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GbeklarMev Aekmai^ettung Nr. 2 2S forscher folgerte in feinsinniger Weise aus den verschiedenen Formen dieses Spielreims und Reigenliedchens, daß es sich hierbei um einen alten Reigen handelt, den die Burschen und Mädchen einem jungen Paare sangen. Die ursprüng lichsten Formen dieses Liedchens sind wohl die: Bauer, baue. Kessel, morgen wird es besser. Trägt die Braut das Wasser nein, pauz, fällt der ganze Kessel ein. (Leipziger Pflege.) Bauer, baue, Kessel, morgen wird es besser, übermorgen tragen wir Wasser ein, fällt eine weiße Taube nein. (Leipziger Pflege.) Der Kessel, das Hauptstück und Sinnbild des ganzen Herdes soll also gebannt werden, d. h. das Brautpaar oder der Bräutigam erhält die Aufforderung: „Baue dir einen Herd, erschaff dir einen Hausstand!" Die Taube oder in anderen Lesarten eine Henne oder eine Gans, die in den Kessel fallen oder darin sitzen, bedeuten den Himmelssegen, der dem Herde nicht fehlen soll. Das Einfallen des Kessels ist späterer Spott, der dem alten Reigen "zugefügt wurde und mit dem die jungen Burschen gewiß die Mädchen gern neckten. So ist auch dieses lustige Spielliedchen ein Beweis, wieviel Altes im Kinderreim fortlebt. Christoph Mylius Ein vergessener oberlau sitzer Dichter. Während der Leipziger Universttätszeit Gotthold Ephraim Lessings trat dieser in nähere Beziehung zu seinem sieben Jahre älteren Landsmann Christoph Mylius, mit dem ihm fortan eine innige Freund schaft verband. Dieser begabte, literarisch vielbeschäftigte aber unruhige Geist galt in Kamenz nicht ganz zu Unrecht als ein „liederliches Genie". Er gab unter anderem eine Zeitschrift zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kennt nisse heraus, an der sich auch Lessing mit einigen Beiträgen „Anakreontischen Inhalts" beteiligte und damit zu den Stu denten Leipzigs zählte, die sich mit literarischen Arbeiten beschäftigten. Diesem seinen Freunde folgte auch Lessing im Jahre 1748 nach Berlin. Es waren bittere Tage, welche dieser anfangs hier verleben mußte. Vom Elternhause in Kamenz versagte man dem „verlorenen Sohn" jede Unter stützung, da man in Erfahrung gebracht hatte, daß er mit dem „liederlichen Mylius" zusammenlebe. Es war aber dieser der einzige Freund, den Lessing in Berlin besaß und der sich seiner, fast über die eigenen Kräfte hinaus, annahm. Seinen eifrigen Bemühungen gelang es, dem Bedrängten bei Rüdiger, dem Herausgeber der jetzt „Vossischen Zei tung", vorübergehend Beschäftigung zu verschaffen. Lessing hatte die Rüdigersche Bibliothek zu ordnen, wobei seine bibliographischen Kenntnisse nur gewinnen konnten. Eine ebensolche vorübergehende Hilfe war darauf die Anstellung bei einem Herrn von der Goltz, welcher ihn als Sekretär annahm,' aber bald sah sich Lessing wieder auf seine schrift stellerische Tätigkeit angewiesen. Von Berlin wandte sich Lessing nach Wittenberg und wechselte seitdem seinen Auf enthalt in kurzen Zeiträumen. Im Oktober 1749 gründete er gemeinschaftlich mit Mylius eine Vierteljahrszeitschrift, welche den Titel führte „Beiträge zur Historie und Auf nahme des Theater" und eine Fachzettung für das Theater wesen werden sollte. Übersetzungen dramatischer Werke der Alten und Neuen, besonders der Engländer, Forschungen auf dem Gebiete der Bühnengeschichte, Beurteilungen usw. sollten die Teilnahme für das Theater in weiteren Kreisen wecken und zugleich die Angriffe der Gegner abwehren. Als jedoch Mylius etwas drucken ließ, was Lessing nicht gutheißen konnte, trennte sich letzterer von dem Unter nehmen und Mylius konnte das Blatt nur noch kurze Zeit halten. Auch die sonstigen