Volltext Seite (XML)
Das ehemalige Franziskaner-Kloster und der Kloster-Friedhof in Zittau Lrrichtigung «lurch Sen Ättaurr gerchichtr- uns M«re«mr- Verein Der Zittauer Geschichts- und Museumsverein hatte seine Mitglieder für Sonntag vormittag, den 20. Oktober, zu einer Besichtigung des ehemaligen Franziskanerklosters und des Klosterfriedhofs eingeladen, an der sich etwa 60 Damen und Herren beteiligten. Der bewundernswert starke Besuch der Veranstaltung ist sicherlich nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die auf dem Gebiete der Heimatfor schung unermüdlich tätigen Herren Professor E. A. Seeliger und D r. Reinhard Müller die Führung übernommen hatten. Es geschah in der Weise, daß Herr Professor Seeliger mit seinen aus einem fast überreichen Wissen geschöpften, überall auf die Quellen zurückgehenden Mitteilungen über die mit dem Kloster in Verbindung stehenden Tatsachen und Vorgänge den breiten geschicht lichen Rahmen spannte, in welchen Herr Dr. Müller bei der Besichtigung des Klostergebäudes und seines Friedhofs sehr ausführliche, auf alle Einzelheiten eingehende bau- und kunstgeschichtliche Betrachtungen einflocht. Wenn bei der Fülle des Gebotenen eine auch nur einigermaßen erschöp fende Wiedergabe der wertvollen Mitteilungen den hier ge gebenen Rahmen weit überschreiten würde, so sei doch fol gendes hervorgehoben: Der Franziskanerorben ist 1208 von Franziskus von Ossisi, dem „liebenswürdigsten aller Heiligen", gestiftet und 1228 vom Papste bestätigt worden. Da sich seine Mitglieder, die Franztskanermönche oder Minoriten, in Befolgung der strengen Oröensvorschriften durch große Bedürfnislosig keit auszeichneten und sich namentlich auch ihren Mitmen schen als Prediger, Seelsorger und Krankenpfleger nützlich und hilfreich erwiesen, fanden sie ebenso wie ihre Rivalen, die Dominikaner, schon bald nach der Entstehung des Ordens Eingang in die mittelalterlichen Städte. Später spaltete sich der Orden in eine strengere und eine mildere Richtung, weil viele die harten Fesseln, die ihnen das Ordensgelübde auferlegte, als zu drückend empfanden, und weil sie sich des Besitzes von Hab und Gut durch Annahme von Geschenken, Vermächtnissen und durch die Nutzung von Gütern, die ihnen zugefallen waren, nicht so völlig ent äußern wollten, wie ihnen das von der Ordensregel vor geschrieben war. So rasche und weiteVerbreitung der Orden schon in früher Zeit gefunden hat, so liegen doch über sein erstes Auftreten in Zittau keine verläßlichen Nachrichten vor. Erstmalig treten Franziskaner 1223 in .Hfldesheim auf. Wann sie nach Zittau gekommen sind, ob in der Mitte oder noch früher im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts, läßt sich zuverlässig nicht feststellen. Da sich aber bereits in jener frühen Zeit Dominikaner in unserer Gegend auf gehalten und im benachbarten Gabel ein Kloster gegründet haben, so ist die Annahme, daß auch Zittau schon damals Franziskaner in seinen Mauern beherbergte, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Wenn aber von einem Chronisten des 16. Jahrhunderts mitgeteilt wird, daß be reits 1109 an der Stelle oder in unmittelbarer Nähe des Zittauer Klosters eine Nicolaikapelle gestanden habe, die später den Franziskanern zu ihrem Gottesdienst einge räumt worden sei, so kann eine solche Nachricht kaum irgendwelcher geschichtliche Wert beigemessen werden, wenn man bedenkt, daß die Stadt Zittau selbst erstmalig im Jahre 1238 erwähnt wird. Herr Professor Seeliger zeigte an der Hand noch anderer Beispiele aus der Frühgeschichte des Klosters, wie notwendig es ist, aus dem üppig wuchern den Nankenwerk unverbürgter chronikalischer Mitteilungen die geschichtliche Wahrheit anszusondern. Nur die Nachprü fung auf Grund wirklichen Urkundenmaterials kann die j Tatsächlichkeit dessen beweisen, was