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Nr. 2L Gberlausitzev Heimatzeikung 375 sie mit dem Kopfe, denn sie konnte sich nicht denken, was los wäre, und sie glaubte schon, es sei eine Krankheit ausgebrochen. Sie ging von Haus zu Haus, bis sie auch in jenes kam, in das die Bewohner des „Drachenhäuschens" geflächter waren. Da nahm sich der Mann, dem das kleine Haus gehörte, ein Herz und begab sich vor die Tür und sagte zu der Bettlerin: „Geht nur wieder fort von hier. Dort unten vor meinem Häuschen, wo die große Linde steht, sitzt der feurige Drache oben im Baum." Der Mann dachte, dis Frau würde erschrecken. Diese erschrak aber gar nicht, sondern sagte: „Was habt ihr denn da gemacht? Habt ihr ihn verspottet?" „Nein," sagte der Mann, „das haben wir bet Gott nicht. Aber wir fürchien uns alle und trauen uns nicht mehr heim. Wenn er nur fort ginge." Die Bettlerin erwiderte: „Kommt nur mit mir in euer Haus. Ich führe euch. Wir kochen ein Essen und stellen es dem Drachen abends hin. Der ist hungrig. Wißt ihr nicht, wie ihr ihn locken müßt?" Der Mann schüttelte mit dem Kopfe. „Schütte," müßt ihr dreimal laut rufen," sagte die fremde Frau. „Dann kommt er und legt euch Geld auf den Tisch." Nun ging der Mann mit der Bettlerin in das Haus. Seine Frau fürchtete sich aber und machte nicht mit. Der Drache rührte sich nicht, als sie beim Baume vorübergingen. Die Bettlerin kochte eine Mahlzeit und abends stellte sie der Mann aus den Tisch. Die Bettlerin sagte, er müsse aber die Ofentür aufmachen, sonst könne der Drache nicht aus der Esse in die Stube. Der Mann tat alles, wie ihm geheißen wurde. Er rief auch dreimal den Lockruf hinaus, so laut, daß es die Nach barn hörten. Sie dachten alle, er riefe um Hilfe und glaubten, der Drache brächte ihn um. Keiner wagte zu helfen. Der Mann und die Fremde legten sich zur Ruhe und schliefen. Am Morgen war das Essen weg und ein Haufen Geld lag neben der Schüssel. Da freute sich der Mann und gab der Bettlerin die Hälfte davon. Sie sagte ihm noch: „Erzähle es niemanden, sonst wird der Drache böse." Nur seiner Frau hat er es erzählt, und die konnte es nicht für sich behalten. Die Bettlerin ging weiter, und der Drache kam nicht wieder. Ais die Nachbarn erfuhren, daß der Drache dem armen Mann soviel Geld gegeben hatte, stellten sich auch Schüsseln mit Essen auf den Tisch und riefen: „Schütte". Der Drache kam aber nicht mehr. Da verfluchte ihn ein Mann und sagte ihm böse Dinge nach. Am nächsten Tage wurde er sehr krank und starb bald. Dann ging die beste Ziege ein und kurz darauf die einzige Kuh. Zuletzt wurde auch die Frau krank. Sie mußte lange liegen. Da kam nach langer Zeit die Bettlerin wieder ins Dorf. Als sie erfuhr, daß ein Mann den Drachen verflucht habe, sagte sie: „Das Unglück hat der Drache ins Haus ge bracht. Man darf ihn nicht verfluchen, sonst schickt er Krank heit und Unglück." Der Drache ist in Scheidenbach nie wieder gesehen worden. (Fortsetzung folgt.) Was ist Heimat? In der Beantwortung dieser Frage sind sich die Geister längst nicht einig. Die einen umgrenzen den Begriff sehr eng und umhängsn ihn mit einem leicht sentimental wehenden Mäntelchen. Mas diese Heimat dann hervorbringt, wird allzu leicht und allzu sehr be wundert. Ihre Verfechter geraten bisweilen