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Kraft zog ihn zu dem Bilde. Ganz nahe stand er jetzt da bei. „Junge . . . Gustav", flüsterte er. Er langte hinauf, strich mit dem dürren Handrücken über die Wangen. Hu, ist das kalt! Da erschrak er. Zuckte zurück vor der Glas scheibe. Torkelte wieder zur Lade. Unheimlich still wars. Plötzlich scheint sich die Stube zu drehen. Vor seinen Ohren rauschts: „Du mußt raus!" Die Schwäche geht vorbei. Kommt wieder. Seine Augen suchen irre in der Stube. An der Wand sieht er den Schat ten der Winde. Die Christel Wahrhaftigen Gotts! Im buntgeblumten Kopftuch. Er krampft beide Hände an den Ladendeckel. „Christel" ruft er. „Bist dus?" „Kennst du mich nicht mehr?" fragt sie verwundert. Und er sieht sie immer an und erzählt ihr, daß er von den Menschen so geschurigelt würde, daß sie ihn sogar hin austreiben wollen. „Laß sie nur, Ferdinand! Laß sie nur! Bin nur nicht so! Wie lange wirds denn dauern, dann ist dirs egal, was sie aus Sem Hause machen." Tu—ut, tu—ut, gehts unter den Fenstern. Ein Auto huscht vorbei und läßt den Schein in der Stube flacker«. Ferdinand ists, als stürze die Christe zusammen. Entsetzt taumelt er zum Ofen. Alles greift nach ihm. Drohende Stimmen gellen: „Wirds bald?" Er wagt sich nicht mehr umzusehen, hastet zur Stuben tür, flüchtet die Treppe hinauf. Die Verfolger poltern hinterher. Er stürzt vorwärts. In die Kammer. Schneller, immer schneller. „Raus aus dem Hause!" schreit die wilde Meute und reißt ihn zu Boden. „Ich gehe ... ich gehe ja schon . . .1" stößt er hervor. Da verschwinden die Peiniger. Nur zwei Gesichter weichen nicht mehr von ihm. Die Christe, grad so schmun zelnd, als wenn sie ihm ein volles Körbchen Spulen reichte, der Junge so strahlend wie einst, als er am Weihnachts morgen zum brennenden Lichterbaum gerufen wurde. Alles Leid und Elend liegt weit zurück. Verblaßt immer mehr. Ist vergessen. So schreitet Ferdinand Michel leichten Schrittes ins Reich des Unbewußten. * „So ein Ende! So ein Ende!" schrie laut die alte Voll- brichen, als sie am nächsten Morgen Ferdinand tot neben seinem Bette fand. Dann weinte sie still um ihn. Und mit ihr das ganze Dorf. Entstehung und Entwickelung der Post in Zittau sNach dem an anderer Stelle besprochenen Vortrag des Herrn Postdirektor Frank.) Das Quellenmaterial zur Geschichte der Zittauer Post fließt ziemlich spärlich. Die in Zittau amtlich geführte Postchronik stammt aus den 70 er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Bemerkenswert ist die Festschrift, die an läßlich der am 1. April 1888 erfolgten Einweihung des neuen Hauptpostamts am Haberkornplatz von dem damaligen Postöirektor Göpfert verfaßt worden war. Ein Exem plar davon befindet sich bei der Oberpostdirektion in Dres den, ein anderes in der Zittauer Stadtbücherei. Zittau entwickelte sich schon bald nach Verleihung des Stadtrechts zu einem verkehrswichtigen Platze. Es wurde zu einem Mittelpunkt des Transithandels mit Getreide und Fischen zwischen Böhmen und dem Gebiet der späte ren Mark Brandenburg. 