Nacht, und ihr Kleid, das goldene Kngelgewölbe ihres Baues ist dahin. Im Aufstieg »ach dem Mausoleum führt der Weg wie in einen Ludwig-Richter-Grund oder vor eine Moritz- Schwind-Palette. Auf der Höhe liegt das gut erhaltene Grab eines unbekannten Erschlagenen. Dicht dabei ist die gesuchte Gruft, ein eindrucksvoller Bau. Von hier aus überschaut man den Park nach dem Schloß hin, sieht über die Stadt und wird mit dem Wald in die Ferne gezogen. Da erkennt man den Charakter der Umgebung. Dort stellen die Töpfereien, Alaunhütten und Glasfabriken um Keula und Weißwasser ihre industriellen Zeichen in das Land. In dieser Richtung liegt auch der große Braunsdorfer Teich mit seinem merkwürdig dunklen Wasser, und ferner noch spüren Forstgarten und Wossina mit ihrem ursprünglichen mächtigen Waldleben in die große, tiefe, stille Heide. Und das ist das Eigentümliche. Man wandert in diesem Park, bleibt etwa vor einer der mächtigen Eichen bei den Viehkoppeln stehen, freut sich der Kraft des Stammes, der Verworrenheit des Geästes, geht ein Stück weiter, hat einen ganz neuen Blick und mit ihm hundert neue Gedanken. Man begegnet im Geist dem Fürsten. Er ist der Dandy Preußens und der joviale Freund und Stadtvürger zu gleich. Man vergleicht im Stillen soziale Verhältnisse von damals und heute, man sinnt und wägt und ist mit einem wieder ganz ein Träumer unter bunten Bäumen, dem die Welt draußen „tief verworren schallt". Ein Dichter war des Fürsten Freund, Leopold Schefer. Was weiß man heute noch von ihm! Vielleicht, daß er einmal sagte: „Geh fleißig um mit deinen Kindern! Habe sie Tag und Nacht um dich und liebe sie, und laß dich lieben ein zig schöne Jahre. Denn nur den engen Traum deiner Kindheit sind sie dein, nicht länger." Vielleicht ist die Freundschaft zwischen Fürst und Dich ter aber doch bedeutungsvoller gewesen, als man ahnt, viel leicht muß auch ein kleiner Dank bei dem Vergessenen blei ben, wenn man heute durch den Park wandelt. Das möge in diesen Tagen geschehen, die, wie in jedem rechten Herbst, heute leuchten, morgen schatten. Das möge im Frühling sein, wenn hier alles voll ist von Duft und Gesang, von Anbruch und neuer Zeit,' aber es möge ge schehen, daß man das Gelärm des Alltages nicht auf diesen stillen Wegen spazieren führt. Andächtig muß man sein in diesem Park, und auch dankbar, daß er im edlen Gefühl rechter Tradition als ein Kleinod der Gartenkunst in Deutschland bewahrt wird. W M WM W IlWWll Gesammelt von Franz Rösler. Es gibt eine ganze Anzahl von Örtlichkeiten in Schirgis walde und dessen näherer Umgebung, die noch heute bei den Leuten als verrufen gellen und an die sich zahlreiche Sagen knüpfen, so z. B. den Katzenberg, Schenks Busch, den Sand berg, den Geisterborn, Wehrsdorfer Steinbruck, Diebssteig und noch andere. Die Begebenheiten, die sich an diesen Orten zu getragen haben sollen, hat der Volksmund mit der Zeit ver- schiedenartig ausgestaltet. Die Spinnstuben bildeten seinerzeit einen günstigen Boden für solche Erzählungen. Nicht wenige derselben sind sicherlich von anderwärts heimischen Sagen ent- lehnt und örtlich umgestellt. Es gibt aber eine ganze Anzahl solcher Sagen, die sich anderswo nicht finden. Die Schirgis- walder Sagen weisen vier Gruppen auf, die besonders auch reichhaltig ausgestaltet sind. Es sind das die Sagen vom Geisterhund, vom Reiter ohne Kopf, von den Drachen und vom Rainsteinmanne. Nachdem in voriger Nummer der OHZ. bereits einige dieser Sagen Aufnahme gefunden haben, lassen wir einige weitere hier folgen. D. Schr. ver Sekterdima Ein Strumpfwirker, bei dem der Stuhl oft ein viertel Jahr hindurch still stand, weil es an Arbeit mangelte, nährte sich und seine zahlreiche