der Chronist berichtet, der selbst dann, wenn er nur als Zeitgenosse, nicht als Augenzeuge berichtet, nur eine mehr oder weniger be dingte Glaubwürdigkeit in Anspruch nehmen kann. Wenn beispielsweise nach einer alten chronikalischen Überliefe rung, die aus dem Ende des IS. Jahrhunderts stammt und einen Görlitzer Mönch zum Verfasser hat, das Zittauer Kloster 1268 gegründet worden sein soll, derselbe Verfasser aber an anderer Stelle auch das Jahr 1244 als Gründungs jahr des Zittauer Klosters erwähnt, so geht daraus die Unzuverlässigkeit und Unbrauchbarkeit seiner Mitteilungen für die ernst zu nehmende Geschichtsschreibung hervor. Die eigentliche Geschichte des Klosters beginnt mit den Jahren 1283 und 1312. Aus diesen beiden Jahren stammen die ersten verbürgten Nachrichten. 1283 berichtet der Guar dian des Klosters, daß er in Bautzen als Zeuge aufgetreten ist, und aus dem Jahre 1312 liegt das Testament eines vor nehmen Adligen, eines Herrn von Gaußig, vor, der im Kloster verstarb und ihm das Dorf Marienstern vermachte. Mit der Erbauung des Klosters dagegen verhält es sich ebenso, wie mit der Zeitangabe über das erste Auftreten der Franziskaner in Zittau. Ein bestimmtes Jahr dafür läßt sich nicht angeben. Da die Franziskaner aber bei dem Bau ihrer Klöster herkömmlicherweise den Platz an der Stadtmauer bevorzugten, so läßt sich annehmen, daß das Zittauer Kloster aus dem Bedürfnis der Mönche heraus, für ihr Gemeinschaftsleben eine feste und gesicherte Heim stätte zu besitzen, bald nach der ersten Ummauerung der Stadt entstanden ist. Das Fehlen urkundlicher Nachrichten hierüber nötigt aber auch hier zu der Vorsicht, den Bau des Klosters nicht zu früh anzusetzen und ihm die Zeit spanne bis Ende des Jahrhunderts offen zu lassen. Aus der Lage des Klosters ergibt sich, daß in Hinsicht auf den Platz, auf dem es gestanden hat, nur die erste, 1258 errichtete Mauer in Frage kommen kann, nicht die bei Erweiterung des Stadtgebiets im Zuge des heutigen Promenadenrings später erbaute zweite Mauer. Da sich die Frömmigkeit der Mönche nicht auf die Weltabgeschiedenheit und die Andachtsübungen des Kloster lebens beschränkte, sondern sich vielfach auch nach außen hin in der Hilfsbereitschaft auf dem Gebiete der Seelsorge, des Krankendienstes und der Wohlfahrtspflege zu erkennen gab, so kann es nicht wundernehmen, daß es dem Kloster an Unterstützung aus der Bürgerschaft durch Almosen, Ver mächtnisse, Geschenke und andere Zuwendungen, aus denen die Mönche ihren Unterhalt bestreiten mußten, nicht ge fehlt hat. Für eine Reihe solcher Stiftungen sind urkund liche Belege vorhanden. Agathe von Königshain überreicht dem Kloster schon in früher Zeit Jnselt für Kerzen,' 1358 setzt ihm der Herr von Dohna auf Grafenstein ein Legat aus für ein „Geleucht",' 1381 wendet ihm ein Bürger Groß vier Tonnen Heringe, ein anderer Bürger zwei Scheffel Weizen zu,' Kühnel-Punsen, dessen Name noch heute in der alten Punsen- oder Pansengasse, jetzt Marschnerstraße ge nannt, fortlebt, stiftet die Zinsen einiger Gärten am „Siechenhaus". Eine wertvolle Ergänzung hat das spärlich genug vor handene urkundliche Material über das Kloster dadurch er halten, daß es Herrn Professor Seeliger gelungen ist, 24 der ehemaligen Zittauer Franztskanermönche mit Namen festzustellen. Als erster der Reihe wird Johannes von Zittau 1328 als Guardian des Klosters von Strehlen er wähnt. Johannes von Euch tritt in Breslau und Danzig auf. Die Reformation bewirkt einschneidende Ver änderungen auch im Zittauer Franziskanerkloster. Ehemalige Mönche treten in den Dienst der neuen Lehre. Drei von ihnen sind als evangelische Pfarrer in Ludwtgsdorf, So- rau und Bunzlau tätig. Michael Beutler, der als letzter der Zittauer Mönche 1554 im Alter von über 100 Jahren gestorben ist, übergibt im Jahre 1543 das Kloster-