1460 verlieh der Kaiser Matthias der Stadt das Niederlagsprivilegium für den Fischhandel, der wegen des großen Bedarfs zu Fastenzeiten besonders blühte. Um diese Zeit ist noch keine Spur einer regel mäßigen Postbeförderung nachweisbar, obwohl es dem Oberlausitzer Sechsstädtebund u. a. auch oblag, den Ver kehr seiner Mitglieder nach auswärts zu fördern und zu sichern. Die erste Spur eines Zittauer Postamts weist gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach dem Grundstück Angel Nr. 305, das wir heute in der Pfarrstraße, gegen über dem Pfarramt, zu suchen hätten. Dort hauste ein „Bautzener Bote" namens Hans Jereichen oder Jenich. In dieser Zeit sind übrigens auch „böhmische Boten" in chro nistischen Aufzeichnungen genannt. Briefe nach weit ent fernten Orten waren jedoch auch damals noch auf die Mit nahme durch zur Messe reisende Kaufleute oder durch fürst liche Gesandtschaften, die gelegentlich Zittau berührten, an gewiesen. Um 1638 unterhielten die sächsischen Postämter in Leipzig und Dresden ständiges Personal, dem auch die Betreuung des Hoffuhrwesens oblag. Die erste regelmäßige Postbcförderung wurde für Zit tau im September 1678 eingeführt: Mittwochs und Sonn abends ging hier eine Fußbotenpost nach Bautzen ab, die dort Anschluß an die Fahrpöst Dresden—Bautzen—Gör litz—Lauban erhielt und am nächsten Tage nach Zittau zurückkehrte. Elf Jahre später wurde diese Botenpost in eine Fahrpost umgewandelt und nach Böhmen hinein weitergeführt. Im Jahre 1661 wurde das Postwesen in Sachsen zum landesherrlichen Regal erklärt und 1700 das Oberpostamt in Leipzig eingerichtet- es bauerte aber bis zum Jahre 1712, bevor die sächsische Post durchgängig in staatliche Verwaltung übergegangen war. In dieses Jahr dürfte auch die Einrichtung eines wirklichen Postamts in Zittau fallen. 1713 erschien das erste sächsische Postgesetz. Nennenswerte Verbesserungen des Verkehrswesens waren dem Pfarrer Zürn er aus Skassa bei Großenhain zu danken, der die Aufstellung der schönen kursächsischen Post- säulen mit genauen Entfernungsangaben anregte und 1710 die neue kursächsische Postübersichtskarte herausgab. Seit 1743 sind die Namen der Zittauer Postamtsvorsteher in fortlaufender Reihe bekannt. 1784 wurde eine regelmäßige Postverbindung Zittau—Görlitz hergestellt, die auch den Verkehr mit der Niederlausitz und Brandenburg vermit telte,- ihr folgte später eine unmittelbare Verbindung mit Lauban über Hirschfelöe und Seidenberg. Die Zittauer Posthalteret wurde 1817 begründet »nd bestand bis zum Jahre 1928, wo sie infolge Verkraftung des ganzen Postfuhrwesens entbehrlich wurde. Als ein ge waltiger Fortschritt und eine geradezu wundersame Be gebenheit wurde es empfunden, als am 2. Mai 1827 die erste Eilpost nach Löbau abgefertigt wurde. Einen noch einschneidenderen Umschwung bewirkte der Anschluß von Zittau an das junge Eisenbahnnetz Sachsens. Am 10. Fe bruar 1848 wurde die Linie Löbau—Zittau in Betrieb ge nommen, nachdem die Probefahrt bereits ein ganzes Jahr vorher stattgefunden hatte! Es folgten 1869 Zittau—Rei chenberg, 1868 Zittau—Großschönau, 1871 die Verlängerung dieser Linie über Warnsdorf, 1876 Zittau—Görlitz, Eibau- Ebersbach, 1877 Bischofswerda-Ebersbach, 1879 Ober oderwitz—Eibau, 1884 Reichenau und 1890 Oybin-Jons dorf. Am 1. April 1876 wurde das Zweigpostamt 2 auf dem Bahnhof eröffnet, dem zurzeit 9 Postagenturen angeglie dert sind. Am 1. März 1886 folgte das Postamt 3 in der Grottauer Straße,- es fiel 1923 der Abbauwut zum Opfer, wird aber voraussichtlich 1930 an benachbarter Stelle wie dereröffnet werden. Auch das am 1. Mai 1928 in Betrieb genommene Postamt in Jonsdorf wurde dem Zittauer Amt unterstellt. Im letzten Spätsommer wurden die Aus sichtsrundfahrten nach Friedland-Haindorf—Flinsberg, Thammühl am Hirschberger See und Hammer eingeführt, die vom Publikum sehr freudig begrüßt wurden. Die seit 1860 bestehende sächsische Staatstelegraphie stand bis 1866 unter eigener Verwaltung, ging dann zu folge des Prager Friedens an die Krone Preußens und