Beziehungen der beiden Verbun denen scheinen sich damit gelockert zu haben. Zur Kenntnis des Lebensganges unseres Dichters und seiner ferneren literarischen Tätigkeit mögen noch nach stehende Mitteilungen dienen. Christoph Mylius wurde am 11. November 1722 in Reichenbach zwischen Kamenz und Königsbrück geboren. Er studierte an der Leipziger Universität Medizin und trat in Leipzig in Verbindung zu den Herausgebern der „Bremer Beiträge". Hier gab er ferner die Zeitschriften „Der Freygeist" (1746, 52 Stücke) und „Der Naturforscher" (1747-48) heraus. Er ging dann nach Berlin und zog, wie schon erwähnt, den jungen Lessing, mit dem er von Leipzig her befreundet war, an sich. Sicher hat er auf dessen Geistesentwickelung einen bedeutenden, nicht zu unter schätzenden Einfluß ausgeübt. Um sich den Naturwissen schaften, für die er eine große Vorliebe an den Tag legte, besser widmen zu können, nahm Mylius die Einladung einer Privatgesellschaft an, die ihn zu naturwissenschaftlichen Zwecken nach Amerika senden wollte. Er begab sich 1753 nach London, starb aber hier, bevor er seinen Plan zur Aus führung bringen konnte, am 6. März 1753 im noch nicht vollendeten 32. Lebensjahre. Von seinen Buchveröffentlichungen mögen genannt sein die Lustspiele „Die Ärzte" (1745), „Der Unerträgliche" (1746), „Die Schäferinsel" (1749) und „Der Kuß oder: Das ganz neue Schäferspiel" (1748). Seine „Vermischten Schrif ten" gab nach Mylius Tode Gotthold Ephraim Les sing 1754 heraus. Als Heimatdichter im heutigen Sinne des Wortes lernen wir Mylius in einer Gelegenheitsdichtung aus dem Jahre 1743 kennen. Diese verdankt ihre Entstehung einem Amtswechsel des verdienten Rektor M. Heinitz vom Kamenzer Lyzeum, das Mylius vor seinem Universitäts studium besucht hatte. Der langatmige Titel der bei Breit kopf in Leipzig erschienenen Dichtung lautet „Dem Hoch edlen und Hochgelahrten Herrn M. Johann Gottfried Hei- nitz erklärt sich bei dessen im Aprilmonate 1743 geschehener Verwechselung des kamenzischen Rectorats mit dem Man ischen ein verbundener Diener Christoph Mylius d. A. B." Von den für die Stadt Kamenz in Betracht kommenden Verszeilen hat der sich auf den Hutberg beziehende Teil folgenden Wortlaut: Der Glieder Müdigkeit verlangte Schlaf und Ruh. Kaum drückte Morpheus mir die Augenlider zu, Es irrte schon mein Fuß durch saatenretche Felder- Ich ging, kam in ein Dorf, *) und als ich es verließ, Und sich ein Mauerwerk **) mir auf der Höhe wieß, Wo man im Kriege schaut, ob sich die Feinde zeigen. Fing ich begierigen an, den Berg ***) hinauf zu steigen. Die Spitze war erreicht, hier sah ich eine Stadt, f) Die sich mir wachend sonst — dünkt mich — gezeiget hat, Viel Gärten prangten da umher mit grünen Zäunen,- Mein Gang zur Stadt war voll von Dornen und von Steinen ff) usw. Die von Mylius selbst beigefügten „Fußnoten" lauten: *) Lückersdorf. — **) Die Ruinen auf dem Hutberge. — ***) Der Hutberg, über den man von Lückersdorf aus gehet. — f) Kamenz. — ff) Der Fußsteig zwischen dem fellerischen und pleißnerischen Garten. — Wenn auch diese Erstlings schrift unseres Dichters literarisch nicht besonders hoch ein zuschätzen ist, so soll ihr doch ein gewisser heimatkundlicher Wert nicht abgesprochen werden. O. Sch. Aus Willhens Vergangenheit Ein kirchliches Fest anno 1824 Am Freitag, dem 27. Februar 1824, und Sonntag, dem 29., feierte die Wilthener Kirchfahrt ein fröhliches Fest. Zwar sind zu allen Zeiten in dieser Pflege religiöse Feste mehr oder minder einfach gefeiert worden, und besonders sind die letzten drei Jahrzehnte nicht arm an solchen ge- wesen. Es dürfte aber allen Heimatfreunden von Interesse