Familie kümmerlich durch Hausieren. Er handelte mit Knöpfen und Schuhbändern und sein Weg führte ihn bis in die Kamenzer Gegend. Als er wieder ein- mal kurz vor Weihnachten traurig von Göda heimwärts wanderte, hörte er im Walde zwischen Wilthen und Neu- Schirgiswalde ein merkwürdiges Bellen. Der Mann war oft schon durch viele verschrieene Gegenden gegangen, hatte sich aber niemals gefürchtet. Er zeigte auch jetzt keine Furcht und glaubte, es seien ein paar wildernde Hunde oder gar Füchse. Das Bellen wollte nicht aufhören. Da faßte er seinen Stock fester und ging dem Bellen nach. Es kam aber aus dem Dickicht. In dieses konnte er aber mit seinem Korbe nicht hineinkriechen, deshalb nahm er ihn ab und stellte ihn an einen Baum. Er stocherte mit seinem Stocke unter den Fichten herum, denn es war schon finster geworden. Er hörte es ganz deutlich bellen auf einer gewissen Stelle, sah aber nichts. Schon wollte er mit dem Stecken hinschlagen, aber er ließ es doch, weil er glaubte, er könnte den Geist treffen. Jetzt wurde aus dem Bellen ein Winseln, wie es die Hunde machen, wenn sie Schmerzen haben oder sich fürchten. Nun tat dem armen Manne der unsichtbare Hund leid, denn er besaß ein gutes Herz. Er hatte für seine Kinder zu Weihnachten ein Stück Speck und ein Stück Fleisch im Wendischen erhandelt. Das steckte in seiner Rocktasche. Es war von jedem nur ein Pfund. Da nahm der Strumpfwirker das Fleisch, schnitt ein kleines Stück ab und warf es auf die geheimnisvolle Stelle. Sofort hörte er es ganz deutlich schnappen. Er gab ein Stück und noch ein Stück — bis das Fleisch weg war. Jetzt tat es ihm doch ein wenig leid, daß er sein mühsam erworbenes Fleisch ver füttert hatte. Er kroch aus dem Gebüsch zurück, fand aber seinen Korb nicht gleich. Plötzlich merkte er einen lichten Schein, und als er hinsah, erkannte er ganz deutlich, daß das Licht von den feurigen Augen eines schwarzen Hundes ausging. Der saß in seinem Korbe und machte — ein Häuflein. Jetzt war der Mann doch erbost. „Ist das der Dank?" rief er. Er erhob den Stock und jagte ihn fort. Bellend und winselnd verschwand er in dem Busche. Mißmutig nahm der Mann seinen Korb, den er nur tastend fand, und ging heim. Hinter ihm folgte das Bellen bis nach Neu-Schirgiswalde. Der Strumpfwirker kümmerte sich gar nicht mehr um das Gebell. Er war ärgerlich, weil der Hund mit den feurigen Augen, dem er sein Fleisch verfüttert hatte, seinen Korb verunreinigt hatte. Als er heimkam, schliefen alle im Hause. Er selbst war sehr müde. Er nahm den Korb und stülpte ihn einmal um, um ihn zu säubern. Dann legte er sich in's Heu. Am Morgen stand seine Frau zeitig auf und besorgte das Haus und die Ziege. Die Frau hob den umgcstülpten Korb in die Höhe und bemerkte darunter das Häuflein des Hundes. Sie konnte sich nicht erklären, wie dies hierher gekommen war und blickte in den Korb, um zu erfahren, ob sich noch mehr darin befand. Wie groß war ihr Erstaunen, als sie ein kleines goldenes Würstlein darin entdeckte, das an einem Span hängen ge blieben war. Sie holte ihren Mann, und dieser zeigte es dem Nachbar. Es war gediegenes Gold und mehr wie hundert Taler wert. Nun war die Not zu Ende. Staunend sah der Nachbar das Wunder an Nach einer Weile sagte er: „Du hättest sollen den Korb nicht umstülpen. Da besäßest du jetzt mehr wie tausend Taler." Aber der Strumpfwirker wgr auch so zufrieden. Als diese Begebenheit im Dorse bekannt wurde, sind mehrere Männer bei Nacht in den Wald gegangen, um den Geisterhund mit Wurst und Fleisch zu füttern. Sie haben aber bloß das Bellen gehört und ihr Futter umsonst in den Wald geworfen. Es zeigte sich kein Geisterhund, das Fleisch lag am Morgen noch unberührt da.