leicht in Selbstüberschätzung, ihr Merk aber, bestimmt immer herzlich und gut gemeint, must notwendig darunter leiden. Die Gegner des Heimatgedankens machen sich diesen Fehler zunutze und bezeichnen den Gedanken als eine Schwäche, als Rückständigkeit, Nichtmitwollen mit der Seit u. a. m. Sie gehen über die Angelegenheit zur Tagesordnung über. Mit Heimat ist kein Geschäft zu machen. Also lassen sie das. Natürlich ist diese Anschauung falsch. Denn tat sächlich ist der Heimatgedanke eine Kraft. Es kommt nur darauf an, dast man ihn aus der Tiefe erhebt, ihn hoch, grost und frei aufrichtst und ihn einem höheren Gedanken hingibt. In seinem „Meister der Menschheit" hinterläßt der kürzlich verstorbene Friedrich Lienhard eine schöne Deutung: „Heimat ist schon der geistige und lebendige Nmkreis, in dem sich eine Persönlichkeit uns abgezirkelt hat von der weiteren Nmwelt. Heimat ist auch meine Gedankenwelt und die Melt meiner Kräfte, dis ich mir erkämpft habe oder, vom Schicksal gerüttelt, erkämpfen mußte. Die bloß-dichterische Verklärung der sichtbaren Heimat ist nicht das letzte Siel. Nnsere letzte Heimat ist die (Unendlichkeit, ist, wenn man das un moderne Wort gestattet, Gott. Es gibt Stimmungen, auf Dergesgipfeln und in Mondnächten, wo es Be schränktheit und (Rückständigkeit wäre, auf die irdische Heimat hinabzuschauen, statt hinaus in die ewige Heimat der Welten und Sonnen." Wir erkennen also, daß, an solchen Betrachtungen gemessen, Heimat etwas unsagbar Großes ist, und daß die nicht reckst haben, die den Begriff zu eng umgrenzen, aber auch die nickst, die meinen, den Hsimatgedanken mit erhabener Geste abtun zu können. Im Grunde ist der Heimatgedanke eine ungeheure schöpferische Kraft. Glücklich, wer aus ihr heraus Heim und Familie zu einer realen und geistigen Welt zu weiten weiß. Nnd bedankt sei jeder, der, hingegeben dem Feuer des Gedankens, anderen Leben und Wärme zu spenden vermag. Seine Liebs und Hingabe findet gewiß keinen zahlbaren Lohn, aber sie trägt ihren Lohn, als Be glückung, in sich. So wachsen alle Werke der Heimat aus Freude, wachsen, wie draußen in der Natur Korn und Blumen und Gräser; gedeihen aber nicht ohne höhere Gnade. Diese Erkenntnis führt den Wissenden folgerichtig zu Gott. Denn in ihm ist das Siel, ist Frieden, ist Heimat. Dec Dauer, der Erde und ihrem Wachstum, also auch der Heimat in Worden und Vergehen inniger ver bunden als einer, ist darum aus dem ganz natürlichen Gefühl der „schlechthinigen Abhängigkeit von Gott" (nach Schleiermacher) ein religiöser Mensch. Er hat Heimat als irdischen und geistigen (auch ewigen) Besitz. So ausgeführt, liegt im Hoimatgedankon etwas groß Verbindendes, das selbst über das Gesotz dec Sprache hinausführt. Wenn am 1. August in der Schweiz das Nationalfest als ein einziggroßos Heimat fest mit Aufmärschen, Nmzügen, Ansprachen und lodern den Feuern von den erhabenen Bergen begangen wird, singen am Ende die Schweizer deutsch und franzö sisch zusammen den Lobpreis auf die gemeinsame Heimat, wie sich ja auch in der sächsischen Lausitz Deutsche und Wenden in gemeinsamen Festen und Veranstaltungen zu einer Heimat bekennen. Auch aus diesem Grunde sagen wir: Heimat ist Freude, ist Frieden, ist Kraft. M